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Kraft verkündet Reallohnverluste für verbeamtete Lehrer in NRW

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DÜSSELDORF. Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen bringt die Gewerkschaften in Rage; der DGB etwa spricht von “Wortbruch”: Die Koalition verordnet Beamten und Pensionären mit hohen Bezügen – darunter Studienräten – gleich zwei Nullrunden. Auch für die Besoldungsstufen A 11 und A 12 gibt es nicht einmal einen Inflationsausgleich.’

“Stärkere Schultern können mehr tragen als schwache”: Hannelore Kraft, hier beim Landesparteitag der SPD in Münster. Foto: NRW-SPD / flickr (CC BY-ND 2.0)

Nordrhein-westfälische Beamte und Pensionäre der höchsten Besoldungsgruppen erhalten 2013 und 2014 keine Erhöhung ihrer Bezüge. Das hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) – flankiert von ihrem Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) und von Grünen-Frontfrau Sylvia Löhrmann – in Düsseldorf bekanntgegeben. Die rot-grüne Landesregierung habe sich entschieden, den Tarifabschluss mit einer sozialen Staffelung umzusetzen. “Die Abstufung folgt dem Leitgedanken, dass stärkere Schultern mehr tragen können als schwache”, erläuterte Kraft.

Beim Sparen wollen SPD und Grüne mit gutem Beispiel vorangehen. „Auch für Minister und Staatssekretäre wird es keine Anhebung der Bezüge geben”, versicherte die Regierungschefin. Gleichzeitig hätten sich die beiden Fraktionen auf zwei Nullrunden für die Abgeordneten-Diäten verständigt.

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Die Gewerkschaften besänftigte das keineswegs. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und Einzelgewerkschaften von Polizisten, Lehrern und Verwaltungsrichtern kritisierten in Mitteilungen “Wortbruch”, “Heuchelei der Politik” und Missachtung der Arbeitsleistung der Beamten. Das Modell sei nicht mit den Gewerkschaften verhandelt worden.

GEW: Affront gegen das Engagement der Pädagogen

„Das also versteht die Landesregierung unter Wertschätzung der Lehrer und Anerkennung für gute Bildungsarbeit“, erklärte etwa GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer. „Es ist zutiefst empörend, wie die Landesregierung die verbeamteten Lehrkräfte zur Sanierung des Landeshaushaltes heranzieht.“ Die Kürzungsabsicht sei ein kompletter Affront gegen das Engagement der Pädagogen für mehr Qualität und bessere Ergebnisse in den Schulen und Bildungseinrichtungen.

„Das hätten wir nicht erwartet, zumal andere Bundesländer in ähnlich schwieriger Finanzsituation den Tarifabschluss 1:1 übertragen haben“, sagte Schäfer weiter. Auch für NRW gäbe es keine Rechtfertigung für eine Abkoppelung der Beamten von der Tarifentwicklung. Rot-Grün dürfe sich nicht wundern, wenn die Bereitschaft und Motivation der Beschäftigten zur Unterstützung der bildungspolitischen Reformen im Lande sinke. Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes insgesamt stehe bei diesen Einschnitten in der Beamtenbesoldung zur Disposition. Schäfer: „Dann brauchen wir uns künftig nicht mehr fragen, weshalb die jungen Leute nicht mehr Lehrer werden wollen.“

Die CDU-Opposition beantragte für Donnerstag eine Aktuelle Stunde im Düsseldorfer Landtag. Sie spricht sich dafür aus, den Tarifabschluss 1:1 auf die Beamten zu übertragen, gleichzeitig aber die Strukturen im öffentlichen Dienst zu modernisieren.

“Wir wissen, dass wir bei Etlichen Unzufriedenheit auslösen”, gestand Schulministerin Löhrmann ein. Der “Konsolidierungsbeitrag” der Beamten sei “für jeden einzelnen Beschäftigten schmerzlich, aber verkraftbar”. Ohne Abstriche wird der Tarifabschluss für die Angestellten nur auf Beamte und Pensionäre bis einschließlich Besoldungsgruppe A 10 übertragen. Dazu zählen etwa Polizeikommissare oder Regierungsinspektoren mit Grundgehältern unter 3000 Euro im Monat. Für 2013 und 2014 bekommen sie insgesamt 5,6 Prozent mehr Geld.

Für die Besoldungsstufen A 11 und A 12 gibt es jeweils 1 Prozent mehr pro Jahr. Darunter fallen etwa Lehrer mit einem Grundgehalt um 3500 Euro monatlich. Die Spitzenverdiener des öffentlichen Dienstes – Studienräte, Richter oder auch Minister gehen leer aus. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sieht es positiv: “Eine Lösung, die niemandem etwas nimmt.” Tatsächlich allerdings kommt die Regelung ab der Besoldungsstufe A11 einer Reallohnkürzung gleich – die Inflationsrate lag im vergangenen Jahr bei durchschnittlich 2,0 Prozent.

Auch die abgespeckte Variante der Tarifübernahme wird NRW nach Angaben des Finanzministers bis einschließlich 2014 rund 605 Millionen zusätzlich kosten. Darunter fallen die Mehrkosten für die Angestellten auf umgerechnet rund 116.000 Vollzeitstellen wie auch für die Beamten auf rechnerisch 221.000 volle Stellen sowie 173.000 Versorgungsempfänger.

Doch das hat der Finanzminister schon auf seiner Rechnung gehabt. Der Etat 2013, der an diesem Mittwoch im Landtag verabschiedet wird, müsse deswegen nicht mehr verändert werden, sagte er. Eine Übertragung des Ergebnisses 1:1 hätte das Land rund 1,3 Milliarden gekostet.

Kraft ließ keinen Zweifel, dass die Einhaltung der Schuldenbremse bis 2020 weitere Opfer – auch im Personalbereich – erfordern werde. Einzelheiten nannte sie nicht. Vorschläge sollen fortlaufend von einem “Effizienzteam” unter Leitung des Finanzministers kommen. Klar sei nur: “Das tut an jeder Stelle weh.” Sie listete auf, auf welche Spar-Opfer ihre Regierung immerhin verzichtet habe: “Stellenabbau nach der Rasenmäher-Methode”, Beförderungsstopp, Kürzungen bei Weihnachtsgeld und Pensionen oder Verlängerung der Arbeitszeit.

Aus Sicht von DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber kein Trost: “Die Landesregierung bricht das Vertrauen der Beamten.” Das sei beim Regierungswechsel anders versprochen worden. dpa

(18.3.2013)

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