MARBURG. Mehrere germanistische Institute hessischer Universitäten wenden sich gegen das geplante Gender-Verbot im Entwurf des Koalitionsvertrags von CDU und SPD in Hessen. Man bitte die Politikerinnen und Politiker beider Parteien «mit größtem Nachdruck» darum, die entsprechende Formulierung nicht in den Koalitionsvertrag aufzunehmen, erklärten die Institute der Universitäten Gießen, Darmstadt, Kassel und Marburg in einer Stellungnahme.

In dem Entwurf des Koalitionsvertrags heißt es unter anderem: «Wir werden festschreiben, dass in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt.»
Aus Sicht der Institute wäre jedoch ein Verbot des Genderns mit Sonderzeichen durch den Entscheidungsstand des Rechtschreibrats nicht gedeckt. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hatte Genderzeichen im Juli weiterhin nicht als Kernbestand der deutschen Orthografie eingestuft. In einer neuen Ergänzung zum Thema Sonderzeichen führt der Rat allerdings das Gendern im Wortinneren – Doppelpunkt, Unterstrich und Sternchen – auf. «Die Entwicklung ist nicht abgeschlossen», so erklärte der Ratsvorsitzende Josef Lange (News4teachers berichtete).
Die Institute stellen nun fest: Die Sprachgemeinschaft müsse «nach Möglichkeiten einer adäquaten Kennzeichnung aller Geschlechteridentitäten im mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch suchen». Die in dem Entwurf zum Koalitionsvertrag genannten Universitäten, Schulen sowie der Rundfunk seien Orte, an denen verantwortungsbewusst mit dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe umgegangen werde. Im Hochschulalltag etwa seien die verschiedenen Formen des Genderns nicht mehr wegzudenken.
Ein Verbot des Genderns mit Sonderzeichen würde zudem nicht zuletzt an den Schulen «ein falsches Sprachbild bestärken», bei dem ein freier und selbstverantwortlicher Sprachgebrauch durch Gebote und Verbote ersetzt würde. «Dass gesellschaftliche Anforderungen an einen angemessenen Sprachgebrauch von der Sprachgemeinschaft ausgehandelt und nicht durch institutionelle Eingriffe oder Verordnungen geregelt werden, gehört zu den Errungenschaften einer Demokratie», so die Institute.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte – unmittelbar nach Veröffentlichung der jüngsten Pisa-Studie – ein Gender-Verbot für Schulen und Verwaltungen angekündigt (News4teachers berichtete auch darüber). News4teachers / mit Material der dpa
Mitglied des Rechtschreibrats sagt: „Gendern sollte nicht als Fehler gewertet werden“