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Zu klein, zu schlecht ausgestattet, kaum zu gebrauchen: Lehrkräfte geben ihre Dienst-iPads zurück

KÖLN. Lehrkräfte in Köln wurden mit iPads als Dienstgeräten ausgestattet – und viele sind offenbar unzufrieden. Die Tablet-Computer seien für Unterrichtsvorbereitung und Schulverwaltung kaum zu gebrauchen, der Bildschirm zu klein, die Lernplattform Logineo des Landes laufe darauf mehr schlecht als recht und die zur Verfügung gestellten Videokonferenztools seien nur eingeschränkt nutzbar, so heißt es. Mehr als 1.000 Lehrkräfte an Grundschulen wollen die Geräte nach Angaben der GEW nun demonstrativ zurückgeben.

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Ein Zehn-Zoll-Tablet ist ein eher kleines Gerät. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Mit ihren 260 Schulen und rund 136.000 Schülerinnen und Schülern ist Köln der drittgrößte Schulträger in Deutschland. Die Stadt arbeite mit Hochdruck daran, die Bedingungen für den digital gestützten Unterricht zu verbessern, so hieß es in einer Pressemitteilung Anfang des vergangenen Jahres – indem zum Beispiel 37.000 iPads für Schülerinnen und Schüler bereitgestellt würden.   „Zeitgleich werden auch die rund 11.000 Lehrkräfte der Kölner Schulen mit mobilen Endgeräten ausgestattet. Die Auslieferung erfolgt sukzessive und wird in den kommenden Wochen zur Verbesserung der Situation beitragen“, so hieß es.

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Die Begeisterung über die Ausstattung ist auf Seiten der Lehrkräfte allerdings verflogen – zumindest wenn es nach deren größter Gewerkschaft geht. „Nachdem die Hoffnung zunächst groß war, dass der Digitalisierungsschub im Rahmen der Coronapandemie endlich auch die digitale Wüste an Schulen beendet, ist die Digitaloffensive in Köln krachend gescheitert“, meint die GEW. Derzeit laufe in der Domstadt eine großflächige Rückgabeaktion von Dienst-iPads an Grundschulen, an der sich über 1.000 Lehrkräfte beteiligten; viele weitere schreckten nur aus Sorge vor dienstrechtlichen Konsequenzen davor zurück. „Der Grund: die katastrophale digitale Arbeitssituation, die die Bedürfnisse des Arbeitsalltags sowie des Gesundheitsschutzes ignoriert.“

„Die Endgeräte sind nur mit einer klapprigen Reisetastatur im Kleinformat ausgestattet, es fehlt jegliche Office-Software”

Die Rückmeldungen von Lehrkräften seien erschreckend, so heißt es. „Die Endgeräte sind nur mit einer klapprigen Reisetastatur im Kleinformat ausgestattet, es fehlt jegliche Office-Software, um die Formulare der Stadt Köln zu bearbeiten und diejenige, die in Aussicht gestellt ist, entspricht nicht den Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten der Stadt Köln. Die Möglichkeiten zur Nutzung des von der Stadt zur Verfügung gestellten Videokonferenztools sind eingeschränkt. Unerklärlich ist zudem, dass Geräte ausgewählt wurden, mit denen das vom Land gestellte Lernmanagementsystem Logineo LMS im Editiermodus nur sehr begrenzt bis gar nicht nutzbar ist, weshalb selbst die Medienberatung NRW von einer iPad Nutzung bei Logineo LMS Schulungen abrät. Hinzu kommt, dass alle Arbeit am kleinen 10 Zoll Bildschirm stattfinden muss: seitenlange Gutachten, Zeugnisse, Noten- und Klassenlisten, Lern- und Förderempfehlungen“.

Die Gewerkschaft zitiert eine „völlig frustrierte“ Lehrkraft: „Weil ich keine Erlaubnis mehr für meinen PC erhalten habe, musste ich fast siebzig Seiten auf dem iPad schreiben. Der Bildschirm ist so klein und auf Dauer anstrengend für die Augen, dass ich regelmäßige Pausen einlegen musste. So geht das nicht weiter! Die PCs und Laptops in den Klassen dürfen wir nicht nutzen, da sie nur für den Unterricht freigegeben sind. Wer soll das noch verstehen?“

Tatsächlich sei es ein großer Unterschied, ob Geräte zur multimedialen Nutzung im Unterricht oder als vollwertige Dienstgeräte dienen sollen. Eine Kollegin klage: „Damals wurden die Geräte als Hilfe für den digitalen Unterricht angekündigt – wir waren begeistert. Hätten wir gewusst, dass eine Annahme der Geräte auch bedeutet, dass damit später alles erledigt werden muss, hätten viele das Gerät bei uns niemals angenommen! Viele neue Kolleg*innen, die noch kein iPad haben, verfahren jetzt auch so.“

Eva-Maria Zimmermann, Geschäftsführerin der GEW Köln, erläutert: „Sowohl wir als GEW Köln als auch die Sprecher*innen aller Schulen in Köln haben die Amtsleitung der Stadt mehrfach angeschrieben und auf die Nöte und den Frust an den Schulen hingewiesen. Eine Problemanzeige wurde auf dem Dienstweg an das Ministerium gerichtet, wir haben zudem mehrfach beim Land als Dienstherrn und Zuständigen für Arbeits- und Gesundheitsschutz nachgehakt, auch, ob geprüft wurde, ob die in Köln beschafften Geräte überhaupt den Förderrichtlinien entsprechen, aber: keine Reaktion seitens des Ministeriums!“

„Auf welchen Geräten denn dann die Dienstgeschäfte erledigt werden sollen, die mit dem iPad nicht erledigt werden können?”

Nach über einem Jahr, in dem die einzige Aussage der Stadt Köln war, die Beschaffung der iPads sei alternativlos gewesen, räumte der Schulträger gegenüber der GEW immerhin ein, dass diese in der Tat keinen „vollwertigen Arbeitsplatzclient unter den (…) Gesichtspunkten und Regelungen des Gesundheitsschutzes“ darstellen und dass sie „nicht als Ersatz bzw. vollwertiges und alleiniges Dienstgerät zur Erledigung aller Dienstgeschäfte“ gedacht seien.

Zimmermann: „Da muss man sich doch fragen, auf welchen Geräten denn dann die Dienstgeschäfte erledigt werden sollen, die mit dem iPad nicht erledigt werden können! Vor allem aber muss sich die Stadt Köln die Frage gefallen lassen, wieso nicht gleich Geräte beschafft wurden, die auch tatsächlich als Dienstgeräte taugen. Es ist zudem unbegreiflich, dass das Land hier nicht interveniert und schlimmstenfalls eine Fehlinvestition in Millionenhöhe, bezahlt aus Steuergeldern, kommentarlos zulässt. So kann es nicht weitergehen. Deshalb unterstützen wir die Rückgabeaktion der iPads an Grundschulen und drängen einmal mehr darauf, sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Schulen zu orientieren. Denn sonst sind sowohl die Lehrkräfte als auch die Schüler*innen die Leidtragenden der gescheiterten Digitaloffensive in Köln.“ News4teachers

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