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Raus aus dem Teufelskreis! Berliner Lehrer treten in den Warnstreik – für kleinere Klassen (mit maximal 19 Schülern)

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BERLIN. Die GEW setzt sich für kleinere Klassen ein – und will das in einem Tarifvertrag festhalten. Dafür haben am heutigen Mittwoch in Berlin rund 2.500 Lehrkräfte gestreikt. An vielen Schulen ist der Unterricht ausgefallen. Die Crux: Wenn sich die Gewerkschaft durchsetzt, würde sich der Lehrermangel zunächst noch verschärfen. Sie sieht trotzdem keine Alternative, um aus dem Teufelskreis hoher Belastung und zu wenig Personal zu entkommen.

Lehrkräfte (nicht nur) in Berlin fordern bessere Arbeitsbedingungen. Illustration: Shutterstock

An vielen Berliner Schulen blieben die Tafeln am Mittwoch zugeklappt und die Smartboards ausgeschaltet. Knapp eine Woche vor dem Beginn der Sommerferien hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) noch einmal zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Sie fordert bereits seit Langem kleinere Klassen, um Lehrkräfte zu entlasten.

Dazu soll ein Tarifvertrag zum Gesundheitsschutz abgeschlossen werden, der die Klassengröße verbindlich regelt. Die GEW möchte sie auf 19 Schüler begrenzen. Bisher sind bis zu 26 Kinder erlaubt. Um ihren Forderungen Druck zu verleihen, gab es eine Demonstration, die vom Dorothea-Schlegel-Platz beim S-Bahnhof Friedrichstraße bis zum Roten Rathaus, wo eine Abschlusskundgebung stattfand. «Durch eine Verkleinerung der Klassengrößen und eine Festlegung dieses zahlenmäßigen Verhältnisses von Lehrkräften, Schulpsycholog*innen und Sozialpädagog*innen zu Schüler*innen soll eine geringere Arbeitsbelastung erreicht und damit zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten beigetragen werden», so hieß es im Streikaufruf.

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Die GEW Berlin hat sich bereits im Juni vergangenen Jahres für Verhandlungen für einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz ausgesprochen. Aber auch der neue Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) weigere sich, Gespräche dazu aufzunehmen, kritisierte der Berliner GEW-Vorsitzende Tom Erdmann. Deshalb sei es notwendig, den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen. Erdmann wies darauf hin, dass alle drei Regierungsparteien im Wahlkampf kleinere Klassen gefordert hätten.

“Wir wollen Gesundheitsschutz, wir wollen Arbeitsentlastung und kleinere Klassen”

Wesener steht auf dem Standpunkt, das Land Berlin könne keine Tarifverhandlungen über die Klassengröße ohne Zustimmung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) aufnehmen. Die TdL-Mitgliederversammlung lehne solche Tarifverhandlungen aber ab. Seine Position machte er anlässlich des Warnstreiks erneut in einem Schreiben an die Gewerkschaft deutlich.

Nach GEW-Angaben hat eine Befragung unter angestellten Lehrkräften an Berliner Schulen gezeigt, dass die Klassengröße die wirksamste Stellschraube bei der Senkung der Arbeitsbelastung sei. Sie bedeute weniger Lärm, weniger Vor- und Nachbereitung und weniger Korrekturaufwand. In kleineren Klassen bleibe entsprechend mehr Zeit für die Kernaufgaben von Lehrkräften: Unterricht, Beziehungsarbeit und individualisierte Förderung.

«Seit Jahren nur den Mangel zu verwalten, ist zu kurz gesprungen. Verantwortungsvolle Politik muss den Einstieg in Verbesserungen jetzt verbindlich mit uns vereinbaren. Wollen wir die Fachkräfte von morgen für unsere Schüler*innen gewinnen, braucht es heute eine echte, verlässliche Perspektive für Arbeitsentlastung. Wir wollen Gesundheitsschutz, wir wollen Arbeitsentlastung und kleinere Klassen. Das gibt es nur mit einem Tarifvertrag für kleinere Klassen», so heißt es bei der Gewerkschaft.

“Der Verweis auf zu wenig Personal führt seit Jahren immer nur zu weiteren Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen”

Die Crux: Der Lehrkräftebedarf würde durch kleinere Klassen allerdings zunächst steigen – und ist in Berlin jetzt schon hoch. Selbst die Bildungsverwaltung hat bereits eingeräumt, dass Hunderte Lehrerinnen und Lehrer fehlen. «Bessere Arbeitsbedingungen sind das beste Mittel gegen Fachkräftemangel», argumentiert GEW-Vorstandsmitglied Anne Albers. In einer Pressemitteilung heißt es dazu: «Mit einem Tarifvertrag für kleinere Klassen wären wir heute nicht in der katastrophalen Situation, über 1.000 Lehrkräfte-Stellen nicht besetzen zu können. Der Verweis auf zu wenig Personal führt seit Jahren immer nur zu weiteren Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und der Bildungsqualität. Wir brauchen eine Schubumkehr: Kleinere Klassen für mehr Entlastung.»

Bereits Anfang April hatte es einen ganztägigen Warnstreik an Berliner Schulen gegeben. Die GEW sprach damals von mehr als 2500 Streikenden, die für den Tarifvertrag demonstriert hätten. An vielen Schulen fiel der Unterricht aus, manche mussten ganz schließen.

In Berlin sind anders als in anderen Bundesländern knapp 70 Prozent der 34.000 Lehrer und Lehrerinnen Angestellte und keine Beamten und dürfen daher streiken. Berlin ist das einzige Bundesland, in dem Lehrerinnen und Lehrer bisher nicht verbeamtet werden. Das soll sich nach dem Willen des rot-grün-roten Senats aber jetzt ändern. Die Rückkehr zur Verbeamtung ist bereits beschlossen. News4teachers / mit Material der dpa

Kultusministerium: Dass kleinere Klassen besser sind, ist „subjektive Wahrnehmung“

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