KÖLN. Für viele Lehrerinnen und Lehrer sind Computerspiele noch immer quasi des Teufels, dabei hätten sie auch im Unterricht einiges didaktisches Potenzial, sind Forscherinnen und Forscher der Universität zu Köln überzeugt. Im Lehramtsstudium sollten sie daher einen zentralen Stellenwert bekommen.
Computerspiele spielen eine große Rolle in der Lebens- und Medienwelt von Kindern und Jugendlichen. Im Hinblick auf Bildung und schulischen Erfolg gelten Sie allerdings den meisten Erwachsenen vorsichtig gesprochen, als zumindest hinderlich. „Computerspiele haben für den Unterricht großes Potenzial“, ist dagegen der Kölner Psychologe Marco Rüth überzeugt. Studien hätten bereits gezeigt, dass Computerspiele als Lernwerkzeug im Schulunterricht den Kompetenzaufbau von Schülerinnen und Schülern unterstützen können. Auch seien Schülerinnen und Schüler nach der Nutzung von Computerspielen im Unterricht in der Lage gewesen, ihre Erfahrungen mit dem Medium kritisch und konstruktiv zu reflektieren.
Der Schulunterricht nehme dieses Medium jedoch kaum in den Blick. Insbesondere die zukünftige Generation von Lehrkräften, die aktuell an Hochschulen ausgebildet wird, könnte dies ändern, so Rüth. In einer aktuellen Studie befragte Rüth gemeinsam mit seinen Kölner Kollegen Adrian Birke und Kai Kaspar online 402 Lehramtsstudierende von deutschsprachigen Hochschulen zu ihrer Absicht, Computerspiele als Lernwerkzeuge und als Reflexionsgegenstand in ihren zukünftigen Schulunterricht zu integrieren. Dessen, dass dies nicht im luftleeren Raum geschehen könne, sind sich indes auch die Kölner Wissenschaftler bewusst. „In der aktuellen Studie haben wir den Fokus auf die Lehrkräfte von morgen gelegt und darauf, wie man sie besser auf den Einsatz von Computerspielen im Unterricht vorbereiten kann“, beschreibt Marco Rüth.
Das Forschungsteam untersuchte in der Studie insgesamt 21 Personenmerkmale, darunter die wahrgenommene Wirksamkeit von Computerspielen, das Wissen zu Computerspielen und die Angst vor dem Einsatz von Computerspielen im Unterricht. „Vor allem die wahrgenommene Wirksamkeit von Computerspielen und wahrgenommene Bezüge von Computerspielen zu Lehrplänen sind für die Absicht der Lehramtsstudierenden, Computerspiele im eigenen Schulunterricht tatsächlich einsetzen zu wollen, entscheidend“, erläutert Rüths Kollege Professor Kai Kaspar die Ergebnisse.
In der Befragung zeigten sich darüber hinaus Unterschiede zwischen den Einsatzszenarien von Computerspielen: „Möchten Lehramtsstudierende durch Computerspiele Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern fördern, achten sie besonders auf ihre eigene Angst vor der Nutzung von Computerspielen und inwiefern für sie wichtige Personen denken, dass sie Computerspiele nutzen sollten“, führt Marco Rüth aus. „Wenn sie dagegen Computerspiele für medienkritische Diskussionen nutzen möchten, stand stattdessen der für sie damit verbundene Aufwand im Fokus.“
Da Computerspiele als Medium aktuell kaum im Lehramtsstudium vorkommen, empfehlen die Forscher, dass vor allem Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Computerspielen und Bezüge von Computerspielen zu Lehrplänen einen zentralen Stellenwert im Lehramtsstudium einnehmen sollten. Ebenso sollten Lehramtsstudierende mögliche Fallstricke bei der praktischen Umsetzung kennen und damit umgehen können, sodass langfristig Lehrkompetenzen mit Computerspielen gefördert werden. „Dazu erscheinen nicht nur Anpassungen am Curriculum des Lehramtsstudiums notwendig, sondern auch weitere Unterstützungsangebote und Forschungsergebnisse, damit Lehrkräfte in ihrer späteren Schulpraxis genau wissen, wann und wie sie Computerspiele im Unterricht effektiv einsetzen können“, so Professor Kaspar. (zab, pm)
Studie: Mehr Computerspiel-süchtige Kinder (genauer: Jungen) seit Beginn der Corona-Krise
