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Was Matheaufgaben verraten: Forscher untersuchen hirnphysiologische Prozesse unter Stress

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MÜNCHEN. Viele Schülerinnen und Schüler erleben in der Schule mehr oder weniger regelmäßig Stresssituationen. Was dabei im Gehirn passiert, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mithilfe von Mathematikaufgaben ermittelt. Sie konnten daraus das Risiko für psychische Erkrankungen ableiten.

Mathematikaufgaben in der Schule gehören für viele Menschen zu Erinnerungen, die auch lange nach der Schulzeit Stress auslösen. Mathematikaufgaben waren auch das Mittel der Wahl für ein Team von Wissenschaftlern des Münchener Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI) und des Universitätsklinikums Tübingen ihre Probanden, unter Stress zu setzen. Ziel war erstmals die gesamte Dauer einer Stresssituation in den Blick zu nehmen. Die Forscher fanden nicht nur Veränderungen in der Kommunikation von Hirnregionen, sondern einen dynamischen Prozess: Verschiedene Netzwerke agierten unterschiedlich im Lauf der akuten Belastung. Daraus konnten die Wissenschaftler ablesen, wie anfällig eine Person für eine negative Grundstimmung war und wie sich dadurch ihr Risiko für eine psychische Erkrankung erhöhte.

Mathematikaufgaben können das Gehirn unter Stress setzen und daraus können Wissenschaftler das Risiko für psychische Erkrankungen ableiten. Illustration: Shutterstock

Die Wissenschaftler um MPI-Forscherin Anne Kühnel beobachteten damit erstmals an ihren Probanden beim Lösen einer kniffligen Rechenaufgabe über den gesamten Zeitraum einer belastenden Situation, was im Gehirn geschieht. „Unsere Studie zeigt nicht nur, wo Veränderungen auftreten, sondern wie verschiedene Hirnregionen zusammenspielen und wie sich ihre Kommunikation im Lauf der Situation verändert“, fasst Erstautorin Kühnel zusammen.

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Die Probanden sollten im Magnetresonanztomografen unter Zeitdruck Matheaufgaben lösen. Und egal, wie gut sie das machten, sie bekamen negatives Feedback – eine Stresssituation. Die dynamische Reaktion der Netzwerke im Gehirn der Studienteilnehmer fiel unterschiedlich aus. Die Wissenschaftler konnten sie damit in Verbindung bringen, wie ängstlich oder niedergeschlagen ihre Teilnehmer waren, mit weitreichenden Möglichkeiten: Je ängstlicher, zurückhaltender oder depressiver, je negativer die Grundstimmung eines Menschen, desto höher sei das Risiko einer psychischen Erkrankung, erläutert MPI-Direktorin Elisabeth Binder. „Die veränderte Kommunikation zwischen den Gehirnarealen stützt die These, dass psychische Störungen Netzwerk-Erkrankungen sind, bei denen das Zusammenwirken von neuronalen Einheiten gestört ist“, so die Medizinerin und fährt fort: „Die neuen Erkenntnisse sind wichtig für die Entwicklung individuellerer Diagnosen und personalisierter Therapien.“

Gerade für individualisierte Ansätze in der Behandlung von stressbedingten Erkrankungen sieht der Tübinger Neurowissenschaftler Nils Kroemer großes Potenzial durch die neue Studie: „Wir konnten erstmals zeigen, wie wichtig individuelle Muster der Stressantwort im Gehirn sind, um das Erleben von Stress – einschließlich ungünstiger Nachwirkungen der Belastung – besser zu verstehen. In der Zukunft könnten wir unsere dynamischen Modelle der Hirnantwort einsetzen, um beispielsweise die gezielte Wirkung von Medikamenten zu untersuchen, die die Stressantwort bei Personen mit einem hohen Risiko verbessern könnten.“

Die Wissenschaftler bezogen Menschen mit und ohne affektive Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen in ihre Studie ein. Neben Aufnahmen im Magnetresonanztomographen maßen sie das Stresshormon Cortisol und die Herzfrequenz.

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