Website-Icon News4teachers

Sachsen-Anhalt: Run von Seiteneinsteigern auf freie Lehrer-Stellen

MAGDEBURG. Sachsen-Anhalt sucht händeringend neue Lehrer. Jüngst schrieb das Land knapp 900 Stellen aus. Mehr als 1000 Bewerber haben sich gemeldet – doch alle Stellen können wohl trotzdem nicht besetzt werden. Die Hälfte der Kandidaten hat nämlich keine pädagogische Qualifikation.

Die Tür für Seiteneinsteiger in den Schuldienst ist weit offen. Illustration: Shutterstock

Für die zuletzt ausgeschriebenen rund 900 Lehrerstellen in Sachsen-Anhalt haben sich 1060 Bewerber gemeldet. Sie gaben insgesamt rund 10.200 Bewerbungen ab, wie das Bildungsministerium auf Anfrage mitteilte. Im Schnitt schrieb jeder Kandidat demnach rund zehn Bewerbungen. Nur weniger ein Fünftel der Bewerber (190) absolviert derzeit das Referendariat im Rahmen der Lehrerausbildung. Fast die Hälfte aller Bewerbungen kam den Angaben zufolge aber von Seiteneinsteigern ohne Lehramtsstudium.

Ausgeschrieben waren 800 Stellen an allgemeinbildenden Schulen und 95 an Berufsschulen. Für neun Stellen habe es in der jüngsten Runde keine Bewerbung gegeben, sagte ein Ministeriumssprecher. Es ist den Angaben zufolge die größte Ausschreibung, die es im Land je gab.

Anzeige

In vergangenen Ausschreibungsrunden waren Stellen oft unbesetzt geblieben. Wie viele Stellen nun tatsächlich besetzt werden können, lasse sich noch nicht sagen, hieß es. Derzeit würden die Angaben der Bewerber geprüft, was vor allem bei den Seiteneinsteigern aufwendig sei. Für schwer besetzbare Stellen zahlt das Land inzwischen Zulagen. Die Erwartungen des Ministeriums an die aktuelle Ausschreibungsrunde hätten sich voll erfüllt, sagte der Sprecher.

Sachsen-Anhalt kämpft seit längerem mit einem Mangel an Pädagogen. Viele ältere Lehrer gehen in den Ruhestand und müssen ersetzt werden. Zudem nehmen viele Lehrer Elternzeit, Schülerzahlen stiegen stärker als zunächst prognostiziert. Nach Expertenberechnungen muss das Land jedes Jahr mehr als 700 neue Lehrer einstellen. Bildungsminister Marco Tullner (CDU) hatte für 2019 als Ziel rund 1000 Einstellungen ausgegeben. Im vergangenen Jahr wurden seinen Angaben zufolge 1050 neue Lehrer eingestellt, gleichzeitig gingen rund 800 Pädagogen in den Ruhestand.

Die Bildungsgewerkschaft GEW hatte die geplanten Neueinstellungen als nach wie vor unzureichend kritisiert. Bestenfalls gelinge es, die ausscheidenden Lehrer zu ersetzen. Wegen der steigenden Schülerzahl brauche es aber mehr Lehrer im System. Das Land will eigentlich so viele Pädagogen beschäftigen, dass rechnerisch 103 Prozent aller Unterrichtsstunden gegeben werden können. Dadurch soll es einen Puffer für erkrankte oder ausfallende Kollegen geben. Trotz Neueinstellungen war der statistische Wert zuletzt aber unter die 100-Prozent-Marke gefallen.

Die Linke bezeichnete die Bewerberlage als alarmierend. Da fast die Hälfte der Bewerber Seiteneinsteiger sind, müssten die Qualifizierungsmöglichkeiten für sie deutlich verbessert werden, forderte die bildungspolitische Sprecherin der Oppositionsfraktion, Monika Hohmann. Zudem brauche es eine Dauerausschreibung, die Referendaren ganzjährig die Möglichkeit zum Einstieg in den Lehrerberuf biete. «Jede ausgebildete Lehrkraft, die in unseren Schulen arbeiten möchte, muss ihren Weg in den Landesdienst finden können», sagte Hohmann.

Die Lehrer der aktuellen Bewerbungsrunde sollen spätestens zum nächsten Schuljahr vor den Klassen stehen. Für offen bleibende Stellen soll es im Mai eine neue Runde zur Nachbesetzung geben. dpa

Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf landen meist an den Schulen, wo die Herausforderungen am größten sind – VBE: “Ein Teufelskreis”

Die mobile Version verlassen