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Lockdown an Kitas und Schulen bis (mindestens) 15. Februar? Corona-Mutation macht Verlängerung wahrscheinlich

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BERLIN. Der Mutant kommt. Was nach Science-Fiction klingt, wird in der Corona-Krise Realität. Die Virusvariante könnte sich in Deutschland wie in Großbritannien rasant verbreiten. Deutschland will vorbereitet sein – selbst Grenzschließungen sind im Gespräch. Immer mehr Ministerpräsidenten sehen bis Mitte Februar keine Chance, den Lockdown zu beenden. Das betrifft auch Kitas und Schulen. Am heutigen Dienstag wollen sie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über den Kurs der nächsten Wochen beraten.

Die Kanzlerin ist in Sorge. Foto: Shutterstock / Alexandros Michailidis

Im Beschluss-Entwurf für die Videokonferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, der dem “Spiegel” vorliegt, wird betont, dass der Betrieb von Kitas und Schulen höchste Bedeutung für die Bildung der Kinder und die Vereinbarung von Familie und Beruf hat. Allerdings gebe es ernst zu nehmende Hinweise, dass das mutierte Coronavirus »sich auch stärker unter Kinder und Jugendliche verbreitet, als das bei dem bisher bekannten Virus der Fall ist«. Daher sollen die Schulen bis zum 15. Februar »grundsätzlich« geschlossen bleiben. Eine Notfallbetreuung werde sichergestellt, Distanzlernen werde angeboten.

Die Infektionszahlen müssten rascher gesenkt werden als bisher, um eine mögliche, schnelle Verbreitung der Virusmutationen in den Griff bekommen zu können, sagte Baden-Württembergs Regierungssprecher Rudi Hoogvliet vor der Videokonferenz von Bund und Ländern an diesem Dienstag. «Unter dem Strich muss eine Verschärfung neben der Verlängerung stehen.» Er widersprach damit auch der CDU-Spitzenkandidatin und Kultusministerin Susanne Eisenmann, die sich gegen eine Verschärfung ausgesprochen hatte. Eisenmann hatte Kitas und Schulen unabhängig vom Infektionsgeschehen öffnen wollen, war aber von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ausgebremst worden.

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Österreich dehnt die Abstandsregel augrund der Mutation aus – von einem auf zwei Meter

Kretschmann werde sich in der Videokonferenz mit den anderen Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür einsetzen, dass mehr Arbeitnehmer ins Home Office wechseln. Appelle reichten nicht mehr. Regierungssprecher Hoogvliet ging davon aus, dass sich Bund und Länder auf eine verschärfte Regelung einigen werden. «Die Bereitschaft, da weit zu gehen, ist groß.» Es sei zum Beispiel denkbar, dass die Arbeitgeber begründen müssten, warum sie bestimmte Arbeitnehmer nicht ins Home Office schicken können.

Kretschmann sei auch offen dafür, wie in Bayern eine FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen einzuführen. Zudem wolle der Regierungschef mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) noch vor der Konferenz über den Umgang mit dem Grenzverkehr sprechen. Hintergrund sei, dass sich die Virusmutationen etwa in Österreich und Frankreich bereits stärker ausbreitet.

Österreich hatte gestern den Corona-Lockdown bis zum 7. Februar verlängert und Schutzvorschriften verschärft. Der Sicherheitsabstand, den Menschen in Österreich einhalten sollen, wird von einem auf zwei Meter ausgedehnt. In Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln müssen künftig – wie in Bayern – FFP2-Masken getragen werden. Bundeskanzler Sebastian Kurz begründete dies damit, dass ansteckendere Mutationen des Virus nun auch in Österreich angekommen seien. Die Lage habe sich nochmals deutlich verschärft. Deshalb blieben Ausgangsbeschränkungen in Kraft und auch Schulen im Fernunterricht. Nach Ende des Lockdowns ist geplant, die Schulen erstmal nur im Schichtbetrieb wieder zu öffnen.

In einer Schweizer Schule wurde die britische Mutation jetzt nachgewiesen – 500 Schüler und 70 Lehrer in Quarantäne

In einer Schule im Schweizer Kanton Tessin wurden unterdessen dreizehn Personen positiv auf Corona getestet – zwei davon auf die britische Mutation. Jetzt muss die ganze Schule in Quarantäne, so berichtet die Zeitung „20 Minuten“. Betroffen seien alle knapp 500 Schülerinnen und Schüler sowie rund 70 Lehrkräfte der Mittelschule in Morbio Inferiore.

Bayerns Ministerpräsident Söder sprach sich ebenfalls dafür aus, den Lockdown in Deutschland bis Mitte Februar zu verlängern, und das betreffe auch die Schließung von Kitas und Schulen. Bereits am Morgen betonte er auf Bayern 2, die bisherigen Maßnahmen müssten „vernünftig fortgesetzt“ werden. Damit müssen sich die meisten Schülerinnen und Schüler in Bayern voraussichtlich auf mindestens zwei weitere Wochen Distanzunterricht einstellen und Familien die Betreuung ihrer Kinder über den 31. Januar hinaus organisieren. In anderen Bundesländern sind die Kitas allerdings nach wie vor geöffnet. Dort läuft ein sogenannter „Notbetrieb“ – in der Praxis allerdings ohne große Einschränkungen. Auch der Präsenzunterricht in Schulen wurde in einigen Bundesländern lediglich eingeschränkt.

Söder verwies darauf, dass sich die Corona-Zahlen in Bayern “verhalten positiv entwickeln” und die Schutzmaßnahmen Wirkung zeigten. Das sei allerdings kein Anlass, vorzeitig abzubrechen. “Wer jetzt über Nacht lockert, riskiert ein Hochschnellen der Zahlen.” Irland habe das auf tragische Weise erlebt, warnte der Ministerpräsident. Durch den gegenwärtigen Lockdown lässt sich Söders Einschätzung nach auch eine Ausbreitung der neuen Virus-Mutationen verhindern. Bis Mitte Februar werde man auch über diese “gefährlichere Virus-Variante” einen besseren Kenntnisstand haben, argumentierte er.

Kultusministerin Eisenmann stellt den Sinn weiterer Verschärfungen infrage – sie will Kitas und Schulen öffnen

Baden-Württembergs Regierungssprecher Hoogvliet erklärte, alle Experten gingen davon aus, dass die neu aufgetretenen, aggressiveren Virus-Varianten aus Großbritannien und Südafrika sich auch in Deutschland ausbreiten werden. Es brauche deshalb nun eine «Vorsorgeaktion», damit sich die Mutation nicht rasend schnell breit mache.

Kultusministerin Eisenmann hatte dagegen den Sinn weiterer Verschärfungen infrage gestellt. «Die Frage ist für mich tatsächlich: Wo will man weiter verschärfen?», sagte sie am Sonntagabend im «Bild»-Politiktalk «Die richtigen Fragen». Sie halte es zwar für richtig, über eine Verlängerung des Lockdowns nachzudenken. Aber zu einer möglichen Verschärfung sagte sie: «Man muss den Maßnahmen ja auch die Chance geben, zu wirken.» Sie halte es für schwierig, jetzt schon davon zu sprechen, wie es Ostern oder gar bis Pfingsten ist. Es brauche verlässliche Zahlen. «Wir rennen immer noch Zahlen hinterher, es wird immer noch nicht so viel getestet wie vor Weihnachten», sagte Eisenmann, die auch Spitzenkandidatin der Landtagswahl am 14. März ist. Das sei den Bürgern schwierig zu vermitteln.

Die Gewerkschaft Verdi hat angesichts des vielerorts wenig konsequenten „Notbetriebs“ in Kindertagesstätten und der Mutation des Coronavirus konsequenten Schutz der Beschäftigten angemahnt. Während viele Menschen im Homeoffice arbeiteten, hätten die Kita-Beschäftigten täglich viele Kontakte, teilte die Gewerkschaft mit. Notbetrieb bedeute, dass bis zu 50 Prozent der Kinder in den Kitas seien – die ansteckenderen Virus-Mutationen bereiteten vielen Beschäftigten deshalb Sorgen. Verdi forderte, Covid-19 grundsätzlich als Berufskrankheit bei Kita-Beschäftigten anzuerkennen.

Meidinger: Endlich einen an Infektionszahlen gebundenern Hygienestufenplan für den Schulbetrieb vorlegen!

Die GEW rief die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten auf, die Schließungen von Schulen und Kitas zu verlängern. «Die Infektions- und Sterbezahlen bewegen sich weiter auf einem hohen Niveau, zudem sind die Risiken durch Mutationen des Coronavirus aktuell nur schwierig einzuschätzen», sagte GEW-Chefin Marlis Tepe dem RND. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, forderte klare Pläne für den Schulbetrieb. «Wir erwarten von der Ministerpräsidentenkonferenz und der Bundeskanzlerin, dass endlich ein an Infektionszahlen gebundener Hygienestufenplan für den Schulbetrieb vorgelegt wird», sagte er der «Rheinischen Post».

Das Robert-Koch-Institut empfiehlt ab einem Inzidenwert von 50 Wechselunterricht, damit die Abstandsregel in den Klassenräumen gelten kann, sowie eine generelle Maskenpflicht im Unterricht. Die Bundesländer lehnen die Empfehlungen des RKI bislang ab. News4teachers / mit Material der dpa

RKI meldet zwei verstorbene Lehrer/Erzieher, insgesamt drei in nur einer Woche

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