BERLIN. Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Eilantrag eines Vaters gegen die teilweise Verwendung einer genderneutralen Sprache an den Gymnasien seiner beiden Kinder sowie die aus seiner Sicht dort im Ethikunterricht einseitig dargestellte Identitätspolitik und die „Critical Race-Theory“ zurückgewiesen. Die Richter konnten vor dem Hintergrund des staatlichen Erziehungsauftrags in der Schule nicht erkennen, dass das elterliche Erziehungsrecht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit verletzt ist und die Schulaufsicht einschreiten müsste.

Nach den gerichtlichen Feststellungen hätten die Schulleitungen den Lehrkräften die Verwendung genderneutraler Sprache im Unterricht ausdrücklich freigestellt und gleichzeitig klar darauf hingewiesen, dass die Regeln der deutschen Rechtschreibung im Lehr- und Lernprozess einzuhalten seien. Die Benutzung genderneutraler Sprache in Lehrmaterialien und Arbeitsblättern überschreite den durch die Rahmenlehrpläne eingeräumten Spielraum bei der Gestaltung von Unterrichtsmaterialien nicht, zumal genderneutrale Sprache Gegenstand von Unterrichtseinheiten sei, wenn auch nicht in der vom Vater favorisierten Weise.
Gegen die Vorgabe der deutschen Amtssprache verstoße eine genderneutrale Kommunikation der Schulen mit Eltern- und Schülerschaft nicht, da diese angesichts der breiten öffentlichen Diskussion selbst bei Verwendung von Sonderzeichen hinreichend verständlich bleibe. Der Verwendung genderneutraler Sprache könne schließlich nicht das Gebot der politischen Neutralität im Schuldienst entgegengehalten werden, weil mit ihr nach Auffassung der Kammer keine politische Meinungsäußerung einhergehe und heutzutage überdies sowohl die Verwendung als auch die Nichtverwendung eine politische Zuschreibung zuließen. Der Eilantrag könne außerdem deshalb keinen Erfolg haben, weil der Vater keine schweren und unzumutbaren Nachteile seiner Kinder durch die angegriffene Schreib- und Sprechweise nachgewiesen habe, zumal der Spracherwerb bei den beiden Zehntklässlern weitgehend abgeschlossen sein dürfte.
“Den Kindern ist es grundsätzlich zuzumuten, mit den Auffassungen und Wertvorstellungen einer pluralistischen Gesellschaft konfrontiert zu werden”
Die weitere Behauptung des Vaters, dass Gendersprache, Identitätspolitik und „Critical Race-Theory“ einseitig dargestellt und seine Kinder „indoktriniert“ würden, habe sich nach den von der Kammer eingeholten Stellungnahmen nicht bestätigt. In einem freiheitlich-demokratisch ausgestalteten Gemeinwesen könne die Schule zudem offen für ein breites Spektrum von Meinungen und Ansichten sein. Den Kindern sei es grundsätzlich zuzumuten, mit den Auffassungen und Wertvorstellungen einer pluralistischen Gesellschaft – trotz eines möglichen Widerspruchs zu ihren eigenen Überzeugungen – konfrontiert zu werden.
Hintergrund: Rechte Gruppen unterstellen, dass mit sogenannter Identitätspolitik und „Critical Race-Theory“ eine linke Agenda verfolgt wird, die sich auf die Rechte von Minderheiten fixiert, um die Gesellschaft umzubauen.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden. Der klagende Vater sagte laut „Spiegel online“ nach der Entscheidung, er wolle sich über die weiteren Schritte jetzt mit seiner Anwältin abstimmen – und mit dem Verein Deutsche Sprache (VDS), der die Klage finanziert hat. „Einerseits sagt das Gericht, die amtliche Rechtschreibung ist verbindlich und es widerspricht damit klar der Senatsverwaltung, die eine Verbindlichkeit mangels Umsetzugsakt in der Antwort auf meine Beschwerde abgelehnt hatte«, erklärte der Kläger. „Andererseits soll aber jeder Lehrer abweichend von der amtlichen Rechtschreibung mit Sternchen etc. im Unterricht schreiben und sprechen dürfen und das solle dann angeblich keinen Anpassungsdruck erzeugen, weil ja die Schüler nicht mitmachen müssten.“ News4teachers
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