FRANKFURT/MAIN. Undercover-Journalist Günter Wallraff sieht nach den jüngsten Enthüllungen in Schulküchen besonders die Kommunen in der Pflicht. Schulverpflegern rät er offen zu provokanten Aktionen. “Ich finde, man könnte Kommunen, Schulen und Eltern durchaus mit A-, B- und C-Standards beim Essen konfrontieren”, sagt Wallraff im Interview mit der Wirtschaftsfachzeitschrift gv-praxis.
Der Preis für ein Essen nach Standard C würde zum Beispiel bei weit unter 3 Euro liegen. Zum Einsatz kämen hier überwiegend billige Fertigprodukte, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum zu Teil mehrfach verlängert werde – etwa durch tiefkühlen. “Hier sollte vielleicht ähnlich wie bei Zigaretten ein Warnhinweis draufstehen, wie beispielsweise “Essen auf eigene Gefahr”.” Da würden Eltern ins Grübeln kommen, ist der Enthüllungsjournalist überzeugt.
Er ermutigt Schulverpfleger ausdrücklich, das Preisdumping offensiv anzusprechen und gegebenenfalls mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen zu untermauern. “Wenn bei Ausschreibungen am Ende trotz aller Qualitätsbekundungen immer nur der Allerbilligste den Zuschlag erhält, ist das ein Unding”, so Wallraff gegenüber gv-praxis. Schulverpfleger würden da automatisch in die Versuchung kommen, bestimmte Praktiken zuzulassen, wie etwa am Personal oder beim Einkauf zu sparen.
Doch Wallraff sieht gemeinsam mit RTL-Journalistin Stefanie Albrecht auch die Politik in der Pflicht, denn nicht alle Eltern können sich heute ein hochwertiges Essen zu einem adäquaten Preis für ihren Nachwuchs leisten. Neben bundesweiten Qualitätsstandards sehen die beiden deshalb höhere Subventionen für die Schulverpflegung als ein Mittel, das Mensaangebot langfristig zu verbessern. Einige Nachbarländer wie Norwegen würden hier bereits mit gutem Beispiel vorangehen.
Das “Team Wallraff” hatte Anfang Juni mit seiner RTL-Reportage bundesweit für Entsetzen gesorgt. Aufgedeckt wurden unter anderem Missstände in Schulküchen. Schon im letzten Jahr hatte eine Studie festgestellt: Das Schulessen ist zu günstig, um gesund zu sein. Die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung in Magdeburg erklärte darin, ein Mittagessen in der Schule entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung würde zwischen 3,14 und 4,25 Euro kosten. Der Durchschnittspreis etwa in Sachsen-Anhalt liege aber bei rund zwei Euro. Schulessen steht immer wieder in der Kritik, weil es zu wenig Obst und Gemüse und dafür zu viel Fleisch enthält. Zudem werde es oft stundenlang warmgehalten. nin/dpa
Phonix zeigt dazu am 13. August um 18 Uhr eine Reportage “Schulessen mangelhaft”

