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Druck steigt, Erzieher und Grundschullehrer schnell zu impfen – VBE: Erst impfen, dann Kitas und Schulen öffnen (nicht umgekehrt)

BERLIN. In zehn weiteren Bundesländern sollen zum Wochenbeginn Schulen und Kitas öffnen. Und das genau in dem Moment, in dem die Corona-Zahlen vielerorts wieder nach oben gehen. Zumindest die Beschäftigten sollen nun ein schnelleres Impfangebot bekommen – allerdings mit dem Vakzin von AstraZeneca, gegen das Vorbehalte bestehen. Die Bundesfamilienministerin will Impfteams in die Kitas und Schulen schicken.

Auch wenn die Impfverordnung jetzt geändert wird, wird es noch einige Zeit dauern, bis alle Erzieher und Grundschullehrkräfte durchgeimpft sind. Foto: Shutterstock

Beschäftigte an Grundschulen und Kitas können damit rechnen, bei der Corona-Impfung schneller an die Reihe zu kommen als bisher geplant. Ebenso wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und mehrere Bundesländer unterstützt auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek entsprechende Pläne. «Beide Berufsgruppen nehmen Aufgaben wahr, die für unsere ganze Gesellschaft von ganz großer Bedeutung sind, was sich auch in der Impfpriorisierung zeigen sollte», sagte die CDU-Politikerin im Gespräch. Eine Grundsatzentscheidung wird bereits Anfang der Woche erwartet.

Kurz vor dem Start des Schulbetriebs in zehn Bundesländern an diesem Montag mehren sich die Hinweise, dass in Deutschland eine dritte Corona-Welle bevorstehen könnte. Trotz des strengen Lockdowns ist die Zahl der täglichen Neuinfektionen zuletzt kaum noch oder gar nicht mehr gesunken. Experten führen dies auf die Ausbreitung deutlich ansteckenderer Virusvarianten zurück. Vor diesem Hintergrund hat die Debatte über eine raschere Corona-Impfung für Lehrkräfte und Erzieher deutlich neue Fahrt aufgenommen.

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“Dies wäre ein Beitrag, um eher Schüler in den Schulen unterrichten oder eher Kinder in den Kitas betreuen zu können”

Bei der Impfreihenfolge in Deutschland wurden drei große Gruppen festgelegt: Gruppe eins mit «Höchster Priorität», Gruppe zwei: «Hohe Priorität», und Gruppe drei: «Erhöhte Priorität». Kita- und Grundschulbeschäftigte stehen nach der aktuellen Impfverordnung in Gruppe drei und wären damit voraussichtlich erst im Sommer dran. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder hatten das Gesundheitsministerium bei ihrer jüngsten Beratung aber gebeten, zu prüfen, ob diese Beschäftigten vorgezogen werden könnten. Dafür müsste die geltende Impfverordnung geändert werden – Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bereits zugesagt, entsprechend verfahren zu wollen, wie News4teachers berichtet.

Nach Angaben von Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha ist diese Änderung bereits in Arbeit. Eine Grundsatzentscheidung solle voraussichtlich auch in der Gesundheitsministerkonferenz an diesem Montag fallen, sagte der Grünen-Politiker am Samstag in Stuttgart. Spahn hatte ebenfalls angekündigt, man wolle die Beschäftigten an Kitas und Grundschulen zügig in die nächsthöhere Impfgruppe nehmen und früher ein Impfangebot machen.

«Sollte eine große Zahl von Lehrkräften und der Beschäftigten in den Kitas durch eine Impfung geschützt sein, wäre dies ein Beitrag, um eher Schüler und Schülerinnen in den Schulen selbst unterrichten zu können oder eher Kinder in den Kitas betreuen zu können», sagte Karliczek. Das wäre auch eine Anerkennung der Leistungen der Lehrkräfte und der Beschäftigten in den Kitas, die wie kaum andere Berufsgruppen Kontakte zu anderen hätten, fügte sie hinzu.

“Ich halte es für absolut sinnvoll, wenn Impfteams in Kitas und Schulen kommen”

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sprach sich dafür aus, Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher an deren Arbeitsplatz zu impfen. «Ich halte es für absolut sinnvoll, wenn Impfteams in Kitas und Schulen kommen», sagte Giffey. «Viele Menschen in Ostdeutschland kennen das noch von früher. Es gab ein Arztzimmer in jeder Schule. Es kam regelmäßig der Zahnarzt zum Nachschauen, und es wurde auch geimpft», sagte die SPD-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl im September.

Giffey sprach sich dafür aus, für die Impfungen in Schulen und Kitas die mobilen Impfteams einzusetzen, die in Berlin zunächst die Bewohnerinnen und Bewohner der Altersheime geimpft haben. «Die Impfteams haben die Erfahrung und sind auch schon aufgestellt», sagte Giffey. «Aus meiner Sicht würde das die Geschwindigkeit und die Effizienz enorm erhöhen», sagte die SPD-Politikerin. «Es ist natürlich wichtig, das Personal vorab gut zu informieren, damit sich auch viele impfen lassen, wenn das Impfteam in die Kita oder Schule kommt.»

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) warnte vor einem Öffnungswettbewerb zwischen den Ländern. «Die Öffnungen sind kein Wettbewerb, bei dem das Bundesland gewinnt, das die weitgehendsten Lockerungen umsetzt und die Gesundheit aller Beteiligten maximal riskiert», sagte VBE-Chef Udo Beckmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wer öffnen wolle, müsse Impfangebote machen. Dass eine Priorisierung von Lehrkräften beim Impfen geprüft werde, sei gut. «Die Frage ist nur, wann eine Entscheidung getroffen wird – und warum die Schulöffnungen davor stattfinden sollen.»

Beckmann kritisierte: «Lehrkräfte müssen sich bei der von Montag an breitflächigen Öffnung der Schulen zum Teil ungeschützt ausgeliefert in Situationen begeben, denen sich kaum jemand anders stellen muss: nämlich dass viele Haushalte über mehrere Stunden zusammen in einem Raum sind – im Klassenraum.» Er fügte hinzu: «Die Lehrkräfte sind nicht geimpft, es ist unklar, wer sich wann wo testen lassen kann, und teilweise bekommen sie keine oder nicht ausreichend Masken gestellt.»

Der VBE-Vorsitzende forderte einen bundesweit einheitlichen Stufenplan, in dem geregelt sein müsse, bei welcher Inzidenz welcher Schritt in Sachen Schulöffnungen gegangen werde. Es gebe eine Fülle unterschiedlicher Regelungen, die für Unmut bei Lehrern wie Eltern sorgten. «Ein Stufenplan, der sich an klaren Inzidenzen orientiert, würde deutschlandweit für Vergleichbarkeit und Transparenz sorgen.»

“Nur folgerichtig, auch die Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher mit einer höheren Priorität als bisher zu impfen”

An diesem Montag öffnen in zehn weiteren Ländern wieder Grundschulen. Es findet entweder sogenannter Wechselbetrieb mit halben Klassen statt, die abwechselnd zur Schule kommen, oder auch Vollbetrieb mit festen Gruppen, die sich möglichst nicht begegnen sollen. Bei den Kitas dürfen mehr Kinder oder auch alle wieder in die Betreuung zurück. Auch das unterscheidet sich in den Ländern. Für ältere Schüler und Jugendliche geht es erst einmal mit sogenanntem Fernunterricht weiter. Ausgenommen davon bleiben Abschlussklassen. In Niedersachsen sind Grundschüler bereits seit Januar wieder in den Schulen, in Sachsen seit Beginn dieser Woche. Auch die Kitas sind im Freistaat seit Montag wieder geöffnet.

«Alle Öffnungsszenarien sehen völlig zurecht eine hohe Priorität für den Bildungsbereich vor. Da ist es nur folgerichtig, auch die Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher mit einer höheren Priorität als bisher zu impfen», sagte Niedersachsens Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung». Doch das ist nicht der einzige Grund für den Vorstoß, wie Reimann einräumt: Ein weiterer  sei, dass ein Großteil des AstraZeneca-Vakzins nicht verimpft werde. Angemeldete verzichteten offenbar immer wieder auf ihre Termine, mutmaßlich aus Sorge vor Nebenwirkungen. Das niedersächsische Gesundheitsministerium gab an, bis Donnerstag von bisher gelieferten 73.000 Impfdosen des Herstellers AstraZeneca erst rund ein Drittel verbraucht zu haben. Das Serum ist für Menschen bestimmt, die jünger als 65 Jahre sind.

Der MDR berichtete unter Berufung auf Aussagen der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD), dass Erzieherinnen und Erziehern sowie Grundschullehrkräften in Kürze ein Impfangebot mit dem Vakzin von Astrazeneca gemacht werden könne. News4teachers / mit Material der dpa

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