Ein Kommentar von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek
„Die Geissens: Shania bekommt ihr Geburtstagsgeschenk“, so heißt die Sendung, bei der eine 14-Jährige von ihren Eltern eine Rolex überreicht bekommt. Die Berichterstattung über das Geschehen fällt zum Beispiel (Gala) so aus: „Um es spannend zu machen, musste sich das luxusverwöhnte Mädchen durch so einige Geschenkverpackungen wühlen. Am Ende staunte Shania nicht schlecht: Denn in dem Päckchen funkelte eine nagelneue Rolex, die laut ‚Bild‘ einen Wert von 35.000 Euro hat. Die jüngste Tochter der Geissens konnte ihre Freude nicht an sich halten und sprang ihrem Papa in die Arme. Doch was des einen Freud ist des anderen Leid. Schwester Davina scheint ihrer Schwester die kostspielige Uhr allerdings gar nicht zu gönnen: ‚Und ich? Ich dachte, du holst mir die auch,‘ richtet sie sich an ihren Vater. Robert und Carmen sind überrascht von der Reaktion ihrer Tochter, da sie zu ihrem 15. Geburtstag auch eine Rolex bekommen hat und dazu noch ein Auto.“
Bundesweit berichten Medien, zugegeben nicht die von der allerseriösesten Sorte, über das merkwürdige Geschehen – und zwar so, als handele es sich um Realität, nicht um eine bizarre Inszenierung. Dass die beiden involvierten Mädchen dabei identifizierbar im Fernsehen gezeigt werden, könnte das Jugendamt interessieren, ist aber hier nicht Thema. Die Frage, die sich mir stellt, ist hingegen: Was machen solche Berichte mit den vielen Kindern und Jugendlichen in Deutschland, die in Armut leben müssen?
Kinderarmut bedeutet, auf vieles verzichten zu müssen, was für andere ganz normal zum Aufwachsen und Leben dazu gehört, wie die Bertelsmann Stiftung unlängst erhoben hat – ob eine ausreichend große Wohnung, eine Waschmaschine oder einen internetfähigen Computer, aber auch die Möglichkeit, monatlich einen festen Betrag sparen zu können. Auch Aspekte sozialer und kultureller Teilhabe fehlen, wie zum Beispiel ein Kinobesuch einmal im Monat oder Freunde zum Essen nach Hause einzuladen. „Armut schließt Kinder von vielen sozialen und kulturellen Aktivitäten aus. Wer schon als Kind arm ist und nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann, hat auch in der Schule nachweisbar schlechtere Chancen. Das verringert die Möglichkeit, später ein selbstbestimmtes Leben außerhalb von Armut zu führen”, heißt es in der Studie.
Und dann bekommen solche Kinder und Jugendliche noch im Trash-TV vorgeführt, wie eine Gleichaltrige eine Rolex zum Geburtstag bekommt. Armes Deutschland!
