
In Nordrhein-Westfalen bewerten die Menschen die Schulen einer Umfrage zufolge «so schlecht wie in keiner anderen Region Deutschlands». Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Erhebung des ifo Zentrum für Bildungsökonomik (München). Sie beruht auf Antworten von mehr als 5.500 Erwachsenen bundesweit, darunter rund 1.250 Personen in NRW. Die Auswertung der bundesweiten Ergebnisse zeigt dem Autorenteam zufolge, dass sich die Zufriedenheit der Bevölkerung in Deutschland mit dem Schulsystem auf einem Tiefstand befinde – aber eben nirgends so tief wie in NRW.
Auf die Frage, welche Note sie den allgemeinbildenden Schulen im eigenen Bundesland geben würden, antworteten in NRW die meisten – 51 Prozent – mit der Note 3, also einem «befriedigend». Aber mehr als jeder Fünfte (22 Prozent) vergab die Schulnote 4 («ausreichend») und 7 Prozent bewerteten die Schulen in NRW mit der zusammengefassten Note 5-6. Nur 3 Prozent sagten «sehr gut» und 17 Prozent «gut». Zum Vergleich: In Bayern gaben 41 Prozent der Befragten ihrem eigenen System die Noten 1 oder 2 (News4teachers berichtete).
Der Verband Bildung und Erziehung NRW erklärte, die Landesregierung sei gefordert. «Die Menschen sind nicht unzufrieden mit den Schulen, sondern mit den Rahmenbedingungen, unter denen die Schulen in NRW arbeiten müssen», sagte die Landesvorsitzende Anne Deimel. Es fehlten attraktive Arbeitsbedingungen, ausreichende finanzielle Mittel und moderne Schulgebäude.
Laut «ifo Bildungsbarometer» sehen knapp 80 Prozent der Einwohner von Nordrhein-Westfalen den Lehrkräftemangel als ernsthaftes oder sehr ernsthaftes Problem. 73 Prozent halten mangelnde finanzielle Mittel und rund 66 Prozent nicht ausreichend sanierte Schulgebäude für ernsthaft oder sehr ernsthaft problematisch. Und 61 Prozent der Befragten sagten das zu Lernrückständen nach Corona. Aus der Umfrage gehe zudem hervor, dass für 79 Prozent der Befragten in NRW das Thema Schul- und Bildungspolitik wichtig für ihre Entscheidung bei Landtagswahlen sei, hieß es.
«Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir die Probleme, die sich in den vergangenen Jahren angestaut haben, nicht von heute auf morgen lösen können»
Die SPD-Landtagsfraktion forderte eine Kehrtwende in der Bildungspolitik. Die Schulfinanzierung sei nicht auf der Höhe der Zeit, sagte die schulpolitische Sprecherin der Oppositionsfraktion, Dilek Engin laut Mitteilung aus Düsseldorf. Es gebe große Qualitätsprobleme bei den Schülerkompetenzen. Nötig sei ein Startchancen-Programm, Fördermittel sollten sich strikt nach einem Sozialindex richten – zugunsten von Kindern und Jugendlichen an Schulen in nicht-privilegierten Standorten.
Die nordrhein-westfälische Schulministerin Dorothee Feller (CDU) sieht die Ergebnisse als «Ansporn, den eingeschlagenen Weg weiter fortzusetzen und besser zu werden.» Ein Maßnahmenpaket gegen den Lehrermangel sei zum Beispiel in der Umsetzung, mit mehr verbindlichen Lesezeiten sollen seit diesem Schuljahr Kompetenzen der Schüler gestärkt werden. «Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir die Probleme, die sich in den vergangenen Jahren angestaut haben, nicht von heute auf morgen lösen können.» Man wolle die Schulen unterstützen, damit es «Schritt für Schritt besser wird», teilte Feller mit.
Von einer absehbaren Verbesserung kann allerdings keine Rede sein. Im Gegenteil: Nordrhein-Westfalen gehört aus Sicht der wirtschaftsnahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) mit seinem Bildungssystem zu den Schlusslichtern in Deutschland. Im unlängst veröffentlichten Bildungsmonitor, einer Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des INSM, belegt NRW im Vergleich mit den anderen Bundesländern gemeinsam mit Brandenburg den drittletzten Platz. Dahinter liegen nur Sachsen-Anhalt und Bremen. Spitzenreiter ist Sachsen, gefolgt von Bayern und Thüringen (News4teachers berichtete).
Besonders schlecht schnitt NRW unter anderem beim Thema Bildungsausgaben ab. Verglichen mit den anderen Ländern gab NRW im Verhältnis zu seinen sonstigen Ausgaben den geringsten Betrag für seine Schulen aus – jetzt sollen sogar noch rund 50 Millionen Euro, die das Land für Inklusionsassistenten an Schulen pro Jahr ausgibt, eingespart werden (News4teachers berichtete auch darüber). Auch die Betreuungssituation ist laut Studie trotz Verbesserungen nach wie vor schlechter als in den anderen Ländern.
An anderen Stellen zeigt sich das Schulministerium weniger knauserig – so soll die landeseigene Schulplattform Logineo (die allein 2023 rund 23 Millionen Euro verschlingt) nun aufwendig saniert werden, ohne dass möglicherweise preisgünstigere Alternativen geprüft worden wären (was ebenfalls bereits Thema auf News4teachers war). News4teachers / mit Material der dpa