RATINGEN. Kurz vor der Europawahl erhielten viele Erstwähler:innen in Nordrhein-Westfalen fragliche Post von der AfD, wie die Funke Medien Gruppe berichtet. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beschreibt die Briefe demnach als „Versuch, Lehrkräfte zu ‚diffamieren‘“ und Misstrauen zu schüren – es ist nicht das erste Mal.
Bei der anstehenden Europawahl am 9. Juni können erstmals auch schon 16-Jährige ihre Stimme abgeben. Die jungen Erstwähler:innen will anscheinend auch die AfD für sich gewinnen. Laut der Berichterstattung der Funke Medien Gruppe hat sich der Stadtverband Ratingen an 4.000 Wähler:innen im Alter von 16 bis 24 Jahren in einem Brief gewandt. Darin präsentiert die Partei nicht nur ihre politischen Standpunkte, sondern fordert die Addressat:innen auch auf, „vielleicht einfach mal [zu] hinterfragen, was der Lehrer oder die Tagesschau so von sich geben“. Das Ganze garniert mit einem Zwinker-Emoji.
GEW-Chefin Ayla Çelik kritisiert das Schreiben gegenüber der Funke Medien Gruppe. Es sei ein Versuch, Misstrauen gegenüber Lehrkräften und öffentlich-rechtlichen Medien zu streuen. Sie mahnt die jungen Erwachsenen, sich nicht aufwiegeln zu lassen und den „Demokratiefeinden nicht auf den Leim [zu] gehen“.
Propaganda-Brief an Schülervertretungen
Ähnlich negativ war die AfD schon Ende Januar dieses Jahres mit einem Schülerbrief aufgefallen. Damals hatte sich der Bundestagsabgeordnete Dirk Brandes mit einem Schreiben an mehrere Schülervertretungen in der Region Hannover gewandt (News4teachers berichtete). Das Ziel: Vor dem Hintergrund der Großdemonstrationen gegen Rechtsextremismus die Migrationspolitik seiner Partei zu verteidigen – und den Wahrheitsgehalt der Berichterstattung über das Geheimtreffen in Potsdam infrage zu stellen, an dem neben Rechtsextremen auch AfD-Politiker:innen teilgenommen hatten (News4teachers berichtete). „Das Schauermärchen, die AfD wolle Menschen mit Migrationshintergrund massenhaft ‚deportieren‘, beruht allein auf den eigenwilligen Interpretationen des von der Bundesregierung finanziell geförderten Recherchenetzwerkes Correctiv zum Thema ‚Remigration‘“, schrieb Brandes dazu. Auch damals erntete die Partei für ihr Vorgehen viel Kritik.
Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) erkannte in dem Schreiben einen „Einschüchterungsversuch von engagierten Schülervertretungen“. Auch Louisa Basner vom Landesschüler*innenrat zeigte sich gegenüber dem NDR überzeugt, dass die AfD damit eine Grenze überschritten habe: „Es wird bewusst versucht, Schülerinnen und Schüler für die Politik einzuspannen.“ Und René Mounajed vom Schulleitungsverband bewertete den Brief laut NDR als einen direkten Angriff auf Schule als „ein überparteilicher, freiheitlich, demokratischer Ort“. News4teachers / mit Material der dpa
Gegen einen möglichen Rechtsruck: Wie ein Europaaktivist um Erstwähler kämpft
