BERLIN. In den Schulen gebe es trotz Pandemie „immer noch ordentlichen Unterricht“, glaubt die nordrhein-westfälische CDU-Politikerin Petra Vogt. „Momentan sehen wir nicht, dass man an die Präsenzpflicht ran muss“, meint die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Senat, Marianne Burkert-Eulitz. „Präsenzpflicht ist nach derzeitigem Stand dort, wo am meisten Bildung stattfindet“, beteuert Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). „Ordentlicher Unterricht“, „Präsenzpflicht“, „Bildung“ – verantwortliche Politiker erwecken in diesen Tagen den Eindruck, als herrsche in den Schulen Normalität. Wie wenig das vielerorts mit der Realität zu tun hat, zeigen Leser-Posts im Forum von News4teachers auf. Wir haben einige gesammelt.
„Bei uns in der Grundschule herrscht Chaos pur. Mal ganz abgesehen vom immensen Aufwand der Testungen und den darauffolgenden Benachrichtigungen, Anrufen der Eltern, vertreten wir die erkrankten Lehrer (mein Mann hat nun auch Corona mit heftigen Symptomen) gleichzeitig eigener Unterricht + Aufgaben im Lernraum für die Quarantäneklassen. Nebenbei Zeugnisse schreiben. Die Schüler und die Eltern sind total verunsichert. Man kann nichts planen. Jedenfalls nicht auf längere Sicht. Das wirkt sich absolut negativ auf Kinder aus. Keine Struktur und Verlässlichkeit. Täglich spreche ich mit Kindern, die Angst um ihre Familien haben. Bin Vertrauenslehrerin…“
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„Eins meiner Kinder hat letzte Woche 2 1/2 Schultage zuhause verbracht, um auf Einzelauswertungen von PCR-Tests zu warten. Damit war es nicht mal offiziell in Quarantäne (es war ja auch negativ) und gehörte somit gar nicht zu den von Fr. Gebauer heute angegeben 1,38% der Schülerschaft, die zuhause bleiben mussten – und solche Fälle gibt es zuhauf in unserer Stadt.“
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„Ich als Schülerin würde mir wünschen, es gäbe Distanzunterricht. Ich bin 19 und auf einem Berufskolleg. Wir sitzen meist in eiskalten Klassenräumen ohne Abstand und frieren eher, als dass wir lernen. Die Lehrer sind durchgehend krank oder in Quarantäne. Eine Mitschülerin hat eine Lungenentzündung bekommen, da sie durchgehend am Fenster saß und ja alle paar Minuten gelüftet werden muss. Zudem haben wir meist 8 Stunden durchgehend die Maske an, und viele kriegen Kopfschmerzen. Dann haben wir alle zusammen Sport ohne Abstand und ohne Masken mit anderen Klassen. Distanzunterricht ist zwar auch nicht das beste, aber bei so hohen Zahlen und so geringer Impfquote in Schulen ist das echt eine Zumutung. Meine Schule hat nicht mal Seife auf dem Schulklo. Da hab ich lieber Distanzunterricht im Warmen als in der Schule drei Hosen und zwei Pullis tragen zu müssen. Zudem muss ich als Azubi ab sofort vom Betrieb ins Homeoffice wechseln wegen der neuen Regeln. Dabei sitze ich in einem Einzelbüro mit Luftfilter, aber Schulen sind keine Treiber der Pandemie und ich muss da weiter unter solchen Umständen sitzen?“
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„In den Klassen meiner Kinder häufen sich die Corona-Einschläge. Aber Quarantäne gibt es wegen sowas nicht, nur für die Erkrankten. Trotzdem ist der Unterricht zerstückelt. Sie gehen später oder kommen früher aus der Schule. Am Freitag fällt bei meinem Sohn die Hälfte der Stunden aus, und die übrigen Präsenzstunden finden oft in Vertretung statt: Spiele statt Französisch oder Basteln statt Mathe.“
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„Hier auch so, Gymnasium NRW: Seit letztem Freitag an jedem Testtag ein positives Kind, mittlerweile 4 von 30, keine Quarantäne trotz offensichtlicher Verbreitung in der Klasse. Man rechnet täglich mit dem Einschlag. Dafür Ausfall von Randstunden und haufenweise Vertretung, d. h., kein Unterricht, sondern nur Aufsicht. Immer wieder gar keine Vertretung, die Kinder sitzen in der Klasse, und es kommt einfach keiner. Totales Chaos, das habe ich so noch nicht erlebt an dieser Schule.“
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„Meine Tochter hat jeden Morgen Angst, dass wieder ein Schulfreund positiv getestet wird und aus der Klasse geführt wird! Ich glaube nicht, dass das der Psyche gut tut. Sie sitzt erstmal da mit Bauchweh und hofft, sich nicht angesteckt zu haben.“
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„Ich wäre so dankbar, wenn es Alternativen zu dem Präsenzzwang gäbe. Zur Zeit sitzen meine Kinder viel zu oft in der Schule und werden mitbeaufsichtigt. Das heißt im Klartext, dass zu Beginn der Stunde eine Lehrkraft die Klasse aufschließt und evtl. in der Mitte der Stunde reinschaut, falls es sehr laut ist. Das war´s. Keine Aufgaben, kein Lüften, keine Kontrolle, ob Masken aufgelassen werden. Einige Schülerinnen und Schüler freuen sich, ein wenig Party-Zeit zu haben, andere machen sich riesige Sorgen, dass so die Gefahr einer Ansteckung steigt.“
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„Am Montag wurde in der dritten Stunde auf Corona getestet. Währenddessen lief noch ein Teil der Kommunikationsprüfung in Englisch, so dass immer einige Kinder wieder zur Prüfung gehen mussten. Ein Test fiel positiv aus. Was macht das mit den Kindern, die direkt nach dieser Feststellung in die Prüfung müssen? Mein Kind saß neben dem positiv Getesteten, recht dicht, da man zu zweit an einem PC gearbeitet hat. Warum müssen sich in der Pandemie 2 Kinder einen PC teilen? Davon abgesehen, das positive Kind wurde aus der Klasse gebracht, der Unterricht lief weiter. Kein Gespräch, kein gar nichts, stattdessen in der Stunde danach Gruppenarbeit, Mittagspause drinnen ohne Maske, da gegessen wurde und Sport ohne Maske. Mein Kind kam total verängstigt nach Hause und fühlt sich in der Schule gar nicht mehr sicher. Und so empfinden viele in der Klasse. Hauptsache, die Prüfungen und Klassenarbeiten werden durchgepeitscht. Ich weiß, auch die Lehrerinnen und Lehrer können nicht so, wie sie wollen, sondern bekommen diese beschiss… Anweisungen.“
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„Ich kann das Thema Testen bald nicht mehr ertragen…habe alle vier Kinder sogar boostern lassen, und nun ist dauernd irgendein Fall in den jeweiligen Klassen, und das sogenannte ABIT Verfahren kommt zum Tragen: bedeutet, trotz Impfung an jedem Tag testen und mit der Unterschrift das Ergebnis bestätigen. Aber in Quarantäne wird keiner (!!!) geschickt, daher fängt alles dauernd von vorne an … Eine endlose Quälerei für die Kinder, und auch für mich. Wenn die Unterschrift vergessen wird, muss das Kind den Bohrtest vor den Augen der Rektorin wiederholen (endlos unangenehm und peinlich), und läuft bei Wiederholung Gefahr, nach Hause geschickt zu werden. Meine Kinder sagen zu recht: Wir haben uns doch nun extra drei mal impfen lassen…“
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„Heute war ein Schüler mit Testunterschrift in der Schule. In der ersten Stunde klagte er über Kopfschmerzen und erbrach. Dieser Schüler ist von der Maskenpflicht befreit. Seine Eltern haben klar gesagt, dass sie an Corona nicht glauben. Heute kam dann raus, dass sie nicht getestet, sondern nur unterschrieben haben. Es kam dann heute Mittag der Anruf, dass der PoC Test positiv war. Na, danke sehr. Und der Schüler hatte ohne Maske Kontakt zu seinen Mitschülern, die das Maskentragen auch nicht ernst nehmen.“
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„So langsam gehen allen Kollegen die Nerven aus. Man kämpft den ganzen Tag gegen das ständige Absetzen der Masken. Zusätzlich nehmen die Belastungen durch Eltern, die das Kollegium oder die Schulleitung bedrohen, zu.“
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„Eines der schlimmsten Dinge, die ich momentan erlebe, ist – neben der missionarischen Tätigkeit der Querdenker –, dass von denen Eltern geimpfter Kinder angegriffen werden. Und das vor den Kindern.“
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„Ich kann nur bestätigen, dass es immer wieder (und immer mehr) Rückmeldungen gibt, dass sich meine Schüler (größere Jahrgänge) kaum noch auf ihren Unterricht konzentrieren können, weil sie immer wieder die fehlenden Schutzmaßnahmen erleben und sich nicht sicher fühlen, und wir ‘spielen’ normalen Unterricht und tun so, als wäre alles wie immer, obwohl heute der und morgen die fehlt.“
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„Mein Neffe hat sich in einer Berliner Schule angesteckt – die Hälfte der Klasse hat sich infiziert, weil keiner in Quarantäne gehen musste und keiner rechtzeitig über das Infektionsgeschehen informiert wurde.“
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„Kinder aus drei Klassen haben Corona. Das wissen wir, weil uns die Eltern netterweise informiert haben. Das Gesundheitsamt macht nichts mehr, keinerlei Quarantäneanordnung. So sichert man den Präsenzunterricht … noch.“
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„In meiner 4. Klasse sind lediglich 3 Kinder geimpft. Viel mehr werden es wohl auch nicht werden. Auch in SH werden nur noch die Erkrankten zu Hause gelassen. Wir machen einfach weiter, irgendwie … Jeden Tag wird die Zahl der infizierten Kinder höher. Wenn ich daran denke, was für ein ‘Aufriss’ noch vor einem Jahr bei weit niedrigeren Zahlen getrieben wurde! Aber die Wirtschaft ist wichtiger …“
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„Bei uns an der Grundschule klagen viele Kinder über allgemeines Unwohlsein, Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfall. Da dies von den Eltern oftmals nicht als Corona wahrgenommen wird, kommen die Schüler einfach in die Schule.“
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„Aktuell 21 Fälle an meiner Schule – bei 450 Schülern. Und nein, da wird NICHT ‘dicht gemacht’. Zwei Freunde von mir sind schwer an ‘Long Covid’ erkrankt und gerade frühverrentet. Mit Ende 40. Der eine Berufsschullehrer, der andere in Berlin an der Grundschule.“
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„Gestern war in jeder Klasse, in der ich unterrichtet habe, mindestens ein Schnelltest positiv. In den Klassen fehlen rund 10 SuS, es gehen nur Infizierte in Quarantäne. An normalen Unterricht ist nicht zu denken, da mittlerweile alle SuS beunruhigt sind, bis der Schnelltest abgeschlossen ist und es sie persönlich nicht getroffen hat. Die Stunde, in der jemand rausmuss, kann man vergessen. Und bei uns ist die Schülerinzidenz ´nur´ bei 2702… Alles normal, keine psychische Belastung für irgendwen …“
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„Mein Kind saß neben einem infizierten Kind und musste weiter zur Schule. Nun ist mein Mann an Corona erkrankt. Schönen Dank auch…. Er ist übrigens Lehrer. Ich bin auch Lehrerin und warte nur darauf, mich anzustecken.“
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„Ich habe heute endlich mal alle Fälle dieser Woche erfassen können und das dann auf 100.000 hochgerechnet. Die Inzidenz für meine kleine Grundschule liegt bei 8.000.“
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„Unsere drei Töchter haben sich in der Schule mit Corona infiziert. Sie haben nach 9 Tagen immer noch Symptome und die Schnelltests, die wir zuhause verwenden, zeigen ein positives Testergebnis. Herzlichen Dank! Mal sehen, wann es wieder zur Schule gehen muss. Präsenzunterricht bringt Kinder wirklich weiter! Ich würde gern drüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre.“
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„Auch bei uns fehlen auffällig viele Grundschüler wegen verschiedener Erkrankungen, zuzüglich zu den positiv getesteten. Die Klassen leeren sich auffällig. Aber bestimmt alles nur harmlose Infekte, die die Kinder jetzt wegen der Coronamaßnahmen nachholen. Auch die Eltern beteuern: ‘Ist nur Grippe, kein Corona.’ Ich fühle mich in der Schule zur Zeit sehr sicher. Schließlich passen die KuMis auf uns alle auf. Was soll da schon passieren. Man muss nur ganz fest daran glauben, dann wird alles gut.“ News4teachers
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Resignierter Lehrer: „Lemming-Eltern, schickt eure Kinder zu uns. Schulen sind sicher.“
Eine Mutter redet Klartext: Meine Kinder sitzen mit Angst im Präsenzunterricht!
„Jeden Tag bete ich, dass die Impfung hält!“ Eine Lehrerin berichtet