BERLIN. Die CDU will mit verpflichtenden Deutschkursen für Vorschulkinder mit Sprachdefiziten und einer engeren Verzahnung von Kitas und Schulen die Bildungschancen von Kindern verbessern. Dies geht aus einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Entwurf für einen Leitantrag des CDU-Bundesvorstands hervor, der auf dem Kleinen Parteitag an diesem Freitag in Berlin beschlossen werden soll. Die Initiative klingt gut – hat aber einen Haken.
Carsten Linnemann, seinerzeit Vize-Chef der Unionsfraktion im Bundestag, sorgte 2019 für Wirbel. Er forderte, dass Kinder ausrechend Deutsch sprechen müssen, bevor sie an der Grundschule aufgenommen werden. «Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschule noch nichts zu suchen», sagte er. Der CDU-Politiker schlug für betroffene Kinder eine Vorschulpflicht vor. Notfalls müsse eine Einschulung auch zurückgestellt werden, sagte er.
Damals erntete er harschen Widerspruch – auch aus der eigenen Partei. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) nannte Linnemanns Idee «populistischen Unfug». Kinder bei der Einschulung außen vor zu lassen, sei der «völlig falsche Weg». «Im Jahr 100 nach Einführung der Schulpflicht», so erklärte sie mit Blick auf die Weimarer Verfassung von 1919, sollten gerade Christdemokraten «auf die soziale und gesellschaftliche Errungenschaft einer allgemeinen Schulpflicht hinweisen“, sagte Prien (News4teachers berichtete).
Mittlerweile gehören Prien und Linnemann beide dem Vorstand der Bundes-CDU unter dem Vorsitzenden Friedrich Merz an. Und zumindest die Idee, Kinder vor der Einschulung bei Bedarf verpflichtend zu fördern, nimmt wieder an Fahrt auf. In einem elfseitigen Papier, das am Donnerstagabend vom gesamten CDU-Vorstand verabschiedet und am Freitag den 158 Delegierten des sogenannten CDU-Bundesausschusses vorgelegt werden soll, verlangt die CDU «einheitliche Standards zur Einführung einer frühen, flächendeckenden Diagnostik zur Abbildung des Entwicklungsstands von Kindern im Kita-Alter» von drei bis vier Jahren.
Neben Sprachstand und Wortschatz, mengen- und zahlbezogenem Wissen sollten auch Motorik und Selbstregulation berücksichtigt werden, heißt es in dem Papier unter dem Titel «Kinderzukunftspaket für Deutschland. Chancen eröffnen.» Auch Kinder, die keine Kita besuchen, und Kinder in der Tagespflege sollten insbesondere mit Blick auf die Sprachförderung auf einen zusätzlichen Förderbedarf getestet werden. Für alle Kinder, bei denen ein Förderbedarf festgestellt werde, solle es dann eine «verpflichtende, qualitativ wirksame und durchgehende vorschulische Förderung» geben, heißt es in dem Entwurf. Davon, Kinder einfach bei der Einschulung außen vor zu lassen, ist keine Rede mehr.
Weitere Punkte: Die CDU will das Kindergeld nach dem Entwurf bedarfsgerecht anpassen und mit dem Kinderzuschlag und dem Bildungs- und Teilhabepaket zu einem «Kinderzukunftsgeld» ausbauen. Alle staatlichen Familienleistungen sollten künftig in einem digitalen Portal abrufbar sein. Die von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) geplante Kindergrundsicherung, die auf eine deutlich höhere finanzielle Förderung hinauslaufen soll, lehnt die CDU ab. Die Zuständigkeit für die frühkindliche Bildung und die Kitas soll in den Ländern bei den Bildungsministerien angesiedelt werden.
Der Haken: Woher soll denn das Personal kommen, das dann für eine bessere Frühförderung sorgt? In Kitas herrscht akute Personalnot. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung fehlen in Deutschland rund 380.000 Kita-Plätze, um den Betreuungsbedarf zu decken (News4teachers berichtete auch darüber). Um der Nachfrage gerecht zu werden, müssten dafür knapp 100.000 Fachkräfte eingestellt werden, hieß es – doch selbst wenn das Geld dafür vorhanden wäre: Es gibt die Menschen nicht. Der Arbeitsmarkt für Pädagoginnen und Pädagogen ist leergefegt.
Das gilt auch für die Schulen, insbesondere die Grundschulen. Die Kultusministerkonferenz spricht aktuell von 12.000 unbesetzten Lehrerstellen in Deutschland (vorwiegend eben an Grundschulen); der Lehrerverband VBE geht nach einer Umfrage unter Schulleitungen sogar von 50.000 vakanten Stellen aus. Tendenz: steigend, wie unlängst ein Gutachten im Auftrag der Kultusministerkonferenz ergab (News4teachers berichtete ebenfalls).
Dazu heißt es im CDU-Papier lediglich: Für Kitas und Schulen in «sozial herausfordernden Lagen» solle es höhere finanzielle Zuwendungen und eine bessere Personalausstattung geben. News4teachers / mit Material der dpa
