POTSDAM. Kritik gibt es an Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst schon lange – jetzt zieht die Ehefrau von Bundeskanzler Olaf Scholz Konsequenzen. Anlass ist offenbar Streit mit den eigenen Genossen. Noch im November hatte sie erklärt, dass sie sich eine weitere Amtszeit nach der Landtagswahl 2024 vorstellen könne. Ein Nachfolger steht schon fest.

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) tritt zurück. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) habe dem Wunsch nach einem Rücktritt entsprochen, teilte Vize-Regierungssprecherin Eva Jobs ohne Angaben von Gründen am Montag mit. Der Nachfolger von Ernst soll Bildungsstaatssekretär Steffen Freiberg werden. Ernst ist Ehefrau von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die Ministerin stand in den vergangenen Jahren immer wieder in Kritik von Verbänden und Opposition, zuletzt auch innerhalb der Koalition. Sie war seit dem Jahr 2017 Bildungsministerin in Brandenburg.
Der Regierungschef und Parteikollege Woidke würdigte die Arbeit von Ernst. «Sie hat das Amt in schweren Zeiten – ich denke hier nur an die Corona-Pandemie – mit Weitblick und ruhiger Hand ausgeführt», teilte Woidke mit.
Ernst vertrat im Coronajahr 2021 auch als KMK-Präsidentin einen lockeren Kurs, was den Infektionsschutz der Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte betraf: Trotz Rekordinzidenzen unter Kindern und Jugendlichen sperrte sie sich zum Beispiel lange gegen die Maskenpflicht im Unterricht der Grundschulen. Da aus einer Inzidenz nicht automatisch eine Erkrankung oder schwere Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen folge, sondern dies Ausnahmen seien, «ist es einfach für uns nicht besorgniserregend», befand sie mit Blick auf zahlreiche Corona-Ausbrüche in Kitas und Schulen lapidar.
«Um den Scherbenhaufen verfehlter Politik der letzten 30 Jahre aufzuräumen, bedarf es einer breiten und verlässlichen Unterstützung»
Woidke erklärte nun weiter: «Ich bin mir sicher, dass ihre Amtszeit in der Rückschau mit wichtigen Meilensteinen wie der kontinuierlichen Verbesserung des Kita-Personalschlüssels und des Einstiegs in die Beitragsfreiheit verbunden werden wird.» Auch Brandenburgs CDU-Fraktionschef Jan Redmann zollte ihr Respekt. «Um den Scherbenhaufen verfehlter Politik der letzten 30 Jahre aufzuräumen, bedarf es einer breiten und verlässlichen Unterstützung.»
Zuletzt war nicht nur Kritik von Schulen und Eltern gekommen, auch von SPD und Grünen im Landtag – was der Sozialdemokratin nach eigenem Bekunden zugesetzt hat (wie sie in einer persönlichen Erklärung zum Rücktritt durchblicken lässt, News4teachers berichtet).
Inhaltlich ging es um die Pläne, 200 Planstellen für Lehrkräfte für Verwaltungsfachkräfte und Schulsozialarbeiter umzuwidmen. Dadurch sollten in allen Schulen Ressourcen für Zusatzangebote wie Förder- und Ganztagsunterricht sowie Inklusion gekürzt werden. Das war als ein Baustein gedacht, um auf fehlende Lehrkräfte zu reagieren. Weiteres Streithema: der Kita-Fachkräftemangel (der keineswegs so geräuschlos beseitigt wird, wie Woidke glauben machen will). Dass aufgrund des Personalnotstands Betreuungszeiten in einzelnen Kommunen eingeschränkt werden mussten, hatte Eltern zuletzt auf die Barrikaden gebracht – und Ernst, die auch für den Kita-Bereich zuständig war, in die Kritik.
Dabei hatte die Ministerin noch im November Aussicht gestellt, eine weitere Legislaturperiode im Amt bleiben zu wollen. «Ja, das ist ein Ressort, das gerade im Zuschnitt mit Jugend und Sport viel Freude macht», sagte sie den «Potsdamer Neuesten Nachrichten» auf eine entsprechende Frage. «Und die Zusammenarbeit in der Koalition ist gut.» Dabei hatte Ernst auch zuvor schon mit steilen Thesen für Diskussionen gesorgt – wie der, dass die Klassengröße für die Qualität des Unterrichts nicht entscheidend sei.
«Es ist nicht die Frage, ob in einer Klasse 23 oder 27 Kinder sitzen»
«Gute Bildung braucht guten Unterricht», sagte Ernst mit Blick auf die schlechten Ergebnisse von Viertklässlerinnen und Viertklässlern beim jüngsten IQB-Leistungsvergleich. Dies sei der Schlüssel für den Lernerfolg. «Dagegen ist es nicht die Frage, ob in einer Klasse 23 oder 27 Kinder sitzen.»
Die gebürtige Hamburgerin war 2017 überraschend als Ministerin für Bildung, Jugend und Sport nach Brandenburg gekommen, nachdem sich ihr Vorgänger Günter Baaske aus privaten Gründen zurückgezogen hatte. Zuvor war sie von 2014 an Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, bis sie nach der Landtagswahl 2017 aus dem Kabinett ausschied, weil ihr Ressort in der Regierung von Daniel Günther (CDU) an die Christdemokraten fiel.
An neuer Wirkungsstätte schreckte sie vor Populimus nicht zurück: Nachdem Brandenburg im Bildungsmonitor noch hinter Berlin auf Platz 14 gerutscht war, verbot Ernst Grundschullehrkräften die (angeblich verbreitete) Methode «Schreiben nach Gehör» und verordnete den Einsatz der Fibel, um die Rechtschreibung zu verbessern. Das Ergebnis: Brandenburg schnitt beim aktuellen IQB-Leistungsvergleich mit am schlechtesten ab – in keinem Bundesland war der Zuwachs an Kindern, die in der vierten Klasse die Mindeststandards nicht erreichen, höher. Auch in Rechtschreibung. News4teachers / mit Material der dpa
„Geschlossenheit ist nicht mehr gegeben“: Womit Ernst selbst ihren Rücktritt begründet

