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“Eigenes Totalversagen auf die Lehrer abgewälzt”: Eine Abrechnung mit den Kultusministern

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BERLIN. Karin Prien, Bildungsministerin von Schleswig-Holstein und neue Präsidentin der KMK, hat den Lehrerverbänden vorgeworfen, in der Corona-Krise dem Bild von Lehrkräften in der Öffentlichkeit zu schaden – mit ihrer Kritik an mangelndem Corona-Schutz in Schulen. News4teachers-Leser Schattenläufer, selbst Lehrer, findet das eine „bodenlose Unverschämtheit“. Er nimmt die Kritik der CDU-Politikerin zum Anlass, seinerseits mit den Kultusministern abzurechnen. Wir dokumentieren seinen lesenswerten Post hier noch einmal.

“Helden der Bildungsgerechtigkeit – für nichts.” Illustration: Shutterstock

Schattenläufer 14. Januar 2022 um 17:23

Die Pandemie hat uns zweierlei gezeigt:

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a) Die Lehrer sind besser als ihr Ruf.

Die Lehrer haben trotz der widrigen Umstände und des nicht vorhandenen Arbeitsschutzes den grö0ten Teil ihres Bildungsauftrags erreicht.

Es mag gewisse Lernrückstände geben wegen mangelnder Digitalisierung, krankheitsbedingten ausfällen bei LuL (Lehrerinnen und Lehrer, d. Red.) und SuS (Schülerinnen und Schüler, d. Red.) dank offener Fenster und Abstrichen an der Unterrichtszeit durch sinnfreie Maßnahmen und der Durchführung von nicht aussagekräftigen Tests.

Wenn ich die Zahlen richtig lese, sind – trotz allem gejammert über Lernrückstände – weder die Zahlen der Abschlüssen eingebrochen, noch ist an sonst einer Front das Geschehen so aus dem Ruder gelaufen, dass die Mehrheit der SuS etwa ein ganzes Schuljahr nachholen musste.

Die SuS mit den größten Lernrückständen sind die SuS die auch im Präsenzbetrieb aufgrund ihrer Probleme bei Motivation und Verhalten oder die bildungsferne Erziehung große Defizite anhäufen würden.

Es ist also eine bodenlose Unverschämtheit, das Ansehen der LuL nun wieder wissentlich zu schädigen, weil diese sich wagen nach mehr als zwei Jahren endlich einen angemessenen Arbeitsschutz zu fordern und die dreisten Lügen der KMK gegenüber den SuS und Eltern unbegrenzt mit zu tragen.

b) Die KMK ist noch schlechter, als selbst der erfahrenste Lehrer in seinen kühnsten Träumen erwartet hätte.

Die KMK wurde parteipolitisch schon immer mit dem Ausschuss der zur Verfügung stehenden Kandidaten besetzt. Die KMK bildete die Eselsbank der Politik. Da kann man nichts kaputt machen.

Was ich seit über 20 Jahren erlebe, sind verfehlte Reformen ohne Bezug zur Praxis, aus einer Utopie im Kopf der Minister der KMK geboren, ohne sich um Realitäten zu kümmern. Lehrpläne, die überfrachtet und unrealistisch sind, Klassenarbeits-Erlasse die die Notengebung zu einem Witz machen, pädagogische Konzepte, die zeigen, dass die Erfinder noch nie einen Schüler oder eine Schülerin von nahem gesehen haben, Glanzlichter für die Wirtschaft wie G8. Außerdem eine zu Tode gesparte Personalpolitik. Zu wenige Lehrer, zu wenige Sozialpädagogen. Dauernde Verschlechterungen bei Bezahlung und Stundenbelastung. Gebäude und Ausstattung, in die seit 30 Jahren kein Geld mehr investiert wurde. Viel zu große Klassen. Inklusion ohne ausreichende Unterstützung. Umgang mit einer stetig steigenden Zahl an Problem-Schülern ohne jegliche Rückendeckung der Ministerien.

Jetzt in der Pandemie eine Politik, die genau diese Linie fortsetzt. Obwohl es jetzt wirklich um die Gesundheit der LuL und SuS geht, werden alle sinnvollen Maßnahmen verweigert. Was Mühe macht, für was man Verantwortung übernehmen müsste oder was gar Geld kostet, wird ausgeschlossen.

Die Wirklichkeit wird zurechtgebogen und durch dreiste Lügen, äußerst fragwürdige Expertisen und ein Ausspielen der Autorität nach Gutsherrenart so manipuliert, bis es eigentlich keine Pandemie an Schulen mehr gibt.

Falls es nach der Pandemie der KMK wirklich gelingen sollte, ihr eigenes Totalversagen auf die Lehrer abzuwälzen, dann ist dies nur durch die kritiklosen Medien zu erklären.

Diese geben die Lügen und Beschönigungen der KMK nämlich völlig unreflektiert wieder und zeichnen so auch das Bild der sicheren Schulen, die nur durch die Faulheit und Unfähigkeit der LuL gewisse Gefahren bergen könnten.

Gleichzeitig werden die Mitglieder der KMK für gar nichts zu Helden der Bildungsgerechtigkeit und erhalten Lob, weil sie die selbst konstruierten Gefahren für die Psyche der SuS so erfolgreich bekämpfen.

Die Kultusminister versuchen hier schlicht und ergreifend, im Auftrag der Wirtschaft – mit  Hilfe der von der Wirtschaft abhängigen Medien –, den Eltern und dem Rest der Bevölkerung des Kaisers neue Kleider zu verkaufen.

Die Lehrer haben dabei die Rolle des Hans Wurst. Sie werden als dumme und faule Idioten dargestellt, weil sie sich wagen, darauf hinzuweisen, dass der Kaiser doch eigentlich nackt ist. News4teachers

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