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Was ist in den Schulen los, wenn im Herbst die Erkältungssaison beginnt? Lehrer fordern flächendeckende Corona-Tests

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BERLIN. Die KMK strebt nach den Sommerferien einen regulären Schulbetrieb an. Schon jetzt sorgen Corona-Infektionen und Verdachtsfälle aber dafür, dass der Unterricht immer wieder unterbrochen werden muss. Was ist erst in den Schulen los, wenn im Herbst die Erkältungssaison anbricht und Kinder schon mit Schnupfen zu Hause bleiben müssen? Helfen könnten gut organisierte, flächendeckende Corona-Tests von Schülern und Lehrern. Die sind aber – außer in Bayern – nicht in Sicht.

Im Herbst beginnt die Erkältungssaison – was bedeutet das für den Schulbetrieb in der Corona-Krise? Foto: Shutterstock

Gegen 20.30 Uhr ging die Nachricht per E-Mail bei den Eltern ein – und erwischte sie laut einem Bericht der „Frankfurter Neuen Presse“ kalt: Wegen Coronafällen werde die Schule ihres Kindes umgehend geschlossen. In der Woche davor waren alle Schüler und Lehrer der Frankfurter Grundschule nach einem Verdachtsfall auf das Coronavirus getestet worden. Bei immerhin einem Schüler und drei Lehrern fiel der Befund positiv aus. Die Betroffenen wurden in Quarantäne geschickt. Die Eltern bekamen zunächst die Information, dass der Schulbetrieb trotz der positiven Befunde wieder aufgenommen werde – bis das Gesundheitsamt dann unvermittelt die Schulschließung verkündete. Mehr Information aber gab es zunächst nicht.

Die gesamte Woche war an regulären Unterricht kaum zu denken

Die Verunsicherung war entsprechend groß. Was bedeutet die Nachricht? „Waren unsere Kinder nun mit ansteckenden Personen in Kontakt oder sind sie Kontaktpersonen von Kontaktpersonen?“, so wollte eine Mutter wissen. Überall, wo die Eltern nachgefragt hätten, habe es geheißen, sie sollten die Anweisungen des Gesundheitsamts befolgen. „Gern“, so zitiert die Zeitung einen Vater. Er wolle ja bei der Eindämmung helfen. „Wenn mir das Gesundheitsamt sagt, ‘Geh in Quarantäne’, gehe ich. Wenn es sagt, ‘Brat dir ein Spiegelei, das hilft!’, dann brat ich mir ein Spiegelei. Aber vom Gesundheitsamt kam keine Information. Nichts.“ Müssen die getesteten Familien in Quarantäne? Dürfen sie alternative Betreuungen für ihre Kinder organisieren? Wann geht es mit dem Unterricht wieder los? Keine Antworten – bis es dann am Dienstag wiederum unvermittelt hieß: „Die Schule ist ab sofort wieder geöffnet“.

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Der Hintergrund, so klärt die Zeitung auf: Beim Abgleich der Listen von Schülern und Lehrern sowie der Testergebnisse (Gesundheitsamt: „Man muss sich eine Zettelwirtschaft vorstellen“) hatte es Unstimmigkeiten gegeben, die erst später aufgelöst werden konnten. Vorsorglich war die Schule geschlossen worden. Keine große Sache also. Von regulärem Unterricht konnte über die gesamte Woche aber kaum die Rede sein.

Ein angepasstes Schutz- und Hygienekonzept der KMK fehlt bislang

Das Hin und Her von Frankfurt lässt ahnen, was nach den Sommerferien in Deutschlands Schulen los sein wird. Die Kultusministerkonferenz hat sich in einer Schaltkonferenz am 18. Juni verständigt, den Unterricht nach den Sommerferien wieder im regulären Schulbetrieb aufnehmen zu wollen, also ohne die bislang geltende, lästige Abstandsregel, die die Teilung der Lerngruppen erzwingt – „sofern es das Infektionsgeschehen zulässt“. Die Ankündigung hat unter Lehrern und Eltern Verunsicherung ausgelöst, zumal ein angepasstes Schutz- und Hygienekonzept bislang fehlt. Die KMK kündigte an, ein solches bis zum Ende der Sommerferien vorlegen zu wollen.

Bis dahin: Rätselraten. Was ist beispielsweise, wenn ein Kind einen Schnupfen bekommt? Kitas haben mittlerweile bundesweit wieder regulär geöffnet, allerdings mit strikten Hygienevorkehrungen. Und die sehen vor, dass Kinder mit Erkältungssymptomen eben nicht betreut werden dürfen. „Natürlich gehören kranke Kinder nicht in Kitas und Schulen und natürlich müssen Mitarbeiter oder Mitschüler mit Vorerkrankungen geschützt werden“, so zitiert der „Spiegel“ eine Mutter, die sich bei einer Initiative namens „Familien in der Krise“ engagiert. „Aber dass Kinder wegen einer abklingenden Erkältung tagelang und immer wieder zu Hause bleiben müssen, ist kein tragfähiges Konzept für Millionen Kinder und ihre Eltern in der Herbstzeit.“ Für einen regulären Schulbetrieb, wie ihn die KMK anstrebt, auch nicht.

Flächendeckende Corona-Tests an Schulen könnten helfen

Schnelle, umfassende und gut organisierte Corona-Tests würden wohl helfen. Die stehen allerdings in den meisten Bundesländern in den Sternen. Zwar haben einige Länder, zuletzt Bremen, angekündigt, ihre Testreihen an Schulen auszuweiten. In Sachsen können sich Lehrer freiwillig testen lassen. Auch Berlin will das bald anbieten. Flächendeckende Tests von Lehrern und Schülern, wie sie Bayern nun für alle Bürger angekündigt hat, stehen aber außerhalb des Freistaats in den Sternen. In Rheinland-Pfalz beispielsweise lehnte der Landtag mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen von SPD, FDP und Grünen einen Antrag der CDU-Fraktion für umfassende Corona-Tests an Schulen und Kitas ab. Ein solches Vorgehen sei nicht zielführend und nicht hilfreich, befand Bildungsministerin und KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD). Tests seien immer nur eine Momentaufnahme und verleiteten zu einer falschen Sicherheit.

Statt regelmäßiger Tests aller 80.000 Beschäftigten in Kitas und Schulen vertraut sie auf eine „Querschnitt-Testung“ an Kitas und Schulen: Vor den Sommerferien und ein weiteres Mal danach sollen an 30 bis 35 Schulen und Kitas im Land jeweils 40 Kinder und Jugendliche sowie 10 Mitarbeiter – Lehrer, Erzieher, Hausmeister – freiwillig getestet werden. Danach sei zu entscheiden, in welchem Rhythmus solche Tests weiterverfolgt werden sollten. Am allerwichtigsten sei ohnehin die weitere Befolgung der Hygiene-Regeln, sagte die Ministerin bei der Ankündigung im Mai. Aber die bis dato geltende 1,50 Meter-Abstandsregel, die außerhalb der Schulen ja weiterhin besteht, wird nach den Sommerferien ja in den Klassenzimmern nicht mehr gelten.

GEW: Stichproben an wenigen Schulen reichen nicht aus

Die geplante „Querschnitt-Testung“ reiche nicht aus, meint deshalb der GEW-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer. „Wir müssen weiter gehen.“ Mit Blick auf die erste Erkältungswelle nach dem Sommer „haben wir ganz große Sorgen“, sagt der Lehrergewerkschafter. Umfassendere Tests könnten zur Beruhigung beitragen.

In eine ähnliche Kerbe schlägt der VBE Baden-Württemberg. Mit Blick auf aktuelle Corona-Infektionen in einigen Schulen des Landes heißt es dort: „Nach Häufung der Infektionsfälle insbesondere an Sekundarstufen hat das Land immer noch kein endgültiges Konzept für Tests an Schulen vorgelegt. Dass Schulen öffnen müssen, ist das eine, dass aber der Gesundheitsschutz trotz Ankündigung aus Reihen der Landesregierung bisher nicht durchgesetzt wird, ist unverantwortlich.“ So berichtet der Experte für Arbeits- und Gesundheitsschutz Oliver Hintzen, der zugleich Rektor einer Grund- und Werkrealschule und stellvertretender Landesvorsitzender des VBE Baden-Württemberg ist: Nicht nur Kollegen seien verunsichert, sondern auch Eltern und Schüler. „Wir haben einige Eltern, die aus Angst ihre Kinder nicht in die Schule schicken“, sagt er.

„Bei mir hat noch niemand angerufen und gefragt, wann man zur Testung kommen darf. Auch in der neuen Corona-VO steht nichts”, kritisiert Hintzen. Er fordert umgehend konkrete Pläne für flächendeckende Corona-Tests an Schulen. Er meint: „Alle seriösen Forscher sind sich einig, dass ein Frühwarnsystem die beste Prävention darstellt.“ Und: Wohl auch die einzige Möglichkeit, nach den Sommerferien tatsächlich so etwas wie einen regulären Schulbetrieb hinzubekommen. News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Philologen verlangen von Hubig eine ehrliche Debatte um Corona-Risiken für Schüler und Lehrer – und: einen Milliarden-Pakt für die Schulen!

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