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Schummeln verboten! Schulministerium gibt KI-Leitfaden heraus: Wie Lehrkräfte mit ChatGPT umgehen sollen

DÜSSELDORF. Auf jede Frage eine Antwort – Text-Roboter scheinen Schülern paradiesische Aussichten zu verheißen. Doch Vorsicht: Es gibt Fallstricke und ernste Konsequenzen, wenn man damit mogelt. Das Schulministerium von Nordrhein-Westfalen hat auf den Hype um das KI-Programm ChatGPT reagiert – und einen Handlungsleitfaden für Lehrkräfte herausgegeben.

Übernehmen bald Roboter Haus- und Klassenarbeiten? Foto: Shutterstock

Die Arbeit mit Text-Robotern soll an den nordrhein-westfälischen Schulen nicht kategorisch verboten werden. Das geht aus einem Leitfaden zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) hervor, den das nordrhein-westfälische Schulministerium am Donnerstag in Düsseldorf veröffentlicht hat. Schüler, die zur Erledigung ihrer Aufgaben Künstliche Intelligenz nutzen, müssen dies aber angeben. Wenn das nicht erfolgt oder wahrheitswidrig verneint wird, wird dies als Verwendung unzulässiger Hilfsmittel und als Täuschungsversuch gewertet.

Solche Fälle hätten dann, den einschlägigen Prüfungsordnungen und Vorschriften entsprechend, die gleichen Konsequenzen wie alle anderen Täuschungen oder Unregelmäßigkeiten, erläutert der Leitfaden. Auch wenn es sich nicht um Plagiate im eigentlichen Sinne handele, gehe es hier um eine Täuschung über die Autorenschaft. «Um solche sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Lehrkräfte belastende Situationen zu vermeiden, sollten die Aufgaben bereits präventiv möglichst so gestellt werden, dass sie nicht ausschließlich mit Hilfe von KI erledigt werden können.»

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Auf zwölf Seiten gibt der Leitfaden unter anderem Empfehlungen, wie Lern- und Leistungsaufgaben angelegt werden müssen, die nicht allein von Künstlicher Intelligenz erledigt werden können. Klar sei: «Ein Verbot, KI im Unterricht zu thematisieren und auch didaktisch zu nutzen, kann vor dem Hintergrund einer sich äußerst dynamisch weiterentwickelnden Welt, in der die Schülerinnen und Schüler leben, keine tragfähige Reaktion sein.»

«Junge Menschen müssen lernen, wie KI-basierte Textgeneratoren funktionieren. Sie sollen erkennen, welche Potentiale, aber auch welche Risiken damit verbunden sein können und welche gesellschaftlichen Auswirkungen der Einsatz von KI hat»

Einerseits könne KI dazu beitragen, Sprach-, Schreib- und Beurteilungskompetenzen individuell zu fördern, erläuterte das Schulministerium in seiner Mitteilung. So könne der Text-Roboter ChatGPT etwa Texte strukturieren, Formulierungs- ebenso wie Korrekturvorschläge anbieten und Schreibprozesse durch direkte Rückmeldungen steuern.

Auf der anderen Seite könnten auf diese Weise erstellte Texte aber auch Falschaussagen enthalten und Vorurteile reproduzieren. «Die Fähigkeit, Fake News von Fakten auf der Grundlage eines eigenen gesicherten Wissens zu unterscheiden und Textaussagen zu bewerten, wird damit immer wichtiger werden», unterstrich das Ministerium.

Es sei aber auf jeden Fall Aufgabe der Schulen, die Kinder und Jugendlichen im Unterricht mit Künstlicher Intelligenz vertraut zu machen, betonte Schulministerin Dorothee Feller (CDU). «Junge Menschen müssen lernen, wie KI-basierte Textgeneratoren funktionieren. Sie sollen erkennen, welche Potentiale, aber auch welche Risiken damit verbunden sein können und welche gesellschaftlichen Auswirkungen der Einsatz von KI hat.»

ChatGPT ist eine Anwendung, die mit Hilfe Künstlicher Intelligenz umfangreiche Antworten auf Texteingaben erstellt. Der Textroboter kann unter anderem in verschiedenen Sprachen Fragen beantworten, Texte zusammenfassen und bewerten, Gedichte oder auch Computerprogramme schreiben, Texte übersetzen oder Multiple-Choice-Tests erstellen. Das Programm ist in der Lage, auch Zusammenhänge zwischen aufeinanderfolgenden Texteingaben zu berücksichtigen, so dass der Eindruck einer Unterhaltung entsteht.

Bislang gebe es keine wissenschaftlichen Befunde, welche Auswirkungen textgenerierende KI-Anwendungen auf die Ausbildung grundlegender Schreibkompetenzen habe, heißt es im Leitfaden. News4teachers / mit Material der dpa

Hier lässt sich der Leitfaden herunterladen.

Im Wortlaut
Wie lassen sich Aufgaben so stellen, dass sie weniger dafür anfällig sind, ausschließlich von einer KI erledigt zu werden? Folgende Stellschrauben für die Weiterentwicklung von Aufgaben beschreibt der Handlungsleitfaden des NRW-Schulministeriums:
«Werden individuelle Bezügein die Lern- und Leistungsaufgaben einbezogen, kann die KI diese nicht ohne Weiteres berücksichtigen, sodass eine Eigenleistung der Lernenden notwendig ist. Ist beispielsweise eine Umfrage in der Klasse, ein Experiment, eine Kartierung, eigene Datenerhebung, das eigene Hobby, ein selbst gewählter Schwerpunkt mit Bezug zum Wohnort oder der Vergleich mit der Darstellung eines Mitschülers oder einer Mitschülerin enthalten, können KI-Textgeneratoren die Aufgabe nicht vollständig übernehmen. Zusätzlich kann es zur Motivation der Lernenden beitragen, wenn ein Thema unter einer individuellen, selbst gewählten Perspektive bearbeitet werden kann.
Ein Format- oder Medienwechsel in der Aufgabe führt dazu, dass Lernende ihre Erkenntnisse eigenständig umsetzen müssen. So kann die KI zwar Ideen für die Erstellung eines Plakates, eines Erklärvideos, eines Podcasts, Songs oder Standbildes geben, die geeignete Umsetzung und damit die Auseinandersetzung mit den Inhalten muss jedoch durch die Lernenden erfolgen. Zudem kann man so auch argumentative Kompetenzen
bei den Lernenden fördern, indem sie verstärkt dazu aufgefordert werden, ihre eigenen Entscheidungen, Analyse oder Formate zu begründen.

Formatives Assessment – d. h. Beobachtung, Rückmeldung bzw. Feedback begleitend zum Erarbeitungsprozess – kann darüber hinaus dazu beitragen, die Eigenständigkeit der erbrachten Leistungen zu sichern. Zudem fördert es die Motivation und die Akzeptanz der Lernenden, eigene Texte zu verfassen, wenn sie anhand wiederholter individualisierter und zeitnaher Rückmeldungen immer weiter verbessert werden können. Statt mehrere, immer neue Texte für den Unterricht zu verfassen, werden weniger, dafür bessere, mehrfach überarbeitete Texte produziert. Die Lehrperson kann sich bei ihrer Rückmeldung auf wesentliche Aspekte beschränken. Ebenso führt der kontinuierliche Feedback-Kontakt zwischen Lehrperson und Schülerin oder Schüler dazu, dass das Einfügen längerer Textteile, die einer KI entstammen, unwahrscheinlicher wird.»

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