HANNOVER. Die Problemlisten von sogenannten Brennpunktschulen in Niedersachsen sind lang: Kinder von Geflüchteten sprechen noch kein Deutsch, das Sozialverhalten vieler Schülerinnen und Schüler verroht und die wenigen Lehrkräfte sind überlastet. 20 solcher Schulen will das Land nun mit einem sechs Millionen Euro teuren Programm fördern. An «Schule Plus» nehmen acht Bildungsstätten in Hannover, sechs in Salzgitter und je drei in Wilhelmshaven und Delmenhorst teil. Die Schulen liegen in Vierteln, in denen wenig Kinder Deutsch sprechen, viele Familien arm und Eltern oft arbeitslos sind.
Sascha Kohlmann / flickr (CC BY-SA 2.0)
Die Schulen bekommen zunächst bis Ende des nächsten Schuljahres 75 zusätzliche Lehrkräfte und 25 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, wie Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) ankündigte. Weiter bezahle das Land den Schulen 300 Lehrerstunden extra pro Woche. Sie könnten selbst entscheiden, ob sie diese als Arbeitszeit für das Lehrpersonal nutzen oder sich das Geld auszahlen ließen. Der Oberbürgermeister von Salzgitter, Frank Klingebiel (CDU), nannte das Programm eine «Entlastung». Das «ist aber auch zwingend notwendig», betonte er.
In Salzgitter kommen an manchen Schulen bis zu 85 Prozent der Lernenden aus geflüchteten Familien. Viele sprechen noch kein Deutsch. Ähnliche Probleme haben Klingebiel zufolge auch Wilhelmshaven und Delmenhorst. Schulen müssten geflüchtete Kinder nach zwei Jahren benoten, erklärte der Kultusminister. Oft klappe das aber nicht: Nach der Frist schrieben die Kinder nur Fünfen und Sechsen, weil die Sprache noch nicht sitze. Die teilnehmenden Schulen könnten diese Frist nach Bedarf verlängern. «Es gibt nicht die eine Musterlösung», betonte Tonne. Probleme und Lösungen seien von Schule zu Schule anders.
Kritik von Gewerkschaft und Opposition
Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßte das Programm als Schritt in die richtige Richtung, mahnte aber an, dass es ein Gesamtkonzept für alle Schulen in sozialen Brennpunkten brauche. Die GEW nannte als Beispiele kleinere Klassen, weniger Arbeitsbelastung für Lehrkräfte und Vollzeitstellen für pädagogische und therapeutische Fachkräfte. Auch die Opposition wies darauf hin, dass mehr als 20 Schulen im Land derartige Hilfe benötigten. Die schulpolitische Sprecherin der Grünen, Julia Hamburg, bezeichnete das Programm als «Tropfen auf den heißen Stein».
«Schule Plus» sei ein Auftakt und weitere Städte könnten folgen, sagte Kultusminister Tonne. Salzgitters Oberbürgermeister betonte, dass die Situation in Schulen ein Thema sei, das die Menschen umtreibe. dpa
Linke: Lehrermangel trifft vor allem Schulen in sozialen Brennpunkten