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Wut auf Lehrkräfte: Corona-Leugner verschicken Drohbriefe an Schulen – Bildungssenatorin schaltet die Staatsanwaltschaft ein

BERLIN. Astrid-Sabine Busse (SPD), Senatorin für Bildung, Jugend und Familie in Berlin, hat wegen Drohbriefen, die gleichlautend massive Gewaltdrohungen gegen Lehrkräfte enthalten, bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Die Schreiben, die per Post an viele Schulen verschickt wurden, stammen offenkundig von militanten Coronaleugnern. Der VBE warnt unterdessen die Politik davor, die Situation an den Schulen schönzureden – damit würden Konflikte geschürt.

Lehrkräften wird Gewalt angedroht. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty berichtete im Abgeordnetenhaus von 34 betroffenen Schulen in neun Berliner Bezirken. Der Verfasser oder die Verfasserin des Briefs warnt Lehrkräfte und Kollegien davor, an den Schulen im Herbst und Winter weitergehende Infektionsschutzmaßnahmen wie eine Maskenpflicht, Lüften oder anlassloses Testen umzusetzen. „Die eifrigsten Corona-Nazis Ihres Kollegiums greifen wir uns bevorzugt“, heißt es in den abstrusen Schreiben, die an die Schulleitungen verschickt wurden. Und: „Wir werden die Nasen brechen und mal einen aufschlitzen.“

„Solcherlei Einschüchterungsversuche gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen sind in keiner Weise hinnehmbar“

Da die Schulen handschriftlich adressiert wurden, sind den Ermittlungsbehörden nicht nur einzelne Briefe, sondern auch die entsprechenden Briefumschläge als Beweisstücke zur Verfügung gestellt worden.

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Bildungssenatorin Busse betont: „Solcherlei Einschüchterungsversuche gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen sind in keiner Weise hinnehmbar. Um hier ein klares Signal zu setzen, habe ich umgehend Strafanzeige erstattet. Jegliche Gewaltandrohungen gegen unsere Lehrkräfte, die in der Pandemie besonders gefordert waren und sind, stellen ein absolutes NoGo dar. Hierauf müssen wir alle entschieden reagieren.“

Die Bildungsverwaltung erklärt zum Hintergrund: Bis auf Weiteres blieben die derzeit geltenden Vorgaben hinsichtlich der Testpflicht bestehen. Die Testungen in den Schulen seien weiterhin freiwillig. Die Senatsbildungsverwaltung könne nach den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes bzw. der Basisschutzmaßnahmenverordnung des Senats eine Testpflicht in den Schulen dann anordnen, wenn dies zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen Infrastruktur erforderlich sei.

Und weiter: „Die Maskenpflicht wird gemäß den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes nur dann angeordnet, wenn dies zur Aufrechterhaltung des geregelten Präsenz-Unterrichtsbetriebs in der jeweiligen Schule erforderlich ist. Ob eine Maskenpflicht gilt, wird also bezogen auf die einzelne Schule getroffen – als Einzelfallentscheidung. Diese Entscheidung trifft das jeweilige bezirkliche Gesundheitsamt in Absprache mit der Schulaufsicht. Die Anordnung einer Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 4 ist entsprechend den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes des Bundes nicht mehr zulässig.“

Corona und Schule ist eines der größten Streitthemen in der Pandemie. Viele Lehrerinnen und Lehrer bekommen den Ärger direkt ab, wie eine im Mai vergangenen Jahres veröffentlichte repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des VBE zeigte (News4teachers berichtete). 22 Prozent gaben darin an, dass ihnen an der eigenen Schule Beschimpfungen, Bedrohungen oder Beleidigungen von Lehrkräften im „Zusammenhang mit der Durchsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen» bekannt sind. Von Beschimpfungen und Bedrohungen über E-Mail oder Chats berichteten 25 Prozent.

„Ich kann nur davor warnen, dass die Politik falsche Erwartungen weckt, weil dies zu Konflikten zwischen Eltern und Lehrkräften führen wird“

Rund sieben Prozent der befragten Lehrkräfte gaben seinerzeit an, persönlich von solchen Vorfällen betroffen gewesen zu sein. Das wären hochgerechnet fast 50.000 direkt Betroffene bei rund 700.000 Lehrern an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland.
Zum allergrößten Teil (84 und 87 Prozent) gingen die Angriffe demnach von Eltern aus, zum Teil kämen sie aber auch von Erwachsenen, die gar keine Kinder an der Schule hätten oder von Organisationen, die sich gegen die Corona-Maßnahmen, wie Maske-Tragen im Unterricht, aussprechen. Am häufigsten betroffen sind der Umfrage zufolge Grundschulen, am wenigsten Gymnasien.

Der VBE sieht auch das „Regelungschaos“ und die intransparente Kommunikation der Kultusministerien als Ursache. Noch am Freitag ermahnte VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann die KMK, die Schulschließungen kategorisch ausgeschlossen hatte: „Ich kann nur davor warnen, dass die Politik vor allem bei den Eltern falsche Erwartungen weckt, weil dies zu Konflikten zwischen Eltern und Lehrkräften führen wird.“ News4teachers / mit Material der dpa

KMK: Ob Energiekrise oder Corona – Schulen bleiben in jedem Fall geöffnet (VBE fragt: Und was tut ihr dafür?)

 

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