DRESDEN. Versuchen Kita-Träger, Profit aus der Corona-Krise zu ziehen? Der Sächsische Erzieherverband (SEV) beobachtet jedenfalls mit Sorge, dass einige Träger von Kindertageseinrichtungen ihre Beschäftigten mit Änderungsverträgen, Kurzarbeit und Minusstundenaufbau konfrontierten – obwohl der Freistaat Sachsen weiterhin die Landesmittel in vollem Umfang zur Verfügung stelle. Außerdem sieht der SEV in einer Konzentration der Notbetreuung an bestimmten Standorten oder dem Zusammenfassen der Kinder zu einer Gruppe ein erhöhtes Infektionsrisiko. Auch das sind offenbar Sparmaßnahmen.
In den Kindertageseinrichtungen im Freistaat sind aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie seit dem 18. März 2020 die regulären Betreuungsangebote entfallen. Die Träger der Kitas sollen an allen Einrichtungen ein Notbetreuungsangebot sicherstellen. Das steht den Kindern zur Verfügung, deren Eltern in Bereichen der kritischen Infrastruktur tätig und aufgrund dienstlicher oder betrieblicher Gründe an einer Betreuung des Kindes gehindert sind. Dass damit nur noch ein geringer Teil der Kinder die Kitas besuchen wird, war absehbar – und natürlich beabsichtigt, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verlangsamen.
Erzieherinnen in unbezahlten Urlaub geschickt
Der Sächsische Erzieherverband berichtet nun, dass die ersten Träger von Kindertageseinrichtungen schon vorab versucht hätten, den arbeitsvertraglich festgelegten Beschäftigungsumfang von Erzieherinnen und Erziehern abzusenken. Einzelne Arbeitgeber hätten ihre Beschäftigten mit der Begründung fehlender Arbeit in unbezahlten Urlaub geschickt oder forderten, dass Minusstunden aufgebaut werden sollen. Auch über die Einführung von Kurzarbeit werde mancherorts nachgedacht. „Kurzarbeit im Erzieherbereich ist das falsche Signal an eine Berufsgruppe, die während der Corona-Krise eine Notbetreuung in unseren Kitas sichert“, empört sich Theresa Fruß vom Sächsischen Erzieherverband.
Änderungsverträge oder -kündigungen, Kurzarbeit und Minusstundenaufbau seien zudem unvereinbar mit den Abstimmungen zwischen dem Freistaat Sachsen und den sächsischen Kommunen zur Finanzierung der Kindertagesbetreuung während der Kita-Schließungen. Besonders unverständlich seien derartige Maßnahmen vor dem Hintergrund, dass die Finanzierung der Kindertagesbetreuung durch den Freistaat gesichert sei.
Ausbleibende Elternbeiträge werden kompensiert
Die sächsische Landesregierung habe zugesichert, die Landeszuschüsse auch in Schließzeiten in voller Höhe zu zahlen. Außerdem habe man sich gemeinsam mit den kommunalen Vertretern darauf geeinigt, dass die Elternbeiträge für den Zeitraum der Gültigkeit der Allgemeinverfügung nicht erhoben würden. „Die Beiträge werden stattdessen über eine zentrale Finanzierungsregelung kompensiert. Die Staatsregierung erwartet, dass der kommunale Anteil an der Gesamtfinanzierung der Kindertagesbetreuung ebenso vollumfänglich geleistet wird, wie auch Gemeinden weiterhin die laufenden Geldleistungen an Kindertagespflegepersonen zu zahlen haben“, heißt es beim SEV.
„Die Schließung der Kitas ist eine wesentliche Maßnahme zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Freistaat. Das ist scheinbar manchem Träger der Kindertageseinrichtungen noch nicht ganz bewusst, denn es kam zur Konzentration der Notbetreuung an bestimmten Standorten oder dem Zusammenfassen der Kinder zu einer Gruppe. Außerdem sind mitunter die Gruppen in der Notbetreuung räumlich nicht optimal voneinander getrennt und untereinander in Kontakt. Doch genau das sind Umstände, die das Infektionsrisiko für die Kinder und Erzieherinnen erhöhen“, so kritisiert der Verband darüber hinaus. Das widerspreche den Vorgaben des Bildungsministeriums. „Im Interesse der Gesundheit von Kindern und Erzieherinnen plädiert der Sächsische Erzieherverband für eine dezentrale Notbetreuung an jeder Einrichtung und die Einhaltung der Abstandsregeln vor Ort“, konstatiert Theresa Fruß.
Das tun, was im Kita-Alltag allzu oft auf der Strecke bleibt
Neben der Notbetreuung hätten die Erzieherinnen und Erzieher auch bei ansonsten geschlossenen Einrichtungen genug zu tun. „Erzieherinnen und Erzieher, die zeitweise nicht in der Einrichtung eingesetzt sind, sollten Aufgaben in Heimarbeit erledigen, wie etwa die Aufbereitung von Bildungsinhalten, Vorbereitung von Aktivitäten für die Zeit nach den Kita-Schließungen, Konzeptarbeit, Portfolio, Entwicklungsberichte, Förderpläne für Integrationsmaßnahmen, Dokumentation von Lerngeschichten usw.“, so fordert der Verband. Also all das, was im überlasteten Kita-Alltag allzu oft auf der Strecke bleibt. News4teachers
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