DÜSSELDORF. Bundesländer rechnen mit der zügigen Aufnahme von geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine in den Schulbetrieb. „Sobald die geflüchteten ukrainischen Familien aufenthaltsrechtlich einer Kommune zugeordnet sind, besteht für die Kinder und Jugendlichen Schulpflicht“, hieß es am Donnerstag beispielsweise aus dem Schulministerium von Nordrhein-Westfalen. Der VBE warnt die Politik davor, die Schulen (einmal mehr) mit der Herausforderung allein zu lassen.
„Wir werden an den Schulen alles Nötige unternehmen, um Familien aus der Ukraine Halt zu geben“, verspricht die KMK-Präsidentin, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Konkretes (wer zum Beispiel ist „wir“ – die Lehrkräfte? Oder das Ministerium?) äußert sie dazu bislang nicht. Auch in anderen Bundesländern ist wenig Genaues zu erfahren. Es gebe noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Zahl der zu erwartenden Schülerinnen und Schüler oder die vermutliche Dauer ihres Schulbesuchs, erklärt etwa das NRW-Schulministerium.
„Es braucht vor allem die kurzfristige Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen, die die Schulen unbürokratisch abrufen können“
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) weiß allerdings schon mehr: „Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerkes UNHCR befanden sich am 3. März 2022 – Tag sieben des russischen Überfalls auf die Ukraine – bereits über eine Million Menschen, größtenteils Frauen und Kinder, auf der Flucht. Perspektivisch gehen Expertinnen und Experten davon aus, dass deutlich mehr als 100.000 Menschen auch in Deutschland Schutz suchen werden. Wir können davon ausgehen, dass zwei Drittel von ihnen Kinder und Jugendliche sind“, so heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands.
Bundesvorsitzender Udo Beckmann erklärt darin: „Die Politik muss in einer Verantwortungsgemeinschaft aus Bund, Ländern und Kommunen schnellstmöglich geeignete Maßnahmen ergreifen und die Schulen in die Lage versetzen, Flüchtlingskinder aufzunehmen. Dabei kann sie auf die Erfahrungen aus dem Jahr 2015 zurückgreifen. Es braucht vor allem die kurzfristige Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen, die die Schulen unbürokratisch abrufen können.“
Klar sei schon jetzt, dass die vorhandenen Raumkapazitäten kaum ausreiche und dass das pädagogische Personal in den Schulen durch Corona seit zwei Jahren über Gebühr belastet sei.
„Wir sind sicher, dass die Lehrkräfte trotzdem alles tun werden, um geflüchteten Kindern und Jugendlichen bestmögliche Bildungschancen zu ermöglichen“, sagt Beckmann – betont aber auch: „Bereits 2015 hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass Lehrkräfte auf die Beschulung von Kindern vorbereitet werden, die vom Horror dessen, was derzeit in der Ukraine passiert, traumatisiert sind, die Familienmitglieder verloren haben und entwurzelt wurden. Hinzu kommt die Sprachbarriere. Für all dies benötigen die Schulen dringender denn je die Unterstützung durch multiprofessionelle Teams aus Schulpsychologinnen und -psychologen, Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern sowie Schulgesundheitsfachkräften. Besonders wichtig ist auch, dass genügend Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache zur Verfügung stehen und die Schulen für die notwendige Kommunikation mit Eltern und Schülerinnen und Schülern flexibel auf Dolmetscherinnen und Dolmetscher zugreifen können.“
Das Schulministerium geht davon aus, dass die geflüchteten Kinder und Jugendlichen an ihre bisherigen Schullaufbahnen anknüpfen
Von multiprofessionellen Teams an Schulen ist im NRW-Schulministerium allerdings keine Rede. Das geht davon aus, dass die geflüchteten Kinder und Jugendlichen grundsätzlich an ihre bisherigen Schullaufbahnen anknüpfen könnten, wie es auf Anfrage heißt. Zur Vermittlung der deutschen Sprache stehen einem Sprecher zufolge „viele Lehrkräfte“ mit der Qualifikation Deutsch als Zweitsprache oder auch Deutsch als Fremdsprache zur Verfügung. Die Schulämter übernähmen die Zuweisung an die Schulen nach Beratung mit den ankommenden Familien aus der Ukraine, so dass die Kinder „den für sie am besten passenden Schulplatz bekommen“. Vielerorts könne Lehrpersonal an den Kommunalen Integrationszentren diese Beratung übernehmen. Der Unterricht erfolge je nach Leistungsstand und Deutschkenntnissen entweder in den regulären Klassen – oder zunächst in eigenen Lerngruppen.
Zudem habe das Schulministerium mit Planungen begonnen, um einen herkunftssprachlichen Unterricht „Ukrainisch“ anbieten zu können, erklärt der Ministeriumssprecher. Dazu solle es in Kürze erste Stellenausschreibungen geben, die sich an ukrainischsprachige Lehrkräfte richteten. „Wenn auf ihrer Flucht aus der Ukraine auch Lehrkräfte nach NRW kommen, sind diese im nordrhein-westfälischen Schuldienst willkommen.“ Deutsche Sprachkenntnisse seien allerdings ein entscheidendes Kriterium für die Einstellung. Im Klartext: Mit einer nennenswerten Zahl ist wohl kaum zu rechnen. News4teachers / mit Material der dpa