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Eltern dürfen weiterführende Schulform nicht mehr frei entscheiden – Schüler dagegen

STUTTGART. Eltern sollen in Baden-Württemberg künftig die weiterführende Schulform für ihr Kind nicht mehr frei wählen dürfen. Die organisierte Schülerschaft hat sich gegen die Regierungspläne für eine verbindlichere Grundschulempfehlung ausgesprochen.

Ist eine verbindliche Grundschulempfehlung Teil der Lösung? (Symbolfoto) Foto: Shuttesrstock

Eine verbindliche Empfehlung wäre ein Rückschritt, sagte Joshua Meisel, Vorsitzender des Landesschülerbeirats einer Mitteilung zufolge am Donnerstag in Stuttgart. Dadurch werde die Bildungsgerechtigkeit in Baden-Württemberg eher behindert als gefördert.

In vielen Fällen beruhe die Empfehlung nicht auf dem tatsächlichen Potenzial der Kinder, sondern auf anderen Faktoren, etwa der Herkunft. «Im Grundschulalter ist es nicht gerechtfertigt, Schülerinnen und Schülern eine Richtung vorzugeben, die ihre künftige Schullaufbahn in solch hohem Maße bestimmt», so die Schülervertretung. Sie fürchtet, dass eine verbindliche Grundschulempfehlung Kinder schon in jungen Jahren stark unter Druck setzen werde.

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Die grün-schwarze Koalition hatte sich im Vorfeld der Gespräche mit der Opposition auf größere Reformvorschläge geeinigt. Dazu gehört, dass die Grundschulempfehlung wieder verbindlicher werden soll (News4teachers berichtete). Sie soll künftig aus drei Komponenten bestehen: Lehrerempfehlung, Leistungstest und Elternwunsch. Stimmen zwei davon überein, soll das den Ausschlag geben. Wollen die Eltern ihr Kind dennoch aufs Gymnasium schicken, soll das Kind künftig einen weiteren Test absolvieren.

Unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) war die verbindliche Grundschulempfehlung vor zwölf Jahren abgeschafft worden. Unlängst erklärte er dazu (News4teachers berichtete auch darüber): «Ich habe schon damals an die Eltern appelliert: Bitte ignorieren Sie die Grundschulempfehlung nicht, vertrauen Sie den Lehrern! Eltern weichen immer wieder vom Lehrervotum ab. Manche glauben, ihre Kinder gehören aufs Gymnasium, auch wenn der Lehrer zur Realschule rät. Diese Form der Selbstermächtigung beunruhigt mich. Klar sollen sich Menschen in einer Demokratie informieren und eine eigene Meinung bilden. Problematisch wird es, wenn sie glauben, dass sie alle gleich Experten sind.»

Der Philologenverband und der Realschullehrerverband fordern seit Jahren, die Wahlfreiheit der Eltern einzuschränken. «Die Freigabe der Grundschulempfehlung 2012 war ein Kardinalfehler in der baden-württembergischen Bildungspolitik, der den Abwärtstrend des schulischen Bildungserfolgs in Baden-Württemberg deutlich verstärkt hat», meint der Philologen-Landesvorsitzende Ralf Scholl.

Karin Broszat, Landesvorsitzende des Realschullehrerverbands, sagt: «Die Anzahl der durch die Unverbindlichkeit der Schulempfehlung mittlerweile gebrochenen, wenn nicht gar zerbrochenen Schulbiografien ist eklatant. Diese ideologisch fehlleitende Schulpolitik „versündigt“ sich geradezu an ganzen Generationen von Schülerinnen und Schülern und muss ein Ende haben!» Der freie Elternwille hinsichtlich weiterführender Schulwahl sei zur bloßen Beliebigkeit geraten. Verantwortungsbewusste Politik müsse handeln. «Die verbindliche Grundschulempfehlung wird nicht alle, jedoch nachweislich offensichtlich erhebliche Probleme im Bildungssystem kostenneutral und ohne teuer aufgelegte Programme lösen können.» News4teachers / mit Material der dpa

Umfragen: Gros der (Sek-I-)Lehrkräfte für verbindliche Grundschulempfehlung

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