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Inklusion: Deutschland droht eine neue Rüge der Vereinten Nationen – „rückschrittliche Tendenzen“

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GENF. Der UN-Menschenrechtsrat hat sich mit der Menschenrechtslage in Deutschland befasst – und sich offenbar verwundert darüber gezeigt, dass es hierzulande „trotz reichhaltig vorhandener Ressourcen immer noch umfassende Diskriminierungen behinderter Menschen gibt“, wie es in einem Bericht heißt. Unabhängige Organisationen wie der Deutsche Behindertenrat oder das Deutsche Institut für Menschenrechte, das vom Bundestag mit der Überwachung der Inklusion betraut ist, hatten zuvor von nach wie vor existierenden Missständen berichtet.

Eine Sonderschulpflicht für behinderte Kinder ist nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention – der gesetzlichen Grundlage der Inklusion – vereinbar. Foto: Shutterstock

„Bisher mangelt es in Deutschland an Strategien, die eine langfristige Steuerung der Inklusionsbemühungen ermöglichen“, so erklärte Adolf Bauer, Sprecherratsvorsitzender des Deutschen Behindertenrats, vor dem UN-Gremium. Er forderte: „Hier muss die Bundesregierung nacharbeiten, wenn es ihr mit der vollen und gleichberechtigten Teilhabe der Menschen mit Behinderungen ernst ist.“ Dies gelte insbesondere für den Schlüsselbereich der Inklusion von Kindern und Jugendlichen in der Bildung. „Denn hier sind die Initiativen bisher gescheitert. Nach wie vor besucht die überwiegende Mehrheit der Schülerinnen und Schüler mit einem Handicap eine Förderschule“, monierte Bauer.

Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, stieß ins gleiche Horn – sie forderte, die Bundesregierung müsse „die Umsetzung ihrer Verpflichtungen konkretisieren”. Etwa bei der Inklusion: „Wir begrüßen die Zusage Deutschlands, das Sonderschulsystem schrittweise aufzulösen. Inklusive Bildung muss endlich flächendeckend umgesetzt und rückschrittlichen Tendenzen auf Länderebene entgegengewirkt werden“, so forderte sie.

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“Diskriminierung von Schülern mit Migrationsgeschichte”

Auch auf anderen Feldern, die die Schulen in Deutschland betreffen, bestehe Handlungsbedarf. „Wir fordern die Bundesregierung auf, die strukturelle Diskriminierung von Schülern mit Migrationsgeschichte anzuerkennen und bildungspolitische Maßnahmen für Chancengleichheit auf der Grundlage von empirischen Befunden zu entwickeln“, sagte Rudolf. Berlin müsse die Bundesländer bei allen Maßnahmen, die in die deren Zuständigkeit fallen, in die Pflicht nehmen – das betrifft eben die Schulen. „Außerdem sollte sie innerhalb eines Jahres einen mit der Zivilgesellschaft konsultierten Umsetzungsplan mit spezifischen Maßnahmen vorlegen“, so forderte sie.

Im Anschluss an die Anhörung der Organisationen beschloss der Fachausschuss, der Bundesregierung  eine Liste von Fragen vorzulegen – die muss Berlin innerhalb eines Jahres beantworten, wie es in einem Bericht der „Kooperation Behinderter im Internet“ heißt. Auf dieser Grundlage werde Deutschland voraussichtlich 2020 vom Fachausschuss zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geprüft – zum zweiten Mal nach 2015.

Damals hatte es eine Rüge der Vereinten Nationen für Deutschland gegeben: „Ich bin besorgt über den Mangel an Koordination zwischen Bund und Ländern“, erklärte die UN-Berichterstatterin, die Britin Diane Kingston, seinerzeit. Die Bundesregierung sei in der Pflicht, die Bundesländer zu einer Umsetzung der Bestimmungen zu drängen. Davon ist bis heute wenig zu spüren. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus

Der Beitrag wird auf der Facebook-Seite von News4teachers bereits hitzig diskutiert.

News4teachers-Dossier – gratis herunterladbar: „Das Inklusions-Chaos”

 

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