RHEINE. Die Bezirksregierung Münster hat einer Waldorfschule im westfälischen Rheine wegen «gravierender Mängel im Unterrichtsbetrieb» die Schulgenehmigung entzogen. Für die 71 Kinder endet der Schulbetrieb mit Beginn der Herbstferien Anfang Oktober, wie die Bezirksregierung am Dienstag mitteilte. Die Schule will sich allerdings wehren.
Man habe am Dienstag überraschend erfahren, dass die Bezirksregierung die Vollziehung der Genehmigungsaufhebung zum 30. September angeordnet habe, teilte die Schulführung mit. Man könne die Begründung der Bezirksregierung nicht nachvollziehen. Man sehe darin keine belastbaren Gründe, die eine Aufhebung der Genehmigung rechtfertigten. Deswegen werde der Trägerverein Rechtsmittel einlegen, um von neutraler Stelle prüfen zu lassen, ob die Genehmigungsaufhebung ordnungsgemäß zu begründen sei. Wie genau der Verein juristisch vorgehen will, blieb zunächst offen. Es werde noch Rücksprache mit dem Rechtsberater gehalten, hieß es.
Die Bezirksregierung erklärte hingegen: Bereits seit Ende 2020 habe es zahlreiche Beschwerden gegeben. Dem Schulträger sei es nicht gelungen, die Mängel abzustellen, ein ordnungsgemäßer Betrieb sei aktuell und perspektivisch nicht gewährleistet.
Die Liste der von der Bezirksregierung geschilderten Probleme ist lang: Es gab demnach wiederholt Verstöße beim Gesundheitsschutz der Kinder. Ein Sprecher der Bezirksregierung sagte, es sei massiv und wiederholt gegen Corona-Schutzmaßnahmen verstoßen worden. Außerdem gab es demnach Unfallgefahr auf dem Pausenhof. Der Schulträger habe sich zudem nicht in der Lage gesehen, das Fehlverhalten einzelner Lehrkräfte zu unterbinden, kritisierte die Bezirksregierung. «Hinzu kommen eine nicht ausreichende Ausstattung mit Lehrkräften, schulorganisatorische Defizite und ein massiv gestörter Schulfrieden», hieß es.
Die für einen Weiterbetrieb der Schule erforderliche Vertrauensbasis sei schließlich nicht mehr gegeben gewesen, daher habe man die Schulgenehmigung zum Wohle der Kinder aufheben müssen. «Das ist ein absoluter Ausnahmevorgang», sagte der Sprecher. Er sei mutmaßlich der erste Fall in der Zuständigkeit der Bezirksregierung Münster.
Von der Schließung sind 57 Schülerinnen und Schüler im Grundschulbereich und 14 in der fünften Klasse betroffen. Die Waldorfschule war 2017 gegründet worden. Zwischenzeitlich gab es dort Unterricht bis zur neunten Klasse. Wegen der sich im Jahr 2022 zuspitzenden unzureichenden Lehrerversorgung habe der Träger bereits in Eigenregie die Klassen sechs, sieben und acht aufgelöst und die Auflösung der Klasse fünf angekündigt, teilte die Bezirksregierung mit. Die Kinder sollen in anderen Schulen untergebracht, die Lehrkräfte bezüglich ihrer beruflichen Perspektive beraten werden.
Laut einem Sprecher der Bezirksregierung gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Zustellung einer Entscheidung Klage an einem Verwaltungsgericht zu erheben. Auch die sofortige Vollziehung kann angefochten werden. News4teachers / mit Material der dpa
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