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Mitglied des Rechtschreibrats sagt: “Gendern sollte nicht als Fehler gewertet werden”

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EUPEN. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat mit seinem jüngsten Beschluss klargestellt, dass das Gendern nach wie vor nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie gehört. Als Sonderzeichen werden sie aber nun vermerkt. Was bedeutet das denn für die schulische Praxis? „Die Verwendung von Genderzeichen sollte nicht einfach als Rechtschreibfehler gewertet werden“, erklärt dazu nun Ratsmitglied Henning Lobin, Leiter des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache und Professor für Germanistische Linguistik in Mannheim, in einem Interview mit dem „Spiegel“

“Man könnte sie markieren, da nicht orthografisch, aber nicht als Fehler werten.” Foto: Shutterstock

„Es wurde ein einstimmiger Beschluss gefasst, und dieser ordnet die Genderzeichen unter die Sonderzeichen ein. Im amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung gibt es aber bislang keinen Passus zu Sonderzeichen. Dieser wird nun ergänzt, und die Genderzeichen werden darin mit erfasst. Dies ist ein ganz wichtiger Schritt, ein echter Fortschritt“, sagt Lobin. Tatsächlich hatte der Ratsvorsitzende Josef Lange nach dem Beschluss betont: „Die Entwicklung ist nicht abgeschlossen.“ Sie müsse weiter beobachtet werden.

Lobin sagt nun: „Es ging niemals darum, die Verwendung der Genderzeichen explizit zu empfehlen. Wenn überhaupt, könnten sie zu einem Teil des orthografischen Systems erklärt werden, und würden so für Schreibende möglich. Der Rechtschreibrat ist aber der Auffassung, dass Genderzeichen einen anderen Status besitzen als beispielsweise Punkt, Komma und Fragezeichen. Dies teilen sie mit anderen Sonderzeichen wie dem Paragrafen-, dem Prozent- oder dem At-Zeichen (@), denn diese verweisen alle auf Sachverhalte außerhalb des rein sprachlichen Bereichs. Der wichtige Fortschritt, den der Rechtsschreibrat erzielt hat, liegt in der Anerkennung dieses Bereichs von Sonderzeichen außerhalb der Orthografie, in dem es aber trotzdem Verwendungsregeln gibt und deren Verwendung nicht einfach nur falsch ist, weil sie nicht im Regelwerk erfasst sind.“

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„In höheren Klassenstufen muss es aber auch um das sprachliche Handeln in einem umfassenderen Sinne gehen”

Mit Blick auf die Schule erklärte er: „Es ist klar, dass die deutsche Orthografie in der Schule intensiv vermittelt und von den Schülerinnen und Schülern sicher erworben werden muss. In höheren Klassenstufen muss es aber auch um das sprachliche Handeln in einem umfassenderen Sinne gehen – sei es beim Textaufbau, Formulierungen in Erörterungen oder einem Wortschatz, mit dem die eigene Position zu einem Thema differenziert dargestellt werden kann. Das Thema des sprachlichen Genderns ist heute eines, das dabei nach Meinung vieler auch eine Rolle spielen sollte. Die Beschlüsse des Rechtsschreibrats haben zumindest klargestellt, dass die Verwendung von Genderzeichen nicht einfach als Rechtschreibfehler gewertet werden sollten. Man könnte sie markieren, da nicht orthografisch, aber nicht als Fehler werten, da es sich um sich derzeit etablierende Sonderzeichen handelt.“

Zuletzt hatte der Rat im Jahr 2021 empfohlen, Sternchen, Unterstrich, Doppelpunkt oder andere Formen zur Kennzeichnung von mehrgeschlechtlichen Bezeichnungen im Wortinneren zu diesem Zeitpunkt nicht in das Amtliche Regelwerk aufzunehmen. Zu seiner Empfehlung führte der Rat seinerzeit unter anderem aus, dass geschlechtergerechte Schreibweise nicht das Erlernen der geschriebenen deutschen Sprache erschweren dürfe. Jetzt ist sie auch weiterhin nicht regulär aufgenommen, aber als Phänomen in dem Bereich Sonderzeichen beschrieben. News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers heiß diskutiert.

Rat für deutsche Rechtschreibung nimmt das Gendern als „Phänomen“ zur Kenntnis

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