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Setzen Reformen nach PISA falsche Prioritäten? Kunst und Musik in Gefahr!

NÜRNBERG. Etliche Bundesländer wollen die Leistungen in Deutsch und Mathematik verbessern, in dem sie an Grundschulen die Stundentafel umbauen. Auch Bayern. Lehrkräfte- und Chorverbände aus dem Freistaat warnen vor falschen Prioritäten.

Musikunterricht beflügelt. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die PISA-Offensive an Grundschulen könnte nach Befürchtungen von Verbänden auf Kosten des Musik- und Kunstunterrichts gehen. Ab kommenden Schuljahr soll als Reaktion auf die schlechten Ergebnisse im Schülerleistungsvergleich in einigen Bundesländern mehr Mathematik und Deutsch auf dem Stundenplan stehen, so auch in Bayern.

Die Grundschulen sollen dort – innerhalb der Vorgaben des Kultusministeriums – selbst entscheiden, wie viel Englisch, Musik, Kunst oder Werken und Gestalten (WG) sie unterrichten. Fakt ist, es werden Stunden in dem Bereich gestrichen werden müssen. Lehrer- und Chorverbände warnen vor falschen Schwerpunkten.

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«Das ist eine absolute Katastrophe», sagte der Präsident des Fränkischen Sängerbundes, Friedhelm Brusniak. Dieser ist eigenen Angaben nach der mitgliedstärkste Chorverband Bayerns. Es sei völlig falsch zu glauben, dass man in der Grundschule nicht mehr unbedingt den Musikunterricht brauche. Wenn Kinder nicht in der Schule oder der Familie mit dem Singen oder Musizieren in Kontakt kämen, kämen sie auch später nicht auf die Idee, in einem Chor zu singen oder ein Instrument zu lernen.

Auch der bayerische Philologenverband und der Realschullehrerverband VDR warnen vor Abstrichen in Musik, Kunst oder WG. Diese Fächer seien für die Entwicklung der Kinder wichtig, teilte VDR-Experte Christoph Brunk mit. «Sie fördern altersgerecht und spielerisch nicht nur Kreativität und ästhetisches Empfinden, sondern auch soziale Kompetenz und emotionale Intelligenz.» Um Freiräume für mehr Mathe und Deutsch zu bekommen, müsse der Englischunterricht reduziert werden. Dieser könne ab der weiterführenden Schule intensiver unterrichtet werden. Genauso sieht es der Philologenverband.

Dass die Grundschulen innerhalb der Stundenvorgaben entscheiden können, welche Schwerpunkte sie setzen, befürwortet der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV). Diese könnte am besten entscheiden, was sich angesichts des Lehrkräftemangels umsetzen lasse, sagte Präsidentin Simone Fleischmann. Die Tendenz zeige, dass es zu den meisten Einschnitten bei WG kommen werde, weil es dafür generell zu wenig Fachlehrkräfte gebe. Viele Schulen entschieden sich zudem, den Englischunterricht von zwei auf eine Stunde zu kürzen.

Für eine bessere Lösung hält der BLLV es weiterhin, überhaupt keine Fächer zu kürzen, sondern die Stundenzahl in der Grundschule auszuweiten. Das sei auch mit Blick auf den Rechtsanspruch für die Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 sinnvoll, sagte Fleischmann.

Der bayerische Sängerbund sieht den Ganztags-Anspruch ebenfalls als Chance, mehr musikalische Erziehung in den Grundschulen anzubieten. «Da ist viel auf der Strecke geblieben die letzten Jahre», sagte Präsident Alexander Seebacher mit Blick auf die Corona-Zeit und Personalmangel. Dann könnten zum Beispiel Musikverbände das Betreuungsangebot ergänzen. News4teachers / mit Material der dpa

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