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Legasthenie und Dyskalkulie – jeder zehnte Schüler betroffen! „Aber die Kinder und ihre Familien werden alleingelassen“

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BERLIN. Die Deutsche Kinderhilfe weist gemeinsam mit dem Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie (BVL) auf einen Missstand in unserem Schulsystem hin:  Kinder mit einer Legasthenie und Dyskalkulie seien in ihren Bildungschancen deutlich einschränkt  – was gesellschaftspolitisch untragbar sei. Am kommenden Samstag ist der Tag der Legasthenie und Dyskalkulie.

Kinder Legasthenie und Dyskalkulie bleiben oft ohne besondere Förderng. Foto:
Jennifer Scarlett / flickr (CC BY-SA 2.0)

Der Tag werde ausgerufen, um deutlich zu machen, dass für die betroffenen Kinder in der Bildung noch viel getan werden muss, so heißt es in einer Pressemitteilung. Die gemeinsame Kampagne der Deutschen Kinderhilfe und des BVL „Bessere Bildungschancen für Kinder mit Legasthenie und/oder Dyskalkulie!“ soll helfen, die Chancen in unserem Bildungssystem zu verbessern, damit Kinder schulisch unterstützt und nicht „aussortiert“ werden.

Nach einer aktuellen Caritas-Studie haben 5,9 Prozent der Schulabgänger keinen Abschluss – viele davon mit einer Lese-/Rechtschreib- oder Rechenschwäche. Auch wenn  Kinder mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie einen Abschluss erreichen, liege der in den meisten Fällen deutlich unter ihrem Begabungsniveau. „In der neuen Legislaturperiode müssen dringend mehr Anstrengungen in der Bildungs- und Schulpolitik unternommen werden, insbesondere im Hinblick auf individuelle Förderung und Inklusion. Hier bedarf es auch mehr Investitionen vom Bund. Das Kooperationsverbot muss für den Schulbereich gelockert werden, damit der Bund mehr Unterstützungs- und Finanzierungsmöglichkeiten für die Schulen anbieten kann“, fordert Rainer Becker, Vorstand der Deutschen Kinderhilfe.

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Verband: Sitzenbleiben ist bei einer Legasthenie oder Dyskalkulie keine Lösung

Bis heute gelinge es den Schulen nicht ausreichend, die von einer Legasthenie oder Dyskalkulie betroffenen Kinder zu erkennen und zu fördern. Der zunehmende Lehrermangel und eine fehlende Förderqualifikation der Lehrkräfte macht es vielen Schulen schwer, individuelle Förderkonzepte auszuarbeiten und umzusetzen. In einer aktuellen OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ zeigt sich deutlich, dass sich Lesekompetenz und alltagsmathematische Kompetenz durch Bildung steigern lassen. Hohe Kompetenzen in diesen Fertigkeiten spielten eine wichtige Rolle bei der Erreichung besserer gesamtgesellschaftlicher Bildungsergebnisse. Die gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Folgen der aktuell fehlenden Unterstützung seien immens, denn rund zehn Prozent aller Schülerinnen und Schüler seien von einer Legasthenie oder Dyskalkulie betroffen. Wertvolle Potenziale würden verschenkt, wenn man die Stärken der betroffenen Schüler nicht erkenne, nicht fördere – und  die Kinder womöglich aufgrund ständiger MIsserfolgserlebnisse sogar  seelisch krank würden.

„Es ist nicht nachvollziehbar, warum es in Deutschland immer noch möglich ist, die Schule ohne Schulabschluss oder als Analphabet zu verlassen. Das Armutsrisiko von Kindern mit keinem oder niedrigem Bildungsabschluss ist immer noch deutlich erhöht“, sagt Christine Sczygiel, Vorsitzende des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie. „Insbesondere sozial schwache Familien werden allein gelassen, weil sie außerschulische Therapien nicht finanzieren können. Der boomende Nachhilfemarkt ist ein Zeichen für das Versagen unseres Schulsystems. Pädagogen müssen schnellstmöglich besser qualifiziert werden, um Kinder bei Lernproblemen zu unterstützen. Es müssen neue Schulkonzepte her, die gut qualifizierte Lerntherapeuten in den Schulbetrieb einbinden. Kinder und Familien mit ihren Problemen allein zu lassen, ist nicht mehr länger hinnehmbar“, beklagt Sczygiel.

Immer noch fallen viele Schüler mit Legasthenie und Dyskalkulie durchs Raster – Ministerpräsident Ramelow weiß das: Er ist selbst betroffen

Der Bildungsmonitor 2017 der Bertelsmann Stiftung zeige, dass es bundesweit kaum Fortschritte in den Bildungssystemen gibt und bei wichtigen Indikatoren sogar Rückschritte zu verzeichnen seien. Der Anteil leseschwacher Schüler hat danach sogar zugenommen. Die Bildungsarmut unter jungen Erwachsenen dürfte in den kommenden Jahren steigen, so heißt es. Dies gebe Anlass zur Sorge, besonders in Bezug auf die Chancen- und Teilhabegerechtigkeit. Deutschland investiere 4,2 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes in Bildungsinstitutionen, das liegt deutlich unter dem OECD Mittel von 4,8 Prozent. „Uns fehlen heute schon Fachkräfte und wir schöpfen das Potenzial von Kindern mit einer Legasthenie und Dyskalkulie nicht aus. Der Staat muss in die Zukunft investieren und betroffene Kinder bereits in der Schule frühzeitig und qualifiziert fördern“, sagt Rainer Becker von der Deutschen Kinderhilfe. N4t

 

 

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