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Bund fördert mobile Luftfilter für Kitas und Schulen – zu spät? “Schulträger, die sich schnell entscheiden, werden bedient. Die anderen nicht”

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BERLIN. Über ein Jahr lang haben Bund und Länder den Einsatz von mobilen Luftreinigern in Kitas und Schulen schlechtgeredet – jetzt, kurz vor Beginn des neuen Schuljahres, entdecken Politiker die Wirkung der Geräte im Kampf gegen Coronaviren in Klassen- und Gruppenräumen. Und die Bundesregierung legt plötzlich ein 200-Millionen-Euro-Programm zur Anschaffung auf. Der Physiker Prof. Christian Kähler, Leiter des Instituts für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Universität der Bundeswehr München, hat in großen Studien gezeigt, wie wichtig die Geräte zum Schutz der Schüler und Lehrkräfte sein können, wurde aber monatelang vom Umweltbundesamt (UBA) und von den Kultusministern ignoriert. News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek sprach mit dem Wissenschaftler.

Dieser Klassenraum in einer Grundschule im bayerichen Neubiberg wurde nach dem Konzept von Prof. Kähler ausgestattet – mit Luftfilter und Plexiglaswänden. Foto: Shutterstock / Alexandra Goertz

News4teachers: Sind Sie zufrieden damit, dass jetzt – endlich – ein Förderprogramm für mobile Luftfilter kommen soll?

Kähler: Ja, dafür habe ich lange gekämpft. Es ist auch richtig, dass der Bund die Geräte fördert. Die Kommunen allein wären damit überfordert.

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News4teachers: Warum hat das Umweltbundesamt sich so schwergetan, mobile Luftfilter zu empfehlen?

Kähler: Schwer zu erklären. Ich glaube, viele Mitarbeiter sind schon lange davon überzeugt, dass der Einsatz von mobilen Luftreinigern ein wichtiger Baustein in der Pandemie-Bekämpfung sein kann.

News4teachers: War es politische Rücksichtnahme der Hausleitung?

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“Mit den mobilen Raumluftreinigern können sie das indirekte Infektionsrisiko in Schulen nahezu vollständig ausschließen, wenn sie die richtig betreiben. Das direkte Infektionsrisiko können sie mit transparenten Schutzwänden minimieren.” Prof. Christian Kähler

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Kähler: Mag sein. Ich habe diese extrem ablehnende Haltung schon früh erfahren. Es gab vor mehr als einem Jahr eine Expertenrunde im Bundeswirtschaftsministerium, zu der ich eingeladen worden war. Damals hatte ich meine Untersuchungen noch nicht veröffentlicht – habe aber erklärt, dass ich zu sehr ermutigenden Ergebnissen gekommen bin. Sofort kam allerdings die Reaktion vom Robert-Koch-Institut und vom Umweltbundesamt: Wir werden diese Geräte nicht empfehlen, so hieß es.

Das vorgebrachte Argument war, dass die Leute womöglich in den Elektronikfachhandel strömen, sich billige Luftfilter kaufen und dann in falscher Sicherheit wiegen würden. Das wäre so, als würde ich das Tragen von Helmen beim Rad-, Ski- oder Motorradfahren nicht empfehlen, weil sonst Menschen sehr viel risikoreicher fahren könnten. Studien haben aber gezeigt, dass Menschen, die sich mit Helmen schützen, nicht nur besser geschützt sind, sondern auch vorsichtiger sind, weil sie sich mit den möglichen Gefahren auseinandergesetzt haben.

Bei den Luftreinigern wäre der richtige Weg gewesen, über die Voraussetzungen zu informieren, die die Geräte mitbringen müssen, damit sie sicher betrieben werden können: vor allem eine Luftwechselrate pro Stunde, die mindestens dem sechsfachen des Raumvolumens entspricht, ein Filter der Klasse H14 und eine so niedrige Betriebslautstärke, dass sie nicht stört. Was mir auch aufgefallen ist: Das UBA hat nach der Sitzung schnell erklärt, wir fassen das dann mal zusammen – es hat das Protokoll der Sitzung an sich gezogen. Und damit auch die Deutung der Ergebnisse.

“Unsere Bürokraten verwalten lieber den Mangel, als nach Lösungen zu suchen, den Mangel zu beheben”

News4teachers: Ähnliches ist Ihnen dann auch bei der Kultusministerkonferenz passiert…

Kähler: Ja, dort ist es ähnlich gelaufen.

(Hintergrund, d. Red: Nach einer Expertenanhörung zum Thema Lüften im vergangenen Herbst hatte die KMK in einer Pressemitteilung behauptet: „Im Ergebnis kamen die Wissenschaftler überein, dass der Einsatz solcher Geräte grundsätzlich nicht nötig sei, wo Räume über Fenster gelüftet werden können.“ Kähler, der als einziger anwesender Wissenschaftler selbst zum Thema geforscht hatte, stellte anschließend gegenüber News4teachers fest: „Ich teile die in der Pressemitteilung aufgeführte Meinung nicht, weil meine experimentellen Analysen diese Meinung nicht stützen.“ Der Text war mit ihm nicht abgestimmt worden, wie News4teachers berichtete.)

News4teachers: Was hätte stattdessen passieren müssen?

Kähler: Man hätte das Thema frühzeitig ergebnisoffen in einer Expertenrunde besprechen und nach praktikablen Lösungen suchen müssen. Das ist leider nicht passiert. Es wurden lediglich Raumlufttechnische Anlagen empfohlen, die sich überhaupt nicht schnell einbauen lassen. Dafür müssen an den Schulgebäuden Kernbohrungen vorgenommen werden, die Statik, der Brandschutz, Asbest müssen geprüft werden, die Beschaffung muss über EU-weite Ausschreibungen laufen und man benötigt unzählige Handwerksunternehmen für deren Einbau. Das dauert alles in allem Jahre. Da frage ich mich schon, ob diejenigen, die so etwas empfehlen, den Bezug zur Realität verloren haben. So kann man in einer Krise, in der die Zeit drängt, nicht arbeiten.

News4teachers: Es gibt in Deutschland 500.000 Klassenräume – und wohl nochmal so viele Gruppenräume in den Kitas. Ist es realistisch, jetzt noch kurz vor Schuljahresbeginn und der dann bald beginnenden kalten Jahreszeit alle Bildungseinrichtungen mit den Geräten ausstatten zu können?

Kähler: Nein. Diejenigen Schulträger, die sich jetzt ganz schnell für die Anschaffung entscheiden, werden bedient werden. Die anderen nicht. Die Ursache ist ein systematisches Problem in Deutschland. Unsere Bürokraten verwalten lieber den Mangel, als nach Lösungen zu suchen, den Mangel zu beheben. Diese Lösungen redet man dann lieber schlecht, damit kein Bedarf entsteht. Ähnliches haben wir ja auch bei den Masken erlebt, die lange für unnötig erklärt wurden, anstatt der Industrie frühzeitig Anreize und Planungssicherheit zu geben, um hochwertige Masken in der gewünschten Stückzahl zu fertigen. Stattdessen hat man sie erst schlecht geredet, um die Nachfrage zu reduzieren und als das Konzept nicht aufging, hat man die Zertifizierungsstandards für die Fertigung von Masken gelockert, um schnell Masken in großer Stückzahl aus China zu erhalten, die aber nichts taugen und kaum Schutz bieten.

Hätte sich die Politik frühzeitig die Anzahl der erforderlichen mobilen Luftreiniger mit den Kommunen ermittelt und mit Wissenschaftlern Kriterien erarbeitet, die diese Luftreiniger erfüllen müssen, um einen wirksamen Schutz vor indirekten Infektion zu bieten, dann hätte man ein attraktives Förderprogramm mit ausreichender Laufzeit aufsetzen können. Das hätte viele Unternehmen in Deutschland motiviert, die Geräte entsprechend der Kriterien in großer Stückzahl zu fertigen. Welcher Unternehmer stellt sich denn ein paar Hunderttausend Geräte auf Halde in der vagen Hoffnung, dass die Politik irgendwann mal zur Einsicht kommt? Jetzt bekommen wir vielleicht auf die Schnelle 100.000 oder 200.000 Geräte zusammen. Allerdings glaube ich nicht, dass die Industrie der Flaschenhals ist – das wird die Bürokratie sein.

Es wird ja weiter gebremst. Jetzt wird gefordert, zusätzliche Studien zur Wirkung der mobilen Luftfilter zu betreiben. Ja, was soll denn da noch festgestellt werden? Dass die Geräte das leisten, was sie leisten sollen, ist doch gar keine Frage mehr. Es wurde ja auch nicht gezeigt, dass die Fensterlüftung Infektionen verhindert, und trotzdem haben sich alle darauf verlassen – obwohl wissenschaftlich klar ist, dass die Fensterlüftung eben nicht reicht. Es ist nicht mal gezeigt, dass die Impfung keine langfristigen Nebenwirkungen hat und trotzdem werden weltweit Millionen von Menschen geimpft. Ob jetzt in einem Klassenraum mit besonderen Lüftungsbedingungen die Luftreiniger zehn Prozent besser wirken als in einem anderen – sollen wir das jetzt ernsthaft für 500.000 Klassenräume ermitteln? Ein überbürokratisches Land wie Deutschland ist offenbar nicht mehr in der Lage, auf drängende Probleme schnelle, praktikable Lösungen zu finden. Nur wenn die Lösungen nichts kosten, wie die Fensterlüftung, oder starke Lobbygruppen Druck auf die Politik ausüben, um die Gelder in ihre Bereiche zu leiten, wie bei den Schnelltest und den Förderprogrammen für Raumlufttechnischen Anlagen, geht es schnell.

Aber auch wenn jetzt mobile Luftfilter gefördert werden – wir dürfen nicht denken, dass das reicht. Diese Geräte können nur indirekte Infektionen verhindern. Zum Schutz vor der viel gefährlicheren direkten Infektionsgefahr müssen auch unbedingt transparente Schutzwände in die Klassenräume, damit während des Unterrichts keine Masken mehr getragen werden müssen. Wenn die Kinder ihren Platz verlassen und durch das Gebäude gehen oder im öffentlichen Nahverkehr unterwegs sind, dann sollten sie sich mit FFP2 Masken schützen, um auch auf dem Schulweg vor Infektionen sicher zu sein.

“Durch die Kombination aus Raumluftreiniger und Schutzwand kann ein weitgehend normaler Unterrichtsbetrieb realisiert werden”

News4teachers: Sie sprechen das von Ihnen entwickelte Konzept an, das ein hohes Maß an Infektionssicherheit für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte verspricht. Das besteht in Klassenräumen vor allem aus Luftfiltern – und eben Plexiglaswänden. Zwei Schulen in der bayerischen Gemeinde Neubiberg haben ihre Vorschläge bereits im November 2020 umgesetzt.

Kähler: Die Kinder und Jugendlichen können sich durch die Kombination aus Raumluftreiniger und Schutzwand im Klassenraum vollständig auf den Unterricht konzentrieren und müssen nicht Angst vor einer Infektion haben, bei geöffneten Fenstern frieren oder ständig an das richtige Tragen von Masken denken. Somit kann ein weitgehend normaler Unterrichtsbetrieb realisiert werden. Wenn die Kinder am Tisch sitzen, kann auf Masken verzichtet werden. Die Wände schützen ja vor direkten Infektionen. Und der Luftfilter vor der indirekten. Masken müssten dann nur noch getragen werden, wenn der Platz verlassen wird oder die Kinder durch das Gebäude gehen und im öffentlichen Nahverkehr unterwegs sind.

News4teachers: Wie sind die Erfahrungen?

Kähler: Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Die Lautstärke der Geräte – die oft als Argument gegen sie angeführt wird – ist in der Praxis kein Problem. Sie sind nicht laut. Es reicht auch aus, normal zu lüften. Schüler und Lehrer müssen also im Winter nicht bei offenen Fenstern im Unterricht sitzen. Die Geräte verbrauchen auch nicht viel Strom: 150 Watt – ein einfacher Fön braucht zehnmal mehr. Wichtig ist auch der psychologische Aspekt: Viele Eltern und Schüler sind verunsichert. Die mobilen Luftfilter zeigen: Es wird etwas Wirkungsvolles getan. Das hilft Eltern und Kindern, wieder zurück in einen normalen Schulbetrieb zu finden. Das Vertrauen kehrt zurück.

News4teachers: Und wie sieht es mit Infektionen aus?

Kähler: Es gab in der Grundschule in Neubiberg seit November, als die Klassenräume ausgestattet wurden, zwei infizierte Kinder, die von einer Urlaubsreise zurückgekehrt waren. Ansteckungen gab es an der Schule keine.

News4teachers: Was würde es kosten, Ihr Konzept auf alle Schulen in Deutschland zu übertragen?

Kähler: Ich habe überschlagen, dass dafür 1,5 Milliarden Euro aufzuwenden wären, also keine Unsummen für einen Staat wie Deutschland. Zumal ein Großteil des Geldes für Beschäftigung sorgt und in Form von Steuern und Sozialbeiträgen zurückfließen würde. Ließen wir die Schulen ungeschützt, wären die wirtschaftlichen und sozialen Kosten zweifellos um ein Vielfaches höher. Es ist auch zu bedenken, dass die Betriebskosten des Schutzkonzeptes sehr gering sind. Da die Pandemie weder einfach noch schnell überwunden werden kann, ist das ein ganz wesentlicher Punkt. Schulschließungen, aufwändige Teststrategien, die die Kinder wirklich schützen, oder dauerhaftes Tragen guter Masken sind Konzepte, die schon nach wenigen Monaten viel teurer sind und die darüber hinaus viel unangenehmere Nebenwirkungen für die Kinder haben. News4teachers

Wie ein Klassenraum mit gutem Corona-Schutz für Schüler und Lehrer aussieht

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