„Die Umfrage belegt: An allen Schulen fehlen derzeit Fachkräfte”, so heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung der GEW Rheinland-Pfalz. „Dies führt in wachsendem Maße zu Unterrichtsausfall, Vertretungsunterricht oder verschleiertem Unterrichtsausfall – sogenannten ‘Mitaufsichten’ oder ‘Mitführen von Klassen’, ‘eigenverantwortliches Arbeiten’, ‘Arbeiten ohne Lehrkraft’ oder ähnlichem. Zeitgleich werden die Bedingungen vor Ort in Bezug auf die wachsenden Anforderungen des Schulalltags schwieriger und komplexer.“ Zusätzlich seien die Belastungen an den Schulen durch die COVID-19-Pandemie, die Flutkatastrophe des Jahres 2021 sowie den Ukraine-Krieg und seine Folgen allerorts zu spüren.
„Schülerinnen und Schüler, Erziehungsberechtigte und Lehrkräfte stoßen immer wieder an die eigenen Belastungsgrenzen“, sagt GEW-Landeschef Klaus-Peter Hammer. „Den drohenden Unterrichtsausfall zu kompensieren und aufzufangen ist eine enorme, oftmals zum Scheitern verurteilte Herausforderung. Häufig muss die außerordentlich wichtige direkte Arbeit am Kind und damit die individuelle Förderung ausfallen. Dem eigenen Anspruch, guten Unterreicht und Bildungsarbeit zu leisten, können immer mehr Schulen nicht mehr gerecht werden.“
Die GEW sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf. Um den Anforderungen gerecht zu werden, müssten die Arbeitsreserven deutlich ausgeweitet und ein besonderer Fokus auf multiprofessionelle Teams gelegt werden. Um Menschen für den Lehrberuf zu gewinnen und Lehrkräfte im Beruf zu halten, seien einerseits deutlich verbesserte Arbeitsbedingungen nötig sowie andererseits eine sachgerechte Entlohnung. So leiste sich Rheinland-Pfalz als eines der letzten Bundesländer für den Bereich der Grundschullehrkräfte eine im Vergleich zu Lehrkräften in anderen Schularten geringere Entlohnung.
Erstaunlich fällt die Reaktion des Bildungsministeriums aus: Alle Planstellen seien mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften besetzt, heißt es – und die Zahlen der GEW seien nicht nachvollziehbar.
«Trotz all dieser Maßnahmen ist es leider nicht zu verhindern, dass es aufgrund von Ausfällen insbesondere durch Krankheiten kurzfristig zu personellen Engpässen und zusätzlichen Belastungen kommt»
Das Bildungsministerium verwies darauf, dass allein im laufenden Schuljahr mehr als 1900 neue Lehrkräfte eingestellt worden seien. Mit Blick auf die neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine und anderen Ländern – insgesamt über 16 000 – seien im Schuljahr 2022/2023 rund 750 zusätzliche Planstellen sowie finanzielle Mittel für weitere 100 Vollzeitbeschäftigungsmöglichkeiten eingeplant. Im Doppelhaushalt 2023/2024 sei Vorsorge getroffen worden, um noch weitere 850 solcher Verträge nutzen zu können.
«Trotz all dieser Maßnahmen ist es leider nicht zu verhindern, dass es aufgrund von Ausfällen insbesondere durch Krankheiten kurzfristig zu personellen Engpässen und zusätzlichen Belastungen kommt», teilte das Ministerium mit. «Dies haben wir im vergangenen Winter in der gesamten Gesellschaft gesehen und das gilt auch für unsere Schulen.» Um Ausfälle zu kompensieren, seien aber mittlerweile 1725 Vertretungskräfte-Stellen geschaffen und mit Planstellen hinterlegt worden. Dazu komme noch Geld für befristete Beschäftigungen. Die Corona-Aufholmittel – 63 Millionen Euro Bundes- und 47 Millionen Landesmittel – seien auch zu einem wesentlichen Teil in die Unterrichtsversorgung und die Entlastung der Lehrkräfte investiert worden.
Die GEW wiederum kann das nicht nachvollziehen – und fordert unter anderem einen «Kurswechsel bei der Einstellungspolitik», multiprofessionelle Teams, damit die Lehrkräfte wieder mehr Zeit für den Unterricht hätten, und bessere Arbeitsbedingungen. «Wenn jetzt keine Entlastungen angedacht werden, kollabiert das System in absehbarer Zeit», heißt es im Forderungskatalog der Gewerkschaft.
Nach Einschätzung der bildungspolitischen Sprecherin der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion, Jenny Groß, «ist es bereits fünf nach zwölf». Groß, die selbst Lehrerin ist, forderte eine Offensive gegen den Lehrermangel. «Die kann nur wie folgt aussehen: Mehr Planstellen an den Schulen im Land.» News4teachers / mit Material der dpa
„Lehrermangel nachhaltig lösen!“ GEW startet eine Petition an die Kultusministerkonferenz
