AfD-Brief an Erstwähler vor Europawahl – GEW: Versuch, Lehrkräfte zu diffamieren

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RATINGEN. Kurz vor der Europawahl erhielten viele Erstwähler:innen in Nordrhein-Westfalen fragliche Post von der AfD, wie die Funke Medien Gruppe berichtet. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beschreibt die Briefe demnach als „Versuch, Lehrkräfte zu ‚diffamieren‘“ und Misstrauen zu schüren – es ist nicht das erste Mal.

Nach Informationen der Funke Medien Gruppe erhielten 4.000 Wähler:innen in NRW im Alter von 16 bis 24 Jahren den Brief von der AfD. Symbolbild: Shutterstock/PedroNevesDesign

Bei der anstehenden Europawahl am 9. Juni können erstmals auch schon 16-Jährige ihre Stimme abgeben. Die jungen Erstwähler:innen will anscheinend auch die AfD für sich gewinnen. Laut der Berichterstattung der Funke Medien Gruppe hat sich der Stadtverband Ratingen an 4.000 Wähler:innen im Alter von 16 bis 24 Jahren in einem Brief gewandt. Darin präsentiert die Partei nicht nur ihre politischen Standpunkte, sondern fordert die Addressat:innen auch auf, „vielleicht einfach mal [zu] hinterfragen, was der Lehrer oder die Tagesschau so von sich geben“. Das Ganze garniert mit einem Zwinker-Emoji.

GEW-Chefin Ayla Çelik kritisiert das Schreiben gegenüber der Funke Medien Gruppe. Es sei ein Versuch, Misstrauen gegenüber Lehrkräften und öffentlich-rechtlichen Medien zu streuen. Sie mahnt die jungen Erwachsenen, sich nicht aufwiegeln zu lassen und den „Demokratiefeinden nicht auf den Leim [zu] gehen“.

Propaganda-Brief an Schülervertretungen

Ähnlich negativ war die AfD schon Ende Januar dieses Jahres mit einem Schülerbrief aufgefallen. Damals hatte sich der Bundestagsabgeordnete Dirk Brandes mit einem Schreiben an mehrere Schülervertretungen in der Region Hannover gewandt (News4teachers berichtete). Das Ziel: Vor dem Hintergrund der Großdemonstrationen gegen Rechtsextremismus die Migrationspolitik seiner Partei zu verteidigen – und den Wahrheitsgehalt der Berichterstattung über das Geheimtreffen in Potsdam infrage zu stellen, an dem neben Rechtsextremen auch AfD-Politiker:innen teilgenommen hatten (News4teachers berichtete). „Das Schauermärchen, die AfD wolle Menschen mit Migrationshintergrund massenhaft ‚deportieren‘, beruht allein auf den eigenwilligen Interpretationen des von der Bundesregierung finanziell geförderten Recherchenetzwerkes Correctiv zum Thema ‚Remigration‘“, schrieb Brandes dazu. Auch damals erntete die Partei für ihr Vorgehen viel Kritik.

Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) erkannte in dem Schreiben einen „Einschüchterungsversuch von engagierten Schülervertretungen“. Auch Louisa Basner vom Landesschüler*innenrat zeigte sich gegenüber dem NDR überzeugt, dass die AfD damit eine Grenze überschritten habe: „Es wird bewusst versucht, Schülerinnen und Schüler für die Politik einzuspannen.“ Und René Mounajed vom Schulleitungsverband bewertete den Brief laut NDR als einen direkten Angriff auf Schule als „ein überparteilicher, freiheitlich, demokratischer Ort“. News4teachers / mit Material der dpa

Gegen einen möglichen Rechtsruck: Wie ein Europaaktivist um Erstwähler kämpft

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Binchen
1 Monat zuvor

Ach du meine Güte, vielleicht war es auch nur eine Anregung mal selbst zu denken und Dinge zu hinterfragen. Kann darin nichts Schlechtes sehen. Es sollte zu unserem Bildungsauftrag gehören, Kinder und Jugendliche zu kritischem Denken anzuregen.
Lehrer die solide demokratische Werte vertreten, sollten fähig sein, sich einem Diskurs auszusetzen. Und durch diesen werden Schüler Demokratiefeinden auch nicht auf den Leim gehen.
Wieso sie vom Aufruf zu Hinterfragen gleich auf Diffamierung von Lehrern schließen, erschließt sich mir nicht.

Walter Hasenbrot
1 Monat zuvor
Antwortet  Binchen

Man hat den Eindruck, dass Sie die letzten 10 Jahre verschlafen haben und nicht verstehen, in welchem diskursivem Umfeld die rechtsextreme AfD so etwas schreibt.

Es geht nicht einfach um die Aufforderung, selbst zu denken, sondern es geht um die Rechtfertigung rechtsextremer Positionen, gegen die die Lehrer als Beamte sich stellen.

Besseranonym
1 Monat zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Ach du meine Güte, entweder @ Binchen hat wirklich verschlafen oder ist einfach 🙂 gar nicht erst schlafen gegangen ( seit mehr als 10 Jahren, um nicht aus der Übung zu kommen )

@ Binchen : bitte erläutern Sie
> “ Kinder und Jugendliche zu kritischem Denken
anzuregen „.

1 -Ohne Beispiele ist > “ zum Denken anregen “ eine bloße Floskel, inhaltsleer und nichtssagend, einer der gravierenden Fehler, zB bei Erörterungen.
2 – Definieren Sie bitte in res
“ kritisches Denken „.

unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Binchen

Hinterfragen Sie noch ernsthaft bisherige Einschüchterungsmaßnahmen, demokratiefeindliche Agitationen, Gehetze und Schüren von konkreten Feindbildern etc. einer Partei, die zudem vom Verfassungsschutz als gesichert nationalextremistisch eingestuft wurde ?

Hysterican
1 Monat zuvor
Antwortet  Binchen

Ach du meine Güte,…
wie stumpf muss man sein, um dieses parteitaktische Vorgehen zur ideologischen Unterwanderung nicht zu begreifen.

Tragisch!!

Der Zauberlehrling
1 Monat zuvor
Antwortet  Binchen

Kritisch hinterfragt soll das werden, was Naturgesetze befolgt. Wenn die AfD könnte, würde sie selbst Newton diffamieren und den Apfel gen Himmel „fallen“ lassen. Schwurbler, Aluhüte, Reichsbürger, AfD-Wähler – da hat es nichtleere Schnittmengen.

Unsere nächstgelegen AfD-Landtagsabgeordnete ist hängt eher der Flacherde-Theorie, weil die Kugeltheorie noch nicht bewiesen sei. Da ist es zum geozentrischen Weltbild nicht weit hin.

Gesellschaft spalten – das ist AfD. Grenzen immer weiter verschieben – das ist AfD. Inhaltlosigkeit und fehlende Sachargumente – das ist AfD. Und das alles voranbringen durch eine Aufforderung, die Tagesschau oder das, was Lehrer erzählen, kritisch zu hinterfragen.

Ist 1 + 1 wirklich 2.

Nein. Natürlich nicht.

Wie könnte es 2 sein, wenn Sie bloß die Zahlen 0 und 1 haben.

Ich wäre froh, es würde mal kritisch hinterfragt, was ich so erzähle.

Spitzenrefinanzierungsfazilität 🙂

Binchen
1 Monat zuvor

Ach du meine Güte, vielleicht war es auch nur eine Anregung mal selbst zu denken und Dinge zu hinterfragen. Kann darin nichts Schlechtes sehen. Es sollte zu unserem Bildungsauftrag gehören, Kinder und Jugendliche zu kritischem Denken anzuregen.
Lehrer die solide demokratische Standpunkte vertreten, sollten fähig sein, sich einen Diskurs auszusetzen. Und durch diesen werden sie Demokratiefeinden auch nicht auf den Leim gehen.
Wieso sie vom Aufruf zu Hinterfragen gleich auf Diffamierung von Lehrern schließen, erschließt sich mir nicht.

Ingo
1 Monat zuvor
Antwortet  Binchen

Ach du meine Güte, vielleicht sollte man AFD-Wähler und Politiker hinterfragen . Kann darin nichts Schlechtes erkennem, die AFD bzw.AFR und ihre Doppelmoral, als auch ihre Propaganda für Dikturen wie Russland und China zu durchleuchten. Das gehört dioch zum Bildungsauftrag dazu. Kann darin keine Diffamierung erkennen.

Binchen
1 Monat zuvor
Antwortet  Ingo

Dagegen hätte ich ebenfalls nichts. Das war allerdings nichts Gegenstand des Artikels.

Ronja
1 Monat zuvor
Antwortet  Binchen

„Selbst zu denken und Dinge zu hinterfragen“, ist leider oft nicht erwünscht., obwohl gerade Menschen, die genau das tun zu den mündigen Bürgern gehören, von denen jede Demokratie lebt.
Manchmal könnte man meinen, dass wir wieder hinter die Zeit der Aufklärung und deren Leitspruch zurückfallen, „Habe den Mut“, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“.

Marie Brand
1 Monat zuvor

Vielleicht sollte man generell mal aufhören zu diffamieren.

Ureinwohner Nordost
1 Monat zuvor
Antwortet  Marie Brand

Liebe Marie,
ich denke dann würde Wahlkampf (= Propaganda) aufhören und das geht natürlich aus Sicht von Propagandisten und deren massenmedialen Helfershelfer nicht.
Davon leben doch Massenmedien und der Rattenschwanz. 😉

RainerZufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Marie Brand

Rechtsextreme und deren Verstrickungen in Diktaturen scheinen offenbar nicht davon ablassen zu wollen 😉

Unfassbar
1 Monat zuvor
Antwortet  Marie Brand

Danke.
Man könnte auch die anderen Parteien fragen, warum sie keine Post an Erstwähler verschickt haben oder, falls doch, warum darüber kein Aufhebens gemacht wird.

Besseranonym
1 Monat zuvor
Antwortet  Marie Brand

Wer? Wen?

RainerZufall
1 Monat zuvor

Die AfD steuert unkontrolliert auf ihr Verbot zu! Zuletzt fiel Weidel auf die FakeNews ihres eigenen Kollegen rein.
Wie sehr freue ich mich, diesen Verein nicht mehr als demokratisch, wählbar bezeichnen zu müssen.

Unsere Politiker*innen werden wohl leider die letzten sein, die sich gegen Rechtsextreme auszusprechen wagen werden -___-

Marie Brand
1 Monat zuvor
Antwortet  RainerZufall

Das wird nicht passieren. Bis es soweit ist, wird die AFD an der Macht sein.
Man sieht doch bei der Europawahl, wo die Reise hingeht.
Ich weiß nicht, warum es so in Richtung rechts geht, aber die Tendenz ist eindeutig.
Da ist es in Deutschland ja fast noch harmlos. Aber ich befürchte, auch das wird sich ändern.

unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Marie Brand

Es geht Richtung Abgrund, weil bei vielen Wähler*innen die Sehnsucht nach Lösungen aller aktuellen existenziellen Bedrohlichkeiten größer ist, als nüchterne Überprüfung einfachster Auswegsmöglichkeiten, wie Klimakatastrophenleugung etc.

Unfassbar
1 Monat zuvor
Antwortet  unverzagte

Sie können keine existenziellen Bedrohlichkeiten haben. Viele Menschen müssen im Hier und Jetzt sehen, wie sie über die Runden kommen und unter welchen Bedingungen ihre Kinder aufwachsen, in die Schule gehen usw.. Wie Klimakatastrophenleugnung ein Ausweg sein soll, verstehe ich nicht.

Schulmeister
1 Monat zuvor

„Für jede komplizierte Frage gibt es eine einfache Antwort, und die ist meistens falsch“ Umberto Eco
 
Über diesen Satz bin ich kürzlich mal wieder gestolpert. Er scheint mit in diesem Fall auch wieder mal zu passen

Die Sehnsucht nach einfachen Antworten scheint auch generationenübergreifend zu sein.