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Nachwuchsmangel im Lehrerberuf: Warum sich die Generation Z für den Schuldienst kaum begeistern lässt

BERLIN. Teilzeitmöglichkeiten einschränken, Sabbatjahre verhindern, Abordnungen an unbeliebte Schulstandorte forcieren – das sind Maßnahmen, mit denen Kultusminister versuchen, dem dramatisch wachsenden Lehrermangel entgegenzuwirken. Gleichzeitig sollen Werbekampagnen dafür sorgen, dem Nachwuchs den Schuldienst schmackhaft zu machen. Dass das schwierig werden dürfte, macht nun eine Analyse deutlich, die die beruflichen Präferenzen der Generation Z beleuchtet.

Lehramt? Och nö. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

«Das Problem des Lehrkräftemangels wird aller Voraussicht nach in den kommenden 20 Jahren bestehen bleiben. Das ist unter anderem der demographischen Entwicklung geschuldet: Erheblichen Pensionierungswellen stehen kleine Geburtskohorten gegenüber, aus denen Lehramtsstudierende gewonnen werden können», so schreibt die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der KMK in ihrem Gutachten zum Lehrkräftemangel (News4teachers berichtete). «Der Mangel an qualifiziertem Personal prägt mittlerweile in dramatischer Art und Weise fast alle Segmente des Arbeitsmarktes, so auch den Teilarbeitsmarkt Schule.»

Das bedeutet: Die Kultusministerinnen und Kultusminister müssen sich auf einen sehr viel schärferen Wettbewerb um Nachwuchskräfte einstellen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Die Maßnahmen, die von der SWK gegen die akute Personalnot in den Schulen empfohlen und tatsächlich von vielen Landesregierungen bereits umgesetzt werden – Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit zu begrenzen, Sabbaticals einzuschränken, Mehrarbeit anzuordnen -, führen aber nun nicht dazu, den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Im Gegenteil.

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«Diese Generation ist nicht gekommen, um lange bei einem Arbeitgeber zu bleiben»

Dabei wäre genau das nötig, um junge Menschen überhaupt noch für den Schuldienst zu interessieren. Denn die wissen längst um ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt – und haben wenig Lust, sich für den Arbeitgeber aufzureiben, wie eine aktuelle Analyse aufzeigt.

Bei Beschäftigten im Alter unter 30 Jahren ist Studien zufolge die Loyalität zum Betrieb deutlich geringer ausgeprägt als bei Älteren. «Diese Generation ist nicht gekommen, um lange bei einem Arbeitgeber zu bleiben», sagte Arbeitsmarktexperte Julian Stahl vom Online-Netzwerk Xing. Umgekehrt machten sich 65 Prozent keine Sorgen um ihre Zukunft – dem Fachkräftemangel sei Dank. «In Fachkreisen gelten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieser Generation daher bereits jetzt als die illoyalsten Jobber aller Zeiten», sagte Stahl.

Flexibilität und Agilität stünden bei den jungen Menschen ganz oben auf der Agenda, so Stahl. Für den Schuldienst, der vor allem mit lebenslanger Verbeamtung lockt, ist das keine gute Nachricht.

Xing hatte mehrere Studien in Auftrag gegeben, durchgeführt vom Umfrageinstitut Forsa. Dabei wurden mehrere Tausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Wechselabsichten oder zur Freude am Job befragt. Der «Generation Z» werden überwiegend junge Menschen zugeordnet, die zwischen Mitte der 1990er und 2010 zur Welt gekommen sind.

Betriebe stünden vor neuen Herausforderungen, etwa bei der Mitarbeiterbindung, heißt es. Die auf dem Arbeitsmarkt immer präsenter werdenden Mitglieder der sogenannten Generation Z («GenZ») wünschten sich häufig Arbeitserleichterungen, darunter etwa eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich, die Möglichkeit zum Sabbatical, Homeoffice und zu sogenannten Workation-Optionen – also einer Kombination aus Arbeit und Urlaub.

«Wer nicht über Benefits wie Homeoffice, Workation oder Sabbatical nachdenkt, wird einen Teil dieser Generation als Arbeitgeber erst gar nicht erreichen»

Da dürfte der Lehrkräfteberuf im Wettbewerb mit anderen Berufswegen schlechte Chancen haben – zumal dann nicht, wenn Teilzeit als individuelle Möglichkeit zur Flexibilisierung der Arbeitszeit massiv eingeschränkt wird. Immerhin eine gute Nachricht gibt es für die Kultusministerinnen und Kultusminister: Aufstiegschancen innerhalb des Betriebs, die in einer Schule naturgemäß begrenzt sind, spielten für die Generation Z deutlich weniger eine Rolle als noch bei der Vorgängergeneration, den «Millenials».

«Die heute nachrückenden Generationen geben am Arbeitsmarkt zunehmend den Ton an, sind zugleich aber ein knappes Gut», sagte Stahl. «Wer nicht über Benefits wie Homeoffice, Workation oder Sabbatical nachdenkt, wird einen Teil dieser Generation als Arbeitgeber erst gar nicht erreichen», betonte er. Heißt: Das Potenzial an jungen Menschen, die sich für den Lehrerberuf gewinnen lassen, wird zusätzlich zum demographischen Faktor noch durch die steigenden Ansprüche eingeschränkt.

Und selbst, wenn junge Mernschen zunächst für den Schuldienst gewonnen würden, heißt das noch lange nicht, dass sie auch darin bleiben. Jeder siebte der befragten Beschäftigten unter 30 sei aktiv auf Jobsuche, heißt es – aus Gründen, die durchaus auch auf Lehrkräfte zutreffen: In den meisten Fällen sei ein als zu niedrig empfundenes Gehalt (49 Prozent der Befragten) und/oder ein als zu hoch empfundenes Stresslevel (42 Prozent) zumindest einer der Hintergründe für den Wechselwunsch. 27 Prozent zögen einen Wechsel in Betracht, weil sie mit ihrer Führung unzufrieden seien. 38 Prozent ziehe es von ihrem bisherigen Arbeitsplatz offenbar auch aus purer Abenteuerlust weg – sie wünschten sich Abwechslung. News4teachers / mit Material der dpa

Der Generation Z ist die „Work-Life-Balance“ wichtig (doch die Bedeutung differenziert)

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