Website-Icon News4teachers

Verbände fordern Lehrkräfte auf, Ukraine-Krieg im Unterricht zu thematisieren – Handreichung erklärt, wie

BERLIN. Auch Kinder werden jetzt in den Nachrichten und über soziale Medien mit Kriegsbildern konfrontiert. Und sie stellen Fragen, weil der Ukraine-Krieg sehr nahe ist. Bildungsexperten sind sich einig: Das muss in der Schule thematisiert werden. Eine aktuelle Handreichung der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz erklärt, wie.

Gegen die russische Aggression: Ukrainische Jugendliche in der vergangenen Woche in der Stadt Uzhhorod. Foto: Shutterstock / Yanosh Nemesh

Bildungsgewerkschaften haben sich dafür ausgesprochen, den Ukraine-Krieg in den Schulen aktiv anzusprechen. «Ich finde es unbedingt richtig, das zu thematisieren», sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern. «Krieg in Europa – es gab seit dem Zweiten Weltkrieg nur wenige solcher einschneidenden Ereignisse in unserer Gesellschaft. Das muss in Schulen thematisiert werden, um zu informieren und um Ängste und Befürchtungen aufzufangen, die auch entstehen.»

Finnern sprach sich dafür aus, das Thema von sich aus aktiv bei den Schülerinnen und Schülern anzusprechen. «Das muss natürlich altersangemessen gemacht werden, aber so arbeiten Lehrkräfte ohnehin, denn das haben sie gelernt.»

Anzeige

Der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, äußerte sich ähnlich. Die Bilder und Eindrücke ließen Schülerinnen und Schüler nicht unberührt und lösten Ängste aus, die auch in der Schule thematisiert werden müssten, sagte er. Zudem basiere der Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schule auf einem Werteverständnis, das auf Demokratie, Menschenwürde, Freiheit sowie einem friedlichen Zusammenleben aller Menschen fuße. «Vor diesem Hintergrund sehe ich geradezu eine Notwendigkeit, das russische Vorgehen in der Ukraine zum Gegenstand nicht nur des Politikunterrichts zu machen.»

An den Schulen hat sich nach Angaben des Präsidenten des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, bereits in den vergangenen Tagen gezeigt, dass großer Gesprächs- und Diskussionsbedarf besteht. Genauso wie in der Gesamtgesellschaft sei die Erschütterung und spürbare Betroffenheit vieler Kinder und Jugendlicher enorm groß, sagte er. «Wenn Schule ihren Auftrag, unsere Schülerinnen und Schüler zur Demokratie erziehen und einen Beitrag zur Friedenserziehung zu leisten, erfüllen will – und das ist in allen Bundesländern in den Rahmenlehrplänen verankert, dann muss dieser erste Angriffskrieg in Europa seit über 80 Jahren thematisiert werden.»

Kultusminister sind bereits aktiv geworden – mit Forderungen an Lehrkräfte jedenfalls. So hatte etwa Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) bereits am Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine empfohlen, im Unterricht Zeit einzuräumen, um darüber zu sprechen. Bei Bedarf könne psychologische Beratung organisiert werden. Das Thüringer Bildungsministerium kündigte am Freitag ein Schreiben für Schulen mit Hinweisen zum Umgang mit dem Thema an. «Die Kinder und Jugendlichen sollten mit diesen Ereignissen nicht alleine gelassen werden», sagte ein Ministeriumssprecher. Das Schreiben soll auch an Jugendhilfeeinrichtungen und Kindergärten gehen.

Mit Kindern über die Krise sprechen – gut und schön. Aber wie? Wie News4teachers bereits berichtete, sind manche Lehrkräfte unsicher, wie sie mit dem Thema im Unterrricht umgehen sollen. «Zunächst ist es wichtig, sich für Gespräche Zeit zu nehmen. Wenden sich Heranwachsende mit Fragen oder Sorgen an Eltern und Pädagog*innen, sind diese in der Regel nicht mit einem kurzen Satz zu klären», so rät die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz aktuell. «Ist akut (beispielsweise morgens vor der Schule, in einem Pausengespräch oder am Rande eines Projektes) ein angemessener Rahmen nicht möglich, kann ein thematisches Gespräch auch auf einen baldigen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Der sollte aber verbindlich und dann auch ausreichend vereinbart werden.»

Weiter heißt es in der Handreichung: «Heranwachsende haben ein gutes Gespür dafür, wenn die aktuelle Situation nicht nur medial präsent ist, sondern Erwachsene unmittelbar besorgt. Die Anspannung überträgt sich indirekt auch auf sie. Daher ist es wichtig, die Sorgen von Kindern und Jugendlichen ernst zu nehmen. Nachfragen und aktives Interesse helfen, die Emotionen und Ängste besser zu verstehen und Antworten geben zu können. Generell sollten Erwachsene die Situation möglichst faktenbasiert und sachlich beschreiben, trotzdem aber die eigenen Gefühle und Ängste erklären.» News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zur Handreichung “Mit Kindern und Jugendlichen über Krieg reden?” der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz aktuell.

„Noch nie war es meinen Siebtklässlern wichtiger, gemeinsam die Nachrichten zu schauen“ – Lehrer berichten

Die mobile Version verlassen