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In Kitas und Grundschulen wird zu wenig gesungen: Experten fordern bessere Musikausbildung für Pädagogen

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HANNOVER. Wenige Pädagogen sind fit im Singen mit Kindern. In Kitas und Grundschulen finden die Kleinen deshalb oft nicht den richtigen Ton – sie brummeln nur mit. Eine bessere musikalische Ausbildung für Erzieher und Lehrer könnte Abhilfe schaffen, meinen Experten.

Chorgesang fördert nicht nur die Stimmung, sondern auch die Gesundheit – sagen Studien. Foto: Soeller / Wikimedia Commons

In mancher Klasse oder Kindergartengruppe wird gebrummelt statt gesungen. Experten schlagen Alarm und fordern eine bessere musikalische Ausbildung für Pädagogen. «Es fehlt die Fachlichkeit», seufzt der Worpsweder Kinderliedermacher Nicolas Jehn. «An den Schulen für Erzieher in Niedersachsen findet praktisch kein Musikunterricht statt.» In der Ausbildung müsse unbedingt mehr gesungen werden, fordert auch der Braunschweiger Domkantor Gerd-Peter Münden. «Singen sollte den Tag begleiten während des Grundschullebens», sagt Monika de Graaff von der Fachgruppe Grundschule der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW). «Aber Lehrerinnen sind von der Ausbildung her, wenn sie nicht Musik als Fach haben, überhaupt nicht darauf vorbereitet.»

Das Kultusministerium in Hannover weist die Kritik zurück. «Die Bedeutung der Musik ist heute allen an der Ausbildung von Erziehern Beteiligten bewusst und gehört als fächerübergreifende Querschnittsaufgabe zum Ausbildungskonzept jeder Fachschule», sagt Sprecherin Susanna Schrammar. Für Grundschullehrkräfte gebe es zahlreiche Qualifizierungsangebote.

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Voraussetzung für das Singen mit Kindern ist das Wissen um deren Stimmlage und Tonumfang. «Wenn Kinder tief singen müssen, dann sprechen sie», sagt Nicolas Jehn, der seit über 25 Jahren in der Musikerziehung tätig ist. «Stimmbänder sind wie ein Muskel und müssen trainiert werden.» Der Musiker beobachtet auf seinen Konzerten auch wachsende motorische Defizite. «Einen einfachen Seitschritt zu machen, ist für viele Kinder eine Herausforderung.»

Andreas Belle, Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft Berufsfachschulen Sozialpädagogik, wünscht sich mehr praxisnahe Angebote. «Was wirklich rüberkommen muss, ist der Spaß an der Musik.» Belles Fachschule in Meppen hat bereits reagiert und beispielsweise eine zusätzliche Musikstunde eingeführt. «Bei uns in der Schule wird viel gesungen. Ein Instrument zu lernen, ist auch wichtig.»

Jehn warnt davor, den Pädagogen die Schuld an der Singmisere zuzuschieben. «Das natürliche Singen ist in unserer Gesellschaft gar nicht mehr vorhanden.» Schulen und Kindergärten allein könnten die Defizite nicht auffangen. Jehn engagiert sich im Projekt «Sing Bremen». Paten gehen dort einmal in der Woche in Kindergärten und singen mit den Knirpsen deutsche und internationale Lieder. Für die Begleitung von Kindern empfiehlt er die Ukulele. Das Instrument sei leichter zu lernen als Gitarre und eigne sich gut für die kindliche Stimmlage. «Das C der Ukulele entspricht dem C der Blockflöte.»

Gerd-Peter Münden initiierte 2007 das niedersachsenweite Projekt «Klasse! Wir singen». Es reicht von Lehrer-Fortbildungen über Materialien und mündet in regionalen Großkonzerten. Zweifel an der Nachhaltigkeit hat er nicht. «Über ein Drittel der Lehrer setzt das konsequent fort.» Die Freude am Singen färbe auch auf die Geschwisterkinder und Eltern der Teilnehmer ab. Berit Böhme, dpa

Zum Bericht: Musiker Peter Maffay über Erziehung – “Musik trägt zur Herzensbildung bei”

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