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Aufstand gegen Schulöffnungen! Kommunen weigern sich, Eltern rufen zum Boykott auf

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Aktuell! Bouffier streicht “Präsenztag” für alle Schüler.

WIESBADEN. Seit Monaten werden die meisten älteren Schüler ausschließlich zu Hause unterrichtet. In den zwei Wochen bis Ostern sollten sie langsam wieder an die Schule herangeführt werden – Hessens Kultusminister Lorz (CDU) hat dafür einzelne “Präsenztage” angesetzt. Aber die Infektionszahlen und ein sich ausweitender Widerstand könnten den Plan zunichte machen.

Volle Schulen vor Ostern? Hessens Kultusminister Alexander Lorz. Foto: HKM/ Patrick Liste

Von Montag an sollen alle Schüler in Hessen tageweise zurück in den Unterricht. Dieser Plan des Kultusministeriums stößt auf immer breitere Kritik. Erste Städte und Kreise haben dem Land bereits eine Abfuhr erteilt, Eltern zum Protest aufgerufen. Das Corona-Kabinett der hessischen Landesregierung will an diesem Donnerstag über das Thema diskutieren.

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Wegen der Corona-Pandemie wird derzeit für die Klassen 1 bis 6 Wechselunterricht angeboten: Jeweils die Hälfte der Klasse kommt jeden zweiten Tag oder jede zweite Woche in die Schule. Nur die jeweiligen Abschlussklassen bekommen vollständigen Präsenzunterricht. Die Jahrgangsstufen 7 bis 11 lernen im Distanzunterricht, also zu Hause im sogenannten Homeschooling.

«Besondere Sorgen bereiten uns in der Zeit bis zu den Osterferien die Hofpausen»

Am 9. März verkündete Kultusminister Alexander Lorz (CDU), dass in den letzten zwei Wochen bis zu den Osterferien – also 22. März bis 1. April – «für jede Schülerin/jeden Schüler an mindestens einem Tag pro Woche Präsenzzeit in der Schule stattfinden soll». Als Voraussetzung für die geplanten Öffnungsschritte galt, dass der landesweite Inzidenzwert nicht über 100 steigt – am Mittwoch lag er bei 93,4.

Die Schulen waren überrascht – und wenig begeistert, wie aus zahlreichen Elternbriefen hervorgeht. «Besondere Sorgen bereiten uns in der Zeit bis zu den Osterferien die Hofpausen», sagt beispielsweise der Schulleiter der Frankfurter Musterschule, Stefan Langsdorf, in einem Elternbrief. Die Schüler hätten sich lange nicht gesehen, in der Wiedersehensfreude könnten Abstandsregeln leicht vergessen werden. «Es wäre fatal, wenn die beiden Präsenztage vor den Ferien unser aller Gesundheit gefährden und die möglichst geregelte Aufnahme des Präsenzunterrichts nach den Osterferien in Gefahr bringen würden.»

Manch einer vermutet, die Öffnungspläne seien der Kommunalwahl am vergangenen Sonntag geschuldet gewesen. Der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Hanau haben dem Kultusministerium einen Brief geschrieben. Darin bitten sie das Ministerium nach eigenen Angaben, «die kurz vor der Kommunalwahl angekündigten vorverlegten Öffnungsschritte wieder zurückzunehmen».

Im Laufe der Woche sperrten sich immer mehr Städte und Kreise gegen die geplante Öffnung. Bis Mittwochabend hatten Stadt und Kreis Offenbach sowie die Kreise Main-Kinzig, Groß-Gerau, Lahn-Dill und Fulda abgewunken.

«Herr Lorz, ziehen Sie die Notbremse, bevor Schulen zu Hotspots werden»

Die Stadt Frankfurt fordert «eine hessenweit einheitliche Regelung». Der ab Montag geplante Einstieg in den Wechselunterricht müsse landesweit ausgesetzt werden – wegen steigenden Infektionszahlen und «aufgrund der noch nicht erfolgten Impfungen durch das Aussetzen der Impfungen mit Astrazeneca sowie der noch nicht zur Verfügung stehenden Schnelltests des Landes». Die Zeit bis Ostern sollte besser genutzt werden, «um ein Testkonzept für die regelmäßige Testung aller Schülerinnen und Schüler vorzulegen und die Lieferung und Durchführung der Tests an Schulen zu organisieren».

Das sieht auch die GEW Hessen so. Es wäre sinnvoller, die zwei Wochen vor Ostern dazu zu nutzen, ein gutes Konzept für den Wechselunterricht nach Ostern zu entwickeln, sagte Vorsitzende Maike Wiedwald. Der Deutsche Lehrerverband Hessen (dlh) fordert, den angedachten Präsenzunterricht für die Jahrgangsstufen 7 bis 11 auszusetzen: «Herr Lorz, ziehen Sie die Notbremse, bevor Schulen zu Hotspots werden», forderte der Verband.

Es gebe «auf allen Seiten das Bedürfnis nach einer Rückkehr zur schulischen Normalität», schrieb Lorz den Schulen. Die tageweise Rückkehr vor Ostern «entspricht auch den Rückmeldungen, die wir in den vergangenen Tagen und Wochen erhalten haben – von der aus Schulpraktikerinnen und Schulpraktikern bestehenden Konzeptgruppe Schuljahr 2020/2021, von Interessenvertretungen und Verbänden, von der Landesschülervertretung und vom Landeselternbeirat.»

«Eine seriöse Teststrategie als Grundlage der Öffnungsschritte fehlt»

An einzelnen Schulen haben die Eltern bereits zum Boykott aufgerufen, etwa an der Melibokusschule in Alsbach-Hähnlein (Kreis Darmstadt-Dieburg). Zur Begründung hieß es unter anderem: «Eine seriöse Teststrategie als Grundlage der Öffnungsschritte fehlt.» Außerdem werde damit der Distanzunterricht «erheblich negativ beeinflusst: Unsere Kinder erhalten dadurch weniger Unterricht.»

Die angekündigten Schnelltests für die Schulen kommen erst nach den Osterferien, wie aus der Regierungserklärung von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Dienstag hervorging. Am Freitag will Lorz zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ein «Testmobil» für Ausbrüche an Schulen vorstellen. Von Sandra Trauner, dpa

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