BERLIN. Andrea Franke, Schulleiterin der Willy-Brandt Schule in Berlin-Wedding, wurde unlängst mit dem Deutschen Lehrkräftepreis als „vorbildliche Schulleitung“ ausgezeichnet. Warum? Weil sie zeigt, wie sich auch unter schwierigen Bedingungen eine Schule erfolgreich entwickeln lässt – mit Mut, Struktur, Empathie und konsequenter Ausrichtung auf Bildungsgerechtigkeit. Im folgenden Interview spricht sie über ihr Verständnis von Führung, die Kraft der Willkommenskultur, kluge Berufsorientierung und darüber, warum gute Schulleitung nicht glänzen, sondern andere zum Leuchten bringen will.

News4teachers: Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie von der Nominierung zum Deutschen Lehrkräftepreis erfuhren?
Andrea Franke: Ich bin kein Mensch, der seine eigenen Erfolge groß feiert. Ich freue mich viel mehr, wenn andere durch mein Tun Erfolge erreichen. Aber dass mein Kollegium mir auf diese Weise etwas zurückgegeben hat, das hat mich sehr berührt. Der Preis gehört meinem Kollegium, nicht mir allein. Ich bin vielleicht diejenige, die Ideen anstößt, Engagement zeigt, motiviert, offen ist für Wünsche – aber die Umsetzung, das tägliche Leben dieser Ideen, leisten die Kolleginnen und Kollegen. Davor habe ich allergrößten Respekt.
News4teachers: Welche Ideen verfolgen Sie denn für Ihre Schule, eine „Integrierte Sekundar-Schule zentral im Herzen von Berlin“, wie es auf Ihrer Homepage heißt?
Die Bewerbungsphase für den „Deutschen Lehrkräftepreis – Unterricht innovativ“ 2025 läuft. Machen Sie mit! Empfehlen Sie (als ehemaliger Schüler bzw. ehemalige Schülerin) Ihre frühere Lehrkraft! Würdigen Sie (als Kollegium) Ihre tolle Schulleitung! Oder bewerben Sie sich als Lehrkräfte-Team mit Ihrem innovativen Unterrichtskonzept! Einsendeschluss ist der 30. Juni 2025.
Über die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger des „Deutschen Lehrkräftepreises – Unterricht innovativ“ entscheidet nach einer intensiven Gutachterphase eine hochkarätig besetzte Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. David-S. Di Fuccia (Universität Kassel). Die Träger des Wettbewerbs, der Deutsche Philologenverband und die Heraeus Bildungsstiftung, wollen mit der Auszeichnung die Leistungen von Lehrkräften und Schulleitungen würdigen und in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rücken.
Andrea Franke: Die Vision, die wir generell haben, ist: kein Kind zu verlieren, keins aus unseren pädagogischen Händen zu lassen. Für alle Schülerinnen und Schüler offen zu sein, die bei uns ankommen – und natürlich auch für die Eltern – und so heterogen wie möglich in der Schülerschaft arbeiten zu können. Und im Moment lautet unsere eher nahe Vision: dass wir alle Schülerinnen und Schüler in eine Ausbildungs- oder Anschlussperspektive bringen. Wir arbeiten eng mit der IHK zusammen, wir sind die Pilotschule in Berlin für engagierte Berufsorientierung, haben unser BO-Konzept noch einmal erneuert, angepasst und auf ganz andere Füße gestellt. Wir möchten unseren Schüler*innen viele Einblicke in Berufe ermöglichen und sie sollen auch das Abitur oder eine Ausbildung machen können. Wir haben zudem eine schuleigene Berufs- und Bildungsmesse ins Leben gerufen.
News4teachers: Sie nennen Ihre Schule eine „Teamschule“. Wie binden Sie das Kollegium in die Entscheidungsprozesse mit ein?
Andrea Franke: Als Schulleiterin muss ich nicht alles allein entscheiden, sondern kann auch Verantwortung ein Stück weit meinem Team anvertrauen. Wir haben an unserer Schule eine Organisationsstruktur geschaffen, die ich mit aufgebaut habe – aber am Ende müssen alle mitarbeiten. Wir haben mittlere Führungsebenen eingeführt. Diese Kolleginnen und Kollegen haben Kompetenzen und Verantwortung entwickelt, können Entscheidungen treffen – und nicht alles muss über meinen Schreibtisch gehen. Nur wenn etwas nicht lösbar ist, kommen sie zu mir. Und dann ist es egal, ob es schon ein Drama ist oder nicht – wir lösen das Problem dann gemeinsam.
“Wir haben eine extrem umfangreiche Willkommenskultur”
News4teachers: Sie leiten Ihre Schule, die Willy-Brandt Schule in Wedding, seit 2015. Seitdem ist es gelungen, die Zahl der Schulschwänzer*innen zu halbieren und mehr Schulabgänger*innen zu einem Abschluss zu führen. Wie das?
Andrea Franke: Wir haben eine extrem umfangreiche Willkommenskultur. Bevor die Schülerinnen und Schüler überhaupt bei uns auf dem Stuhl im Klassenraum sitzen, versuchen wir, so viele positive Verbindungen wie möglich zur Schule aufzubauen. Eltern und Kinder führen bei mir persönlich ein mindestens halbstündiges Willkommensgespräch. Das klingt vielleicht ein bisschen wie ein Bewerbungsgespräch, aber es geht dabei nicht um Englisch-Vokabeln, Satzglieder oder Äquivalenzumformungen, sondern darum, den Menschen und die Familie kennenzulernen.
Und wie schön ist es, wenn man sich das vorstellt: Man bewirbt sich in einem Unternehmen, möchte dort arbeiten, und das erste, was passiert, ist, dass man den Chef kennenlernt – und der ist sympathisch. Man weiß gleich: Mit dem komme ich klar. Genau das sollen auch die Eltern erleben – die in unserem Fall oft aus bildungsfernen Haushalten kommen. Ich lobe die Kinder in diesem Gespräch ganz bewusst, konzentriere mich auf ihre Stärken und hebe diese hervor. Ich sage den Eltern, wie toll ich es finde, dass sie ihr Kind so weit gebracht haben, dass es nun hier sitzt. Natürlich sprechen wir auch über Schwächen oder Wünsche der Eltern und des Kindes.
Dann machen wir ein großes Fest – noch vor den Sommerferien – nur für die zukünftigen Siebtklässler. Sie lernen dabei schon ihre Klassenlehrer*innen kennen. Und dann geht es direkt am Anfang des Schuljahres auf Kennenlernfahrt. Das ist eine Klassenfahrt in den ersten drei Wochen der siebten Klasse. Dort können auch die Eltern mitfahren, wenn sie das möchten.
Ein zweiter Punkt ist Versäumnisanzeigen schreiben. Ich kann gar nicht oft genug betonen, wie wichtig das ist – und wie sehr ich Grundschulen ermutigen möchte, konsequent zu handeln. Wenn ein Kind fünfmal unentschuldigt fehlt, muss ich mir Gedanken machen. Und dann sehe ich in Schülerakten: In der Grundschule wurden teilweise keine Schulversäumnisanzeigen geschrieben – oder so gut wie keine. Dann kommen die Kinder zu uns, und ich fange an, solche Maßnahmen einzuleiten.
“Wir tun alles, was möglich ist, um das Kind zu unterstützen und lassen auch die Lehrkräfte damit nicht allein”
Ich kündige das auch an – mit einem Brief: Achtung, Ihr Kind ist zweimal nicht erschienen – oder es war unpünktlich. Dann machen wir Vereinbarungen mit den Eltern. Wir reden über die Probleme: Vielleicht sind die Eltern früh aus dem Haus und haben nicht im Blick, ob ihr Kind wirklich zur Schule geht. Wir führen auch viele Übergangsgespräche. Wir schauen uns die Schülerakten an, reden mit den Lehrkräften der Grundschulen: Was ist mit diesem oder jenem Schüler? Wo können wir ansetzen, damit wir nicht wieder bei null anfangen müssen?
Wir führen halbjährlich Bilanzgespräche, holen die Eltern ins Boot, bilden Kooperationen – nicht gegen das Kind, sondern für das Kind. Außerdem machen wir Schulhilfe- und Jahrgangskonferenzen. Wir tun alles, was möglich ist, um das Kind zu unterstützen und lassen auch die Lehrkräfte damit nicht allein. Es gibt multiprofessionelle Fallteams, in denen über die einzelnen Schüler*innen und die Probleme gesprochen werden. Außerdem dokumentieren wir alles, sodass wir Fortschritte leicht erkennen können. Alle Dokumente sind für die Lehrkräfte digital zugänglich, sodass sie immer darauf zurückgreifen können.
News4teachers: Sie haben ein Pilotprojekt zur beruflichen Orientierung im Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik initiiert. Was beinhaltet dieses Projekt?
Andrea Franke: Unser Konzept zur beruflichen Orientierung war schon gut, aber wir wollten es noch besser machen. Wir wollen jeder und jedem Einzelnen noch mehr individuelle Möglichkeiten eröffnen, um eine bewusste und fundierte Entscheidung zu treffen und den richtigen Beruf zu wählen. Dabei vielleicht auch einmal über den Tellerrand hinausblicken. Wir befinden uns in einem sehr schwierigen Berliner Bezirk. Viele unserer Schülerinnen und Schüler kommen kaum über die Bezirksgrenzen hinaus. Die Perspektiven sind oft nicht besonders rosig. Dieses Über-den-Tellerrand-Hinausschauen – das wollen wir unseren Schülerinnen und Schülern ermöglichen.
Wir wollen, dass sie mit großen Unternehmen in Kontakt kommen und echte berufliche Einblicke erhalten. All das begleiten wir mit unserem Berufsorientierungskonzept. Dabei haben wir mit der IHK einen großartigen Partner an unserer Seite. Wir haben außerdem einen sogenannten Übergangscoach – aber der übernimmt nicht unsere Aufgaben, sondern unterstützt unser BO-Team und unsere Schule in organisatorischen Fragen. Er hilft uns beim Aufbau von Strukturen, die notwendig sind, um jeden Schüler individuell bestmöglich zu fördern. Diese Strukturen entwickelt der Coach gemeinsam mit uns. Er ist ein ehemaliger Teach-First-Fellow.
Im ersten Jahr haben wir das BO-Konzept gemeinsam neu aufgesetzt. Wir haben Maßnahmen für jede Jahrgangsstufe entwickelt, und jede einzelne wird bei uns von den Schüler*innen und den Lehrkräften evaluiert. Wenn sich herausstellt, dass eine Maßnahme nicht gut funktioniert, dann wird sie gestrichen – ganz ohne Angst davor, etwas loszulassen oder einzugestehen, dass es ein Fehler war. Unser Konzept bleibt in Bewegung wie ein fluides Modell oder eine Zellmembran.
Erlebnisse im BO-Kontext sind schön – aber was motiviert noch mehr? Wenn ich sehe, mein Klassenkamerad hat schon einen Ausbildungsvertrag unterschrieben. Diese Sichtbarkeit wollen wir auch bei uns an der Schule etablieren. Deshalb starten wir im neuen Schuljahr ein neues Projekt: In jedem Klassenraum wird es eine große Visualisierung geben – zum schulischen Weg und zur Berufsorientierung.
Jede Schülerin, jeder Schüler wird dort vertreten sein – mit dem individuellen Weg.
Der eine ist schneller, der andere braucht länger – aber wir machen die Fortschritte sichtbar. Das soll motivieren und gleichzeitig diejenigen wertschätzen, die besonders strebsam sind.
Außerdem wollen wir ab Klasse 10 jedes Mal, wenn ein Schüler einen Ausbildungsvertrag unterschreibt oder einen Platz an einem Oberstufenzentrum erhält, das auch sichtbar machen. Das kann zum Beispiel durch eine „Wall of Fame“ geschehen, also eine Wand, an der die Namen der Schüler*innen mit ihren entsprechenden Ausbildungs- oder Praktikumsplätzen eingetragen werden. Für die anderen Schüler*innen dient das dann als Inspiration und Motivation, sich ebenfalls beruflich zu orientieren.
News4teachers: Außerdem, so heißt es in der Laudatio, ermutigen Sie die Schüler*innen zum außerschulischen Lernen. Wie denn das?
Andrea Franke: Außerschulisches Lernen ist enorm wichtig – aus einem einfachen Grund: Schule ist eine künstliche Welt. Hier kommen Menschen zusammen, die sich das nicht ausgesucht haben. Sie bleiben vier Jahre in derselben Klasse, ohne sich ihre Mitschüler oder Lehrkräfte ausgesucht zu haben. Alles ist vorgegeben, strukturiert – und wir bemühen uns im pädagogischen System darum, die Jugendlichen auch ein Stück weit zu behüten. Natürlich kann man bei uns scheitern, Probleme haben, Fehler machen – aber das alles geschieht in einem geschützten Rahmen. Draußen in der Welt sieht es ganz anders aus. Das Leben ist dort oft härter und problematischer. Deshalb wollen wir so oft wie möglich rausgehen – um unseren Schülerinnen und Schülern den Realitätscheck zu ermöglichen.
“Wir müssen unsere Schülerinnen und Schüler aus ihrer kleinen Welt herausholen und ihnen neue Perspektiven eröffnen”
Viele unserer Schüler*innen verlassen die Schule nach der 10. Klasse – mitunter schon mit 15 Jahren. Dann stehen sie im Leben – und darauf wollen wir sie vorbereiten. Außerschulisches Lernen kann auch bedeuten, dass wir ihnen ermöglichen, Erfahrungen zu machen, die sie zu Hause nicht machen können. Zum Beispiel eine Reise nach Österreich in die Berge – eine echte Herausforderung, die sie aus ihrem gewohnten Umfeld herausreißt und wachrüttelt. Ich bin selbst in einer Zweizimmerwohnung mit vier Personen aufgewachsen. Da konnte man sich kaum aus dem Weg gehen. Wenn ich an die familiäre Situation vieler unserer Schülerinnen und Schüler denke, sieht es dort oft noch beengter aus. Wir müssen unsere Schülerinnen und Schüler aus ihrer kleinen Welt herausholen und ihnen neue Perspektiven eröffnen.
News4teachers: Hatte die Auszeichnung Auswirkungen auf Ihre Arbeit als Schulleiterin oder auf das Schulleben an der Willy-Brandt Oberschule?
Andrea Franke: Seit der Preisverleihung bekomme ich unglaublich viele Anfragen – von Menschen, die Hilfe suchen oder einfach Rat brauchen. Ich habe seitdem mit so vielen gesprochen, die in schwierigen Situationen stecken – und oft gäbe es einfache Lösungen. Man muss nur ins Tun kommen. Ein Zitat von Willy Brandt begleitet mich dabei: „Arbeit ist der Umweg zu allen Genüssen.“ Die Anfragen, die ich bekomme, kann ich kaum noch allein bewältigen. Ich lasse niemanden im Regen stehen und möchte allen ermöglichen, mit mir ins Gespräch zu kommen. Nach Möglichkeit helfe ich auch vor Ort. Aber ich merke: Ich brauche einen neuen Weg, um Menschen zu erreichen. Deshalb möchte ich auf Instagram regelmäßig Themen erklären – niederschwellig, praktisch, motivierend. Ich will zeigen: Gute Schulentwicklung ist möglich. Gute Schulleitung ist möglich. Guter Unterricht ist möglich – auch unter schwierigen Bedingungen. Der Preis hat unsere Arbeit nicht erst verbessert, sondern hat sie vielmehr bestätigt und sichtbar gemacht. Er hat gezeigt: So kann sich Schule entwickeln.
News4teachers: War es eigentlich von Anfang an Ihr Traum, Lehrerin oder Schulleiterin zu werden?
Andrea Franke: Nein, das war es mit Sicherheit nicht. Ich bin in einem sehr bildungsfernen Elternhaus aufgewachsen und Schule war für mich immer eine Herausforderung. Ich hatte wenig Unterstützung in Bezug auf schulische Bildung. Schule war für mich ehrlich gesagt nie ein entspannter Ort, sondern eher mit unangenehmen Situationen verbunden.
Ich wäre in der achten Klasse beinahe sitzen geblieben. Dennoch war ich immer motiviert, neue Dinge zu entdecken und zu lernen, aber die Lehrer*innen, die ich hatte, fand ich nie besonders inspirierend, und ich konnte mir nicht vorstellen, selbst Lehrerin zu werden.
Ich war die Erste in meiner Familie mit einem akademischen Abschluss. Zum Lehrerberuf bin ich gekommen, weil man mir immer gesagt hat, dass ich gut erklären könne und viel Einfühlungsvermögen hätte. Eigentlich wollte ich in Richtung Mikrobiologie arbeiten, aber dann entschied ich mich, Lehrerin zu werden, weil ich es anders machen wollte als die Lehrkräfte aus meiner Schulzeit. In meinem Sport- und Biologiestudium war ich begeistert und habe mir immer vorgestellt, wie meine erste Unterrichtsstunde aussehen würde. Ich war dann später in der Lehrerausbildung tätig und habe berufsbegleitend einen Master in Schulentwicklung und Qualitätssicherung gemacht. Ich habe immer nach Verantwortung gesucht – und habe die Schulaufsicht in Berlin Mitte kontaktiert mit der Frage, ob ich Schulleiterin werden könne.
News4teachers: Was macht aus Ihrer Sicht denn eine gute Schulleitung aus?
Andrea Franke: Es braucht Mut. Man steht täglich vor neuen Herausforderungen, bekommt Vorgaben, führt ein großes Kollegium, hat Kontakt zu den Schüler*innen und den Eltern. Das verlangt viel Flexibilität und jeden Tag neue Motivation. Auch Lehrkräfte und Schulleitungen müssen sich ständig weiterentwickeln. Eine weitere wichtige Kompetenz ist es, nicht im Mittelpunkt stehen zu wollen, sondern präsent, interessiert und offen zu sein. Mit unterschiedlichen Professionen zusammenarbeiten, aber sich selbst zurücknehmen. Dinge lenken, Potenziale erkennen, Ressourcen aktivieren, Strukturen schaffen.
Entwicklung braucht Zeit und sie kann nicht von der Schulleitung allein ausgehen. Alle Beteiligten in der Schule müssen mitgenommen werden. Es braucht Transparenz und Menschlichkeit. Dennoch muss man auch unbeliebte Themen angehen, offen sein und alles im Blick behalten. Auch ist es von Vorteil, Netzwerke zu knüpfen, Kooperationen einzugehen und sich dem Kiez zu öffnen, in dem man seine Schule hat. Mir ist ein wertschätzender Umgang mit meinen Kolleg*innen sehr wichtig. Das Feiern von Erfolgen und der Dank für ihr Engagement gehören für mich einfach dazu. Die Wertschätzung drückt sich aber auch in der Arbeitsumgebung aus. So haben wir zum Beispiel eine Lehrerlounge mit gemütlichen Sofas und einer guten Kaffeemaschine. Außerdem haben wir Arbeitszimmer für die Lehrkräfte, die technisch gut ausgestattet sind. Nina Odenius, Agentur für Bildungsjournalismus, führte das Interview.
Liebe Kollegin, Respekt vor Ihrer Leistung unter schwierigen Bedingungen. Man frage sich nun, was viele Lehrer wohl erst recht unter guten Bedingungen möglich machen könnten.
Danke, Frau Franke! So sehe ich meinen Beruf auch.
Und ja, wir haben auch eine Lehrerlounge mit Sofas und Hochsitzen im American Diner Stil, aber die gute Kaffeemaschine fehlt uns leider noch…..da fühlen wir uns sehr wohl und können mal zwischendurch kurz durchschnaufen. Ganz wichtig!
So was haben wir leider nicht, und das Lehrerzimmer ist viel zu klein für alle Lehrer, da muss man schon um den Platz kämpfen. Unsere Schüler bekommen auch wegen der bornierten Bransschutzbestimmungen keinen Aufenthaltsraum, obwohl sie eine 45-minütige Mittagspause vor dem Nachmittagsunterricht haben. Alles Zustände, die ein Ministerialrat in seiner arbeitsumgebung keinesfalls akzeptieren würde.
„Guter Unterricht ist möglich – auch unter schwierigen Bedingungen!“
Na, dann braucht ja nichts verändert zu werden. Gutes Argument für den Dienstherrn. Hmmm….
Welche Beförderung ihr da wohl in Aussicht gestellt wird?
Danke Frau Franke! Ja, es braucht Mut und das ist ein hartes Stück Arbeit.
“Es braucht Transparenz und Menschlichkeit. Dennoch muss man auch unbeliebte Themen angehen, offen sein und alles im Blick behalten.”….
“Zum Lehrerberuf bin ich gekommen, weil man mir immer gesagt hat, dass ich gut erklären könne und viel Einfühlungsvermögen hätte.”
An einer Schule – unbezahlbaren Eigenschaften.
„Guter Unterricht ist möglich – auch unter schwierigen Bedingungen!“
Wichtige Botschaft!
Sehr klug, sehr strategisch, sehr umsichtig!
Das wird im JM sicher gerne zur Kenntnis genommen.
Frau Kollegin Franke macht sicherlich eine gute Arbeit vor Ort. Sie war mit ihrer Fächerkombination wohl niemals Hauptfachlehrerin und wohl auch nicht Klassenlehrerin, dieser Erfahrungshorizont fehlt ihr also als Vorgesetzte.
Daher beschleicht mich ein gewisses Unbehagen, wenn sie verkündet, dass auch mit den vorhandenen Ressourcen guter Unterricht “gehen” würde. Was sagen die Kolleg*innen an ihrer Schule, die mit einem vollem Deputat Klassenleitungen übernehmen und Hauptfächer unterrichten?
Frau Kollegin Franke wird ganz sicher viele Qualitäten haben. Ob man unbedingt mindestens ein Hauptfach studiert und unterrichtet haben muss, sei mal so dahingestellt.
Und wie Sie ja sicherlich gelesen haben, hat sie mehrere Ebenen der Verantwortlichkeiten eingezogen, so dass man davon ausgehen kann, dass auch Bedarfe speziell von Klassenleitungen berücksichtigt werden.
Verehrtes Fräulein Rottemeier,
es wäre erbaulich, wenn es so wäre, alleine handelt es sich um eine reine Vermutung ihrerseits. Frau Kollegin Franke verbleibt in ihren Schildererungen im erzählerisch-allgemeinen, bisweilen predigthaften Tone:
“sich selbst zurücknehmen. Dinge lenken, Potenziale erkennen, Ressourcen aktivieren, Strukturen schaffen”.
Was bedeutet das konkret für ein Bundesland wie Berlin in der Fläche, hinsichtlich Ressourcen, Räumen, Arbeitszeit und Leistungsvergleichen?
Frau Franke spricht für ihre Schule, sie spricht nicht für eine ganzes Bundesland.
Wenn ich über meine Arbeit spreche, spreche ich für meine Schule. Selbstmfür die Nachbarschule kann ich nicht sprechen, da sie zwar im gleichen Quartier liegt, mit demselben Klientel konfrontiert ist, aber schon ganz anders mit Ressourcen, Räumen ausgestattet ist.
Ihre Haltung als SL ist hingegen ziemlich klar, auch wenn Sie das hier als Allgemeinplätze titulieren.
Sich selber zurücknehmen heißt, dass sie nicht im Vordergrund stehen möchte. Sie hebt die Kollegen an erste Stelle und drückt den Teamgedanken damit aus. Dinge lenken heißt, dass sie darauf achtet, dass sie in der Schulentwicklung darauf achtet, dass Dinge Step by step umgesetzt werden und es kontinuierlich vorwärts geht. Potenziale erkennt sie, wenn sie personelle Ressourcen und entstehende Möglichkeiten nutzt. Und ihre wichtigste Aufgabe bei Schulentwicklung ist es, Strukturen zu schaffen, Abläufe zu installieren, die es erst ermöglichen geordnet zu arbeiten.
Das klingt für Sie wie Worthülsen, dahinter stecken aber jeweils Arbeitsweisen, Arbeitsabläufe, Strukturen, die verlässlich bei jedem neuen Thema in der Schulentwicklung greifen. Ganz oben steht dabei immer die Fragen: Wie wollen wir miteinander arbeiten? Was läuft gut (Schätze heben), was läuft nicht gut? Was brauchen wir? Welche Arbeitsabläufe unterstützen uns? Welche Abläufe stören? Welche Vereinbarungen benötigen wir?…..
So kann man jede Hülse maximal mit Leben füllen….
Ich denke, es handelt sich bei mir nicht nur um schlichte Vermutungen, denn Frau Franke ist von ihrem Kollegium für diesen Preis vorgeschlagen worden. Welchen Grund hätte das Kollegium dies zu tun, wenn Frau Franke eine Blenderin ist?
Ihr Beitrag könnte direkt im Deutsch-Unterricht als Beispiel für den Text einer auktorialen Erzählerin eingesetzt werden.
Sie kennen offensichtlich die Gedanken und Zielvorstellungen von Frau Kollegin Franke und können diese ausführlich schildern, auch wenn andere n4t-Leser*innen eher mit Fragen auf das obige Interview reagieren.
Mag daran liegen, dass ich SL bin und mich mit Schulentwicklung und Unterrichtsentwicklung täglich beschäftige….da sind mir solche Gedanken und Schilderungen sehr vertraut.
Ich helfe gerne bei Ihren Unterrichtsvorbereitungen…. 😉
Danke!
Bei einfachen und guten Bedingungen wäre vielleicht flächendeckend guter Unterricht möglich – aber der Gedanke ist einfach zu verrückt.
Und was sind nun die „schwierigen Bedingungen“?
Wollen Sie sagen, dass es keine schwierigen Bedingungen gibt, nur das falsche Mindset?
Also, wenn man die Überschrift des Artikels liest, dann ist von „gutem Unterricht“ unter „schwierigen Bedingungen“ die Rede. Beides taucht unzureichend im Artikel auf.
Nun ja, wenn man aktivietend die Strukturen gemeinsam neu denkt, kann doch die kompetenzorientierte Implementation der Zukunftsschule auch im Heute gelingen!
Das ist doch klar, da stehe ich voll dahinter!
…
..
.
😀
So zynisch wie Sie werde ich wohl nicht mehr…
Mein Zynismus löst sich umgehend auf, wenn reale Vorschläge mir vor Ort begegnen.
Das ist für mich die Messlatte.
Auf Ihren zynischen Unterton gehe ich mal nicht ein…..Aber ja, wenn man Schule neu denkt, dann sollte man vielleicht nicht zuallererst darüber nachdenken, was alles nicht geht, sondern mal den Blick weiten. Es gibt Möglichkeiten auch mit den vorhandenen Ressourcen.
Man muss sie nur suchen und mal mutig ausprobieren. Wenns Mist ist, dann merkt man das ziemlich schnell.
Meiner Erfahrung nach gehen Kollegen durchaus mit, wenn am Ende das Wort „Entlastung“ steht….(damit ist nicht zwingend weniger Arbeit gemeint, sondern eher die psychische Entlastung, der bessere Umgang mit den Herausforderungen, die uns täglich in die Knie zwingen…)
Da würde ich Ihnen garnicht widersprechen.