
Nach dem Willen der schwarz-roten Landesregierung von Hessen soll mit einigen Ausnahmen ab dem kommenden Schuljahr an hessischen Schulen ein weitreichendes Handyverbot gelten. Anders als bisher sollen nicht Absprachen oder Vorgaben an einzelnen Schulen die Nutzung von digitalen Endgeräten regeln, sondern ein einheitlicher gesetzlicher Rahmen. Eine entsprechende Novelle des hessischen Schulgesetzes wurde nun in den Landtag eingebracht. Wie sind die Reaktionen unter anderem der Opposition auf den Vorstoß von CDU und SPD?
Was steht im Gesetzentwurf? Schwarz-Rot will das Schulgesetz ändern. So soll künftig eingefügt werden: «Zum Schutz der Kinder und Jugendlichen ist die Verwendung von mobilen digitalen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler im Schulgebäude und auf dem Schulgelände grundsätzlich unzulässig.» Dem strikten Verbot folgen Ausnahmen, zum Beispiel für eine Handynutzung in Notfällen, wenn es schulischen Zwecken dient, bei älteren Schülern soweit dies von der Schule gestattet wird oder aus medizinischen Gründen.
Zur Begründung heißt es allgemein: «Vor dem Hintergrund der Chancen und Risiken der Digitalisierung müssen Schulen Schutzzonen für Schülerinnen und Schüler und Orte des persönlichen Austauschs und des gemeinsamen konzentrierten Arbeitens sein.»
Wie begründet die Regierung den geplanten Schritt? Kultusminister Armin Schwarz (CDU) erklärt: «Unsere Schulen müssen geschützte Räume sein, in denen unsere Kinder und Jugendlichen frei von Ablenkung und Ängsten lernen können. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie sich eine ausufernde Smartphone-Nutzung mit teilweise verstörenden Inhalten auf Social Media negativ auf die psychische Gesundheit und Lernfähigkeit junger Menschen auswirkt.» Schülern müsse ein kompetenter Umgang mit modernen Medien beigebracht werden.
Wie wird das geplante Gesetz von Bildungsexperten gesehen? Mit Einschränkungen. «Was nach einem großen Wurf klingt, ist bei näherem Hinsehen nur eine rechtliche Grundlage für das, was an den meisten Schulen längst gang und gäbe ist», kritisiert der Verband Bildung und Erziehung. Diesen sei ja schon jetzt die Regelung der Handynutzung überlassen. Die Krankenkasse DAK meint, dass das Verbot zu kurz greift und vielmehr ein Schulfach «Gesundheit» diskutiert werden solle.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft attestiert der geplanten Gesetzesnovelle zwar Praxistauglichkeit. Aber: «Unbestreitbar bestehende Probleme wie Cybermobbing und exorbitante Bildschirmzeiten können nur über eine bessere Medienbildung angegangen werden», heißt es auf deren Website. Die Ergänzung des Schulgesetzes sei ein positives Signal, reiche aber nicht aus. Es müsse ein Fach «Digitale Welt» initiiert werden.
Auch der Deutsche Lehrerverband in Hessen kritisiert die mangelnde Unterrichtsverankerung. Medienkompetenz werde zwar gefordert, aber nicht durch Unterricht abgesichert. Auch eine einfache Schadenersatzfrage bleibe unbeantwortet: Unklar sei, wer hafte, wenn ein konfisziertes Gerät beschädigt wird.
Wie reagiert die Landtagsopposition? Die Pläne für die Gesetzesreform seien «unausgegoren und widersprüchlich», sagt der grüne Bildungsexperte Daniel May. Die Änderungen schafften keine Klarheit, sondern ein großes Durcheinander. Denn laut Entwurf dürfe jede aufsichtsführende Person Ausnahmen erlassen, ergänzt May. «Dann brauchen Sie auch keine Regelung mehr.» Wenn man Kinder und Jugendliche bei der Medienkompetenz stark machen wolle, dürfe man nicht allein auf Verbote setzen. Wichtiger sei die digitale Bildung im Unterricht.
Der FDP-Abgeordnete Moritz Promny sagt: «Nicht das Smartphone an sich ist gut oder schlecht – entscheidend ist, wie es genutzt wird.» Mit einem pauschalen Verbot von Smartphones und Tablets werde keine Generation herangezogen, die selbstbestimmt und kompetent mit digitalen Medien umgehen könne. Mit dem schwarz-roten Gesetzentwurf bekämen die Lehrer statt Unterstützung die undankbare Rolle der Smartphone-Polizei. News4teachers / mit Material der dpa
“Auch eine einfache Schadenersatzfrage bleibe unbeantwortet: Unklar sei, wer hafte, wenn ein konfisziertes Gerät beschädigt wird.”
Oh man.
Das Thema ist nicht neu und wirklich geklärt. Für einen Aufmacher sollte das nun nicht mehr reichen
Ulf Schönberger
Regierungsdirektor, Staatliches Schulamt für den Kreis Bergstraße und den Odenwaldkreis,
Heppenheim: Handys, Smartphones & Co in der Schule
Probleme und rechtliche Lösungsansätze
Teil 2— Handyverbot an der Schule und Schadensersatz bei Beschädigung oder Verlust, in:
SchVw HE/RP 612014, S. 191-192.
Guter Post.
Es geht nicht nur darum, was im Schulverwaltungsblatt steht, sondern auch darum, was der SL sagt. Und wenn der sagt: “Dann haften Sie!” ist Stress und Ärger vorprogrammiert.
Offene Fragen:
Das sind alles Ideen von Leuten, die wieder in einer Büllerbü-Schulwelt leben und von der Praxis keine Ahnung haben? Moderne Handy kosten weit über 1000€. Im Fall des Falles wird sich jeder vor der Haftung drücken wollen und die Lehrkraft im Regen stehen lassen. Egal was im Schulverwaltungsblatt steht.
Es gibt maximal 50 Euro bei grob fehlerhaften Verhalten. Den Nachweis muss der führen, der den Vorwurf erhebt.
ALso: Lesen hilft. Das 1000 Euro Handy interessiert also keinen wirklich. Sorry. Die Hysterie ist schlicht fehl am Platz
Ha ha,
und Sie meinen, das hätte vor Gericht bestand? Das müsste dann schon exakt so im SchulGESETZ stehen. Handys sind immerhin keine “verbotenen” Gegenstände wie Waffen u.ä. Die Schule zwingt die Schüler, ihr Handy abzugeben und haftet dann nur mit 50€?
Das wäre ja so, als ob sie mit ihrem Porsche im Wert von 100.000€ im Halteverbot parken, die Stadt schleppt sie ab, und sie bekommen im Falle eines Schadens max. 5000€ ( = 1/20 des Wertes) zurück?
In dem Beitrag, auf dne ich verweisen, wird das ausführlich erklärt. Und ja: Der Ersatzbetrag liegt bei 50 Euro. Und nein, das muss nicht wörtlich im Schulgesetz stehen, es reicht ja, wenn die Regelingen fuer alle Behörden in Deutschland gelten. Also nochmal: Lesen. Dann wird es klar und man muss nicht mit Meinungen diskutieren.
Seit -zig Jahren haben wir in der Schule Unterrichtsverankerung der Aufklärung über Zigaretten- und Alkoholsucht. Bekanntlich mit nahezu 100% Erfolg, oder liegt die leichte Verbesserung doch eher an gesellschaftlichen Veränderungen in der Einstellung dazu? Wie weit muss man vom Alltag entfernt sein, um neue Fächer als zentrale Forderung zu vertreten? Der Alltag heißt in den schwierigen Fällen ‘Sucht’ und eine Suchttherapie ohne Entzug muss noch erfunden werden.
Die Partei der großen Freiheit schafft es auch wieder nicht ohne große Worte: Das Verbot ist nicht pauschal und betrifft einen Ort, an dem eben andere Prioritäten gelten. Die grüne Meinung ist nicht besser, tatsächlich können sich Lehrkräfte meist auf eine gemeinsame Linie einigen, nicht jede Aufsichtsperson macht ihre eigenen Vorgaben. Vielleicht aus Politikersicht schwer zu verstehen.
Wie wären die Meinungen, wenn in Klasse 8 statt der letzten Memes/Snapchats/Groupchat-Nachrichten ein paar Flaschen mit hochprozentigem Inhalt kreisen? Auf jede Ermahnung entweder mit Lachen oder mit ‘aber ich muss da mitmachen’ oder ‘ja, nur noch ein Schluck’ reagiert wird? Energische Forderungen, den verantwortlichen Alkoholismus in neuen Fächern zu lehren?
Vielen Dank. Ich verstehe es nicht. Ständig Berichte und Kommentare, Studien usw. über problematisches Nutzerverhalten, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme und und und… aber das geplante Verbot ist jetzt auch wieder nicht richtig? Sicher wird das nicht alle Probleme lösen (und natürlich braucht es trozdem Medienerziehung, Gesundheitserziehug usw.) aber es ist doch etwas ganz anderes, ob ein einzelner Lehrer/Schule entsprechende Regeln durchzusetzen versucht oder ob dies mit ministerialer Rückendeckung geschieht (hilft vielleicht einzelnen KuK bei der Aufsicht und dem Umgang mit Eltern, die das Handy dann abholen müssen). Und natürlich muss man anfangs und dann nach ein paar Monaten, nach einem Jahr usw. und immer wieder eine Weile konzentriert und rigoros die Befolgung der Regeln einfordern – aber das ist doch immer so! Nennt sich Erziehung…
Nein, also echt, immer muss alles schlecht geredet werden. Ich wäre dann gerne L in Hessen, stelle ich mir toll vor, Pausen ohne Smartphones, SuS, die sich wieder ansehen, vielleicht doch mal über das Thema der Stunde eben reden, anstatt sofort bei Stundenende das Phone zu zücken…
…na ja, das sind halt so Träume.
P.S. Das Beispiel mit der Schnapsflasche gefällt mir. Anschaulich…
Ist doch nichts Neues! Was Eltern versammeln, sollen die Lehrer wieder rausreißen.
Obendrauf natürlich.
Das Obendrauf ist wirklich eine Belastung, aber “sollen die Lehrer wieder rausreißen.” – wer denn sonst? Sehe gerade niemand anderes 🙂
Ich wäre allerdings echt froh, der Staat würde die Gemeinden dazu ermächtigen, den Kindern und Jugendlichen eine Freizeitgestaltung ohne Handys anzubieten. Tatsächlich ist es heute weniger als zu der Zeit ohne Smartphones. Keine Chance 🙁
… versemmeln ….
Wie immer in Hessen: Ablenkungsmanöver, um ja nicht an wichtigen Themen arbeiten zu müssen. Es ist so peinlich, diese “Basta ich verbiete was” Mentalität. Genderverbot, Handyverbot… So erbärmlich.
Und das dumbe Volk klatscht Beifall und merkt wie immer nicht, dass sie mit Nebelkerzen verarscht werden. Und der Typ war mal Lehrer? Das Peter Prinzip lässt grüßen.
Mir fehlen die Worte…
Ich schätze, ich stimme der FDP zu…?
“Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie sich eine ausufernde Smartphone-Nutzung mit teilweise verstörenden Inhalten auf Social Media negativ auf die psychische Gesundheit und Lernfähigkeit junger Menschen auswirkt.”
Was tun wir denn für den Alltag der Kinder, außer das Problem aus unserem Aufgabenbereich zu schieben?
Ich persönlich hoffe, die Merz-Millionen, die GARANTIERT an den Schulen ankommen werden, würden in Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche investiert, dass die mal einen Grund hätten, nicht dauernd in die Faustglotze zu starren :/
“Schülern müsse ein kompetenter Umgang mit modernen Medien beigebracht werden.”
Bitte ändern in:
“Kindern und Jugendlichen muss ein kompetenter Umgang mit privat angeschafften modernen Medien von den Erziehungsberechtigten beigebracht werden.”
Ich bin es so leid, Elternaufgaben übernehmen zu müssen, ohne dass die Eltern verpflichtet sind, einen Handschlag machen zu müssen oder die Lehrkräfte bei der Erziehung der Kinder fremder Leute, zu unterstützen.
Bin ein fauler Sack mit nur noch sehr knappen Ressourcen …. Meine Kräfte sind begrenzt, sie schwinden zunehmend, aber wem erzähle ich da was Neues?
Wo soll das alles noch hinführen?