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Tarifabschluss – “Bis an die Grenze der Zumutbarkeit“: Gewerkschaften klagen über ruppige Verhandlungsführung der Länder

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POTSDAM. „Wir haben mit dieser Einigung Anschluss an die allgemeine Einkommensentwicklung gehalten und gleichzeitig einen Frontalangriff der Länderarbeitgeber auf die Grundlagen der Entgeltordnung abgewehrt“, so kommentiert der Vorsitzende des Beamtenbundes (dbb) Ulrich Silberbach das Verhandlungsergebnis zwischen Gewerkschaften und Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) vom Wochenende. Das klingt erstaunlich zurückgenommen – gemessen am forschen Auftreten Silberbachs noch im Januar. “Wenn der öffentliche Dienst als Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt auch nur ansatzweise mithalten will, sind kräftige Einkommenszuwächse im Tarif- und Beamtenbereich zwingend”, sagte er seinerzeit.

Unbeschadet sind die Gewrkschaften nicht aus den Tarifverhandlungen herausgekommen. Illustration: Shutterstock

Echte Freude kommt nicht auf. „Man kann sich alles schönreden. Eine Laufzeit von 3 Jahren ist ein Witz – insbesondere wenn im dritten Jahr die Lohnerhöhung nicht Mal zum Inflationsausgleich reicht“, so schreibt ein Lehrer auf der Facebook-Seite von News4teachers. Ein anderer schimpft: „Völlig ohne Worte! Sechs Prozent fordern, nur knapp mehr als die Hälfte bekommen und dann das Ganze als Erfolg verkaufen. Und als wenn das nicht schon wenig genug wäre, wird der Abschluss auf drei Jahre zementiert. 1,4 Prozent (!) im 3. Jahr bei durchschnittlich 1,9 Prozent Inflation. Ein absoluter Witz!“ Ein dritter meint: „Ehrlich, liebe Gewerkschaften, da habt ihr euch billig abspeisen lassen.“

Tatsächlich waren die Verbände selbstbewusst in die Verhandlungen eingestiegen, hatten bundesweit Warnstreiks organisiert und Zig-Tausende von Mitglieder für eindrucksvolle Demonstrationen mobilisiert – stießen dann aber auf Arbeitgeberseite auf einen unerwartet hartnäckigen Widerstand, der durch Meldungen einer sich abflauenden Konjunktur in Deutschland befeuert wurde. Bis zur dritten Verhandlungsrunde legten die Länder nicht mal ein Angebot vor. Entsprechend nüchtern fielen die Reaktionen auf Gewerkschaftsseite nach dem Abschluss aus. dbb-Vorsitzender Silberbach sagte fast entschuldigend: „Die TdL-Forderung nach ‚Neubewertung des Arbeitsvorgangs‘ klingt vielleicht harmlos, hätte aber flächendeckend zu einer zum Teil deutlich schlechteren Eingruppierung für die Beschäftigten geführt. Das hätte jede lineare Erhöhung aufgefressen. Das konnten die Gewerkschaften verhindern.“

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Das Gesamtpaket der Einigung bezeichnete Silberbach als „den sprichwörtlichen ehrlichen Kompromiss“. Auf der Habenseite stünden das lineare Gesamtvolumen von 8 Prozent, die deutliche Aufwertung der Pflegetabelle im Krankenhausbereich und die vollständige Durchsetzung der Gewerkschaftsforderungen bei den Auszubildenden.

Schmerzhafte Zugeständnisse hätten die Arbeitnehmervertreter vor allem bei der Vertragslaufzeit und beim Thema Strukturverbesserungen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels machen müssen. Silberbach: „Gerade in den Mangelberufen hätten wir die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes nachhaltiger stärken müssen und können. Mehr Zukunft war mit der TdL aber nicht durchzusetzen. Darauf werden wir in der nächsten Einkommensrunde zurückkommen.”

“Komplexe Verhandlungsmasse”

„Klar war von Anfang an, dass es eine komplexe Verhandlungsmasse gab“, erklärte VBE-Chef Udo Beckmann. „Auch deshalb waren die Verhandlungen von zähem Ringen geprägt. Das nun ausgehandelte Ergebnis sorgt für ein kräftiges Einkommensplus.“

Die gerade von Lehrerseite geforderte vollständige Umsetzung der Paralleltabelle konnte allerdings nicht realisiert werden, so berichtet Ulrich Gräler, stellvertretender Vorsitzender von „lehrer nrw“ und Tarifbeauftragter des Verbandes Deutscher Realschullehrer (VDR) im dbb, die Ergebnisse. Ein Teilerfolg sei allerdings die Erhöhung der Angleichungszulage für Lehrkräfte um 75 auf 105 Euro zum 1. Januar 2019. Auch die Forderung der Arbeitnehmerseite nach einer stufengleichen Höhergruppierung habe sich nur teilweise umsetzen setzen. Hier werden die Garantiebeträge bei Höhergruppierung zum 1. Januar 2019 auf 100 Euro (EG 1-8) bzw. auf 180 Euro (EG 9-14) erhöht. Gräler, der die abschließende Tarifrunde vor Ort in Potsdam begleitet hatte, kritisiert die „bis an die Grenze der Zumutbarkeit gehende Verhandlungsführung der Tarifgemeinschaft der Länder“.

Jens Weichelt, Vorsitzender des Sächsischen Lehrerverbands (SLV), meint: „Dass die stufengleiche Höhergruppierung am Verhandlungstisch nicht durchgesetzt werden konnte, ist der entschiedenen Verweigerungshaltung der Arbeitgeber geschuldet.“ Jutta Endrusch, stellvertretende Landesvorsitzende des VBE NRW und Mitglied des VBE bei der Verhandlungskommission des dbb, betont: „Es geht um die Wertschätzung der Lehrkräfte, die schon seit vielen Jahren den Kopf hinhalten für alle Baustellen im Schulbereich. Und es geht um Gerechtigkeit bei der Bezahlung. Wer qualifizierte Lehrkräfte haben will, muss jetzt handeln. Daran werden wir die Arbeitgeber auf Schritt und Tritt erinnern. Der VBE wird nicht locker lassen, bis wir eine attraktive Bezahlung für alle Lehrkräfte erreicht haben.“

„Insgesamt haben die Tarifverhandlungen einen akzeptablen Kompromiss gebracht. Der nächste Schritt muss nun die inhalts- und zeitgleiche Übertragung des Ergebnisses auch auf die beamteten Lehrkräfte sein“, sagt Brigitte Balbach, Vorsitzende von „lehrer nrw“. Agentur für Bildungsjournalismus

Der Tarifabschluss
  • Anhebung der Tabellenentgelte in drei Schritten um 3,2 Prozent (1.1.2019), 3,2 Prozent (1.1.2020) und 1,4 Prozent (1.1.2021). Bis zum 1.1.2021 mindestens um insgesamt 240 Euro (Laufzeit 33 Monate)
  • Erhöhung der Ausbildungs- und Praktikantenentgelte in zwei Schritten um 50 Euro (1.1.2019) und 50 Euro (1.1.2020)
  • Erhöhung der Pflegetabelle um zusätzlich 120 Euro
  • Erhöhung der Angleichungszulage für Lehrkräfte um 75 auf 105 Euro (1.1.2019)

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

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