Die zukünftige rot-rote Koalition in Mecklenburg-Vorpommern wird ihren Schwerpunkt auf die Zukunft der Kinder setzen. «Dafür steht der gebührenfreie Bildungsweg von Anfang an, von Krippe über Kindergarten und Schule bis hin zur Ausbildung und Studium», sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in Schwerin nach dem Ende der sechsten Verhandlungsrunde zwischen SPD und den Linken.
Simone Oldenburg von den Linken bekräftigte bei der Vorstellung der umfangreichen Bildungsinitiative, dass im Rahmen des Programms «Aufbruch 2030» 1000 Lehrerstellen besetzt werden sollen. Damit sollen die Arbeits- und Unterrichtsbedingungen für Lehrer und für Kinder und Jugendliche verbessert werden. Die 1000 neuen Lehrer kämen zusätzlich zu den 3000 Lehrern, die in den kommenden fünf Jahren in den Ruhestand gehen werden, betonte Oldenburg.
Das Problem: Es gibt nicht genügend Bewerberinnen und Bewerber. Im Bildungssystem gebe es augenblicklich 250 unbesetzte Stellen, die wiederbesetzt werden sollen. Die Verkürzung des derzeit noch 18-monatigen Referendariats werde geprüft, das Lehramtsstudium soll reformiert werden. Zusammen mit einer Verkürzung der bislang sechs bis acht Wochen dauernden Einstellungszeiten versprechen sich SPD und Linke davon, mehr Lehrer für die Schulen im Land begeistern zu können.
„Wir intensivieren die Praxiszeit für angehende Grundschullehrkräfte schon während des Studiums“
Insbesondere eine Verkürzung des Referendariats dürfte zu Diskussionen führen. Schon im vergangenen Jahr hatte es einen entsprechenden Vorstoß des SPD-geführten Bildungsministeriums in Schwerin für angehende Grundschullehrkräfte gegeben. „Wir bilden die erhöhten Anforderungen bereits stärker im Studium ab und wollen Grundschullehrkräfte noch besser auf ihre Tätigkeit vorbereiten“, so begründete Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) seinerzeit die Pläne. „Wir intensivieren die Praxiszeit für angehende Grundschullehrkräfte schon während des Studiums.“ Dies sei ein wichtiger Schritt, um die Lehrerbildung im Grundschulbereich insgesamt zu verbessern.
Ist es das? Widerspruch kam vom Bundesverband (bak) Lehrerbildung, in dem bundesweit Lehrerausbilderinnen und -ausbilder organisiert sind. „Für uns steckt darin eine deutliche Qualitätsminderung“, sagte Bundesvorsitzender Helmut Klaßen gegenüber News4teachers. Er sah in der Maßnahme eine „versteckte Sparmaßnahme“.
Klaßen brach eine Lanze für das Referendariat: „Eine qualitativ hochwertige Lehrerausbildung wird vor allem durch die Zweite Phase gesichert. Es geht darum, eine starke kohärente Verschränkung zwischen Theorie und Praxis herzustellen. Dabei ist eine kontinuierliche personelle Begleitung und auch eine individuelle Beratung wichtig, auch um die Persönlichkeit der angehenden Lehrerinnen und Lehrer zu stärken. Das kann von den Universitäten nicht geleistet werden“, sagte er.
“Die hohen praktischen Ansprüche, die an den Beruf gestellt werden, sind nicht mal eben zu vermitteln”
Ursprünglich habe das Referendariat bundesweit zwei Jahre gedauert – das ist lange vorbei. Klaßen: „Bayern ist heute das einzige Bundesland, das jetzt noch ein 24-monatiges Referendariat hat, allerdings mit einer anderen Ausbildungsstruktur als in den anderen Bundesländern. In den meisten Bundesländern liegt das Referendariat bei 18 Monaten.“ Und auch das sei schon zu kurz. Die hohen praktischen Ansprüche, die an den Beruf gestellt würden, seien nicht „mal eben“ zu vermitteln, „dafür sind 18 Monate schon das Minimum“. Und jetzt komme noch das große Feld „Bildung in der digitalen Welt“ mit hinein.
Auch der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR) hat sich zu Wort gemeldet. „Eine Verkürzung des Referendariats, wie sie Manuela Schwesig anstrebt, ist eine verkappte Sparmaßnahme und wird dem Lehrermangel in keiner Weise entgegenwirken“, kommentiert Bundesvorsitzender Jürgen Böhm den Vorstoß.
“Das macht den Lehrerberuf sicher nicht attraktiver, sondern verschlechterte die Situation auf lange Sicht!“
Das Referendariat sei die zweite wichtige Phase der Lehrerausbildung und bereite die angehenden Lehrkräfte intensiv auf die spätere Tätigkeit vor. Praxis, Didaktik und Methodik könnten sich hier vereinen und bildeten die Grundlage für einen qualitativ hochwertigen Unterricht, so Böhm. „Diese Phase zu kürzen, raubt den jungen Menschen wertvolle Zeit ihrer Ausbildung und hätte vermutlich nur den Effekt von Einsparmaßnahmen in der späteren Besoldung. Das macht den Lehrerberuf sicher nicht attraktiver, sondern verschlechterte die Situation auf lange Sicht!“, stellt Böhm klar. „Dem Lehrermangel kann man nur durch Qualität und eine möglichst differenzierte Ausbildung entgegenwirken, damit die Lehrkräfte bestens vorbereitet sind“, wertet Böhm die geplante Maßnahme.
Für die designierte Koalition ist eine Reform der Lehrerausbildung indes nur ein Baustein. Ein weiteres Detail der Vereinbarung für Mecklenburg-Vorpommern sei, dass 280 Lehrerstellen, die bis 2024 befristet sind, nicht auslaufen werden. «150 Stellen werden für die Berufsschul-Offensive kommen.» Dort gebe es einen Bedarf für eine bessere Lehrer-Schüler-Quote. Für Lehrer sollen zudem Arbeitszeitkonten für zusätzlich geleistete Stunden eingeführt werden, damit sie früher in die Rente gehen könnten oder am Ende der Lebensarbeitszeit weniger belastet werden. Es werde «sehr, sehr viel Geld» in die Schulen investiert, fasste Oldenburg zusammen. News4teachers / mit Material der dpa
Mit nur zwölf Monaten Referendariat zum Lehrer – Verband schlägt Alarm
