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In aller Offenheit: Ein Brief an Richard David Precht

Sehr geehrter Herr Precht,

ein – äääääääh – Philosoph hat mal gesagt: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Wie Recht der Mann hatte, der Dingsda, der Murks oder Marks oder wie er hieß, das belegen Sie eindrucksvoll (der Name fällt mir gerade nicht ein – mir, einem Opfer unseres Schulsystems, werden Sie das aber sicher gerne nachsehen). Ihren Thesen zur Revolution im Bildungswesen merkt man an, dass Sie jahrelang ehrenamtlich an Brennpunktschulen in Berlin oder im Ruhrgebiet gearbeitet und mit angehenden Schulverweigerern lustvoll die Kernfragen der menschlichen Existenz erörtert haben. Wie, das haben Sie gar nicht?  Naja, macht nichts. Als Fernseh-Philosoph und Professor in Lüneburg weiß man natürlich auch so, wie der pädagogische Alltag mit Kindern und Jugendlichen abläuft, die hyperaktiv zwischen medialer Reizüberflutung und gravierenden Erziehungsdefiziten hin- und herzappeln.

Ihre Forderung, die Noten abzuschaffen, wird sich kaum sofort umsetzen lassen – sagen Sie selbst. So  etwas zu hoffen, wäre „völlig naiv“. Knicken Sie etwa ein vor der schnöden Realität, lieber Herr Precht? Ah, nein – Sie verweisen auf Ihren Zehnjahresplan, der schon nötig sei, um Ihre Revolution zu vollenden (nebenbei: Hatten wir das nicht schon mal?). Klar, so schnell geht’s eben nicht.

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Schon gar nicht mit diesem Personal. Unsere Lehrer sind nur Lehrer geworden, weil ihnen nichts Besseres eingefallen ist, sagen Sie. Und deshalb gehören sie ausgetauscht – gegen pensionierte Physiker, die den Schülern aus der Welt des Berufslebens erzählen. Darauf haben die sicher gewartet: Auf Opas Geschichten aus der guten, alten Zeit, in der es weder Heimcomputer noch Handys gab. Die Idee ist genial – löst sie doch nicht nur das Problem mit unseren Schulen, sondern liefert auch noch die Antwort auf die Frage, was wir mit den Horden von Senioren anstellen sollen, die aus Gründen der Demografie bald unsere Gesellschaft überfluten. Ab in die Schulen mit ihnen. Und Sie, lieber Herr Precht, haben damit schon wieder den Titel für Ihr neues Erfolgsbuch gefunden: „Anneliese, der Ruhestand und der liebe Gott: Der Verrat des Rentensystems an unseren Alten“.

Wünscht Ihnen weiterhin viel Fantasie:

Ihre Nina Braun

Zum Bericht: “Oft nur Leute, denen nichts anderes einfällt”: Precht provoziert Lehrer

Die Bildungsjournalistin Nina Braun. Foto: www.bildungsjournalisten.de

 

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