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AfD will Lehrern politische Aussagen im Unterricht verbieten. Und Schulen umbenennen

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MAGDEBURG. Was den Schulen in Sachsen-Anhalt womöglich nach der Landtagswahl im kommenden Jahr blüht: Die rechtsextreme AfD dort will Schulnamen mit angeblich politischem Bezug auf den Prüfstand stellen – und Lehrkräften politische Äußerungen im Unterricht untersagen. Das (noch) von der CDU geführte Bildungsministerium reagiert deutlich. 

Sprechverbot. (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

Die AfD-Landtagsfraktion polarisiert in Sachsen-Anhalt erneut mit einem bildungspolitischen Antrag. Sie will Lehrern das Äußern von politischen Meinungen im Unterricht untersagen. «Lehrkräfte nutzen Freiräume, um ihre persönlichen politischen Einstellungen an Schüler weiterzugeben. Damit überschreiten sie ihre eigentliche pädagogische Rolle», heißt es in dem Antrag, der in dieser Woche im Parlament in Magdeburg beraten werden könnte. Werbung für politische Parteien oder deren Abwertung solle verhindert werden.

Weiterhin sollen die Schulbehörden angewiesen werden, künftig keine Umbenennungen oder Neugründungen von Schulen zu genehmigen, deren Namen «eine eindeutige politische oder weltanschauliche Tendenz» zum Ausdruck bringen. Bereits bestehende Namen seien zu überprüfen, und es sei gegebenenfalls auf eine Umbenennung hinzuwirken, heißt es. Die AfD in Sachsen-Anhalt wird vom Verfassungsschutz als «gesichert rechtsextremistisch» eingestuft.

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SPD-Fraktionschefin wirft AfD Kulturkampfrhetorik vor

SPD-Fraktionschefin Katja Pähle kritisiert den Vorstoß als «Kulturkampfrhetorik». Es sei erneut ein Tiefpunkt erreicht, wenn man ernsthaft darüber debattieren wolle, ob etwa die Namen des früheren Kanzlers Willy Brandt (SPD) oder der NS-Widerstandskämpferin Sophie Scholl politisch geprägt seien.

Das Bildungsministerium teilte auf Anfrage mit, Lehrerinnen und Lehrer seien der im Grundgesetz und der Landesverfassung festgeschriebenen freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet. Zentraler Maßstab für die Demokratiebildung sei der Beutelsbacher Konsens. Dieser besagt etwa, dass Schülerinnen und Schüler nicht im Sinne erwünschter Meinungen überrumpelt oder indoktriniert werden dürfen, sondern zu einer eigenständigen Urteilsbildung befähigt werden sollen.

Bildungsministerium stellt klar: Lehrer dürfen eigene Meinung sagen

Der Ansatz werde jedoch oft verkürzt «auf ein sogenanntes Neutralitätsgebot», sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums. Würden von politischen Vereinigungen, Parteien oder Schülern zentrale Grundprinzipien der Verfassung infrage gestellt oder gar verletzt, «ist es geradezu die Pflicht der Lehrkraft, keine neutrale Position einzunehmen und stattdessen diese Grundprinzipien zu verteidigen und offen für sie einzutreten». Der Beutelsbacher Konsens bedeute aber nicht, die eigene Meinung nicht sagen zu dürfen. «Der Beutelsbacher Konsens bedeutet, kontroverse Meinungen zuzulassen, zu diskutieren und die eigene Meinung nicht als die einzig richtige darzustellen.»

Die AfD-Fraktion hat in der letzten Zeit mit mehreren kontroversen Anträgen für Aufsehen gesorgt. Sie versucht immer wieder, Bildungs- und Kulturpolitik mit der deutschen Geschichte und Identitätsfragen zu verbinden. So forderte die AfD unter anderem, die Werbekampagne des Landes mit dem Slogan «#moderndenken» durch das Motto «#deutschdenken» und einen «Stolz-Pass» zu ersetzen. Zudem plädierte sie für die Abschaffung der Landeszentrale für politische Bildung und für die Einführung einer «Straße des Deutschen Reiches».

Ein Jahr vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt liegt die AfD in der Gunst der Wählerinnen und Wähler weit vorne. Das geht aus dem Sachsen-Anhalt-Trend von Infratest Dimap für MDR, “Mitteldeutsche Zeitung” und “Volksstimme” hervor, der vor vier Wochen veröffentlicht wurde. Laut der repräsentativen Umfrage könnte die AfD bei einer Wahl derzeit mit 39 Prozent der Stimmen rechnen. Damit würde sie sich im Vergleich zur Landtagswahl 2021 und dem vorigen Sachsen-Anhalt-Trend vom Februar 2022 nahezu verdoppeln und hätte ein deutschlandweites Bestergebnis bei Landtagswahlen – und womöglich die Regierungsübernahme – in Aussicht. News4teachers / mit Material der dpa

GEW-Chefin Finnern fordert Lehrkräfte auf, “die Auseinandersetzung mit der AfD auch im Klassenraum zu suchen”

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17 Kommentare
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nurMalso
1 Tag zuvor

Faschisten halt.

Katrin Löwig
1 Tag zuvor

Überwältigt, nicht überrumpelt!!!

unverzagte
1 Tag zuvor
Antwortet  Katrin Löwig

Subjekt ? Hilfsverb ? Objekt ?

AvL
14 Stunden zuvor
Antwortet  Katrin Löwig

Kann das bedeuten, dass Schulen mit aus deren möglicher Sicht politisch kompromittierter Namen wie Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Willy Brand, Rosa Luxemburg, Heinrich Mann, Otto Pankok etc. umbenannt werden müssen ?

Pauker_In
12 Stunden zuvor
Antwortet  AvL

Ottfried Preußler haben wir ja schon hinter uns.

AvL
10 Stunden zuvor
Antwortet  Pauker_In

Die Initiative zur Namensänderung dieser ging aber von der Schule aus und nicht von einer ideologisch-rechtsextremistischen Partei. https://img.br.de/22ab7c03-56dd-471e-9c3d-53251ff2c8c6.jpeg?q=85&rect=1%2C22%2C1023%2C576&w=2048

unverzagte
10 Stunden zuvor
Antwortet  Pauker_In

Else Lasker – Schüler, Rose Ausländer, Nelly Sachs , Paul Celan etc. wären in der Tat zeitgemäßer insbesondere für uns .

AvL
8 Stunden zuvor
Antwortet  unverzagte

Erst einmal will die A*D anscheinend den kritisch-reflektierenden politischen Aufklärungsprozess in den Schulen mit ihrer Partei, der sich mit den politischen Zielen, in Teilen rassistischen Ansichten mit geäußerten Migrantenhass sowie der in Teilen fehlenden Inkompatibilität politischer Aussagen einiger Parteioberer mit dem Grundgesetz nicht schülerkritisch reflektiert sehen.

AvL
8 Stunden zuvor
Antwortet  unverzagte

“Kompatibilität” sollte in der letzten Zeile stehen.

potschemutschka
9 Stunden zuvor
Antwortet  Pauker_In
AvL
1 Tag zuvor

Was dem deutschen Schulsystem und uns demokratisch gesinnten Mitmenschen, der Demokratie und dem freien Denken sowie der Meinungsfreiheit droht, das geht aus den gut aufbereiteten Denkweisen der neuen Führerfigur der Deutschnationalen hervor. Wenn Höcke wie Hitler spricht: Neues Buch legt Weltbild und Macht des AfD-Politikers offen

dickebank
9 Stunden zuvor
Antwortet  AvL

Gauleiter Höcker?

Karl Heinz
1 Tag zuvor

Zwei Dinge wären mal wirklich interessant:

1.) was könnte eine AfD-Landesregierung tatsächlich “anders” machen?
Das peinlichste (aber auch unwahrscheinlichste) was passieren könnte, wäre, dass die Leute tatsächlich Sachpolitik betreiben und sich anschicken Probleme zu lösen.

Aber auch andersrum wäre die Frage interessant, was diese Vereinigung in 4 Jahren Regierungsverantwortung an materiellen Schaden tatsächlich anrichten könnte?
Hierbei wäre es wohl mindestens ebenso peinlich, wenn man feststellen würde, dass die staatlichen Strukturen tatsächlich so fest und starr sind wie manche glauben, dass es keinen Unterschied macht, wer da gerade regiert, weil einfach die Handlungsspielräume nicht da sind.

und 2.)
Wie viele Lehrkräfte (aber auch andere im ÖD) würden bei einer AfD-Regierung den Dienst quittieren?

AvL
11 Stunden zuvor
Antwortet  Karl Heinz

…….oder in andere Bundesländer in eine verfassungskonforme Gegend wechseln.

AvL
1 Tag zuvor

Was wird wohl geschehen, wenn die AfD in einem Bundesland die Macht übernimmt ?

Erschreckende Szenen spielen sich derzeit bereits in den USA unter der Trump-Administration ab, wo in Teilen Weltliteratur, z.B. “Der Herr der Fliegen” von William Golding aus den Schulbibliotheken entfernt wird. Ein derartiges Vorgehen kennen wir hoffentlich alle noch aus den Zeiten der NS-Diktatur, als u.a. Erich Kästner und seine Werke, wie die Kinderbücher Pünktchen und Anton (1931), Das fliegende Klassenzimmer (1933) bald nach der Machtübernahme auf den schwarzen Listen der “Nationalen Erhebung” erschienen und im Herrschaftsbereich des NS-Regimes verboten wurden.
Albertus Sixtus, der bekannte Autor des Kinderbuch “Die Häschenschule (1924), wurde im Oktober 1937 für zwei Tage von der Gestapo verhaftet und litt nach seiner Freilassung unter zahlreichen Einschränkungen und Auflagen für seine literarische Betätigung.  Der Börsenverein der Deutschen Buchhändler war zuständig für die Erstellung der Verbotslisten” In einer Erklärung vom 12. April 1933 begrüßte der Gesamtvorstand die „nationale Erhebung“ und kündigte an, in seinem Einflussbereich die Anordnungen der Reichsregierung in der „Judenfrage“ „ohne Vorbehalt“ durchzuführen. Am 11. Mai erklärte der Vorstand, dass zwölf namentlich genannte Autoren, nämlich Lion Feuchtwanger, Ernst Glaeser, Arthur Holitscher, Alfred Kerr, Egon Erwin Kisch, Emil Ludwig, Heinrich Mann, Ernst Ottwald, Theodor Plivier, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky (mit allen seinen Pseudonymen) und Arnold Zweig, als „für das deutsche Ansehen als schädigend zu erachten“ seien und forderte den Buchhandel auf, deren Werke nicht weiter zu verbreiten.

Jonoko
9 Stunden zuvor
Antwortet  AvL

Schulen werden auch jetzt schon umbenannt, weil sie einen angeblich nicht mehr geeigneten Namen haben.

AvL
9 Stunden zuvor
Antwortet  Jonoko

Wollen Sie die Vorgehensweise der A*D relativieren ? Von wem wohl kommen die Anträge in der Regel. Die Initiative geht vor Ort von den betroffenen Schulen aus und nicht von einer Parteizentrale, die ihr politisches Geschäft betreiben will.

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