STUTTGART. Um den Lehrermangel zu entzerren, plädiert die Bildungsforscherin Prof. Anne Sliwka für ein duales Lehramtsstudium. Die dual Studierenden könne man nach einem halben Jahr als Förderkräfte einsetzen, um die Lehrkräfte zu entlasten, sagte die Forscherin der Universität Heidelberg, die auch im wissenschaftlichen Beirat des Kultusministerium sitzt, der «Schwäbischen Zeitung». «Im Laufe der Jahre würden sie in den Teamunterricht reinrutschen und irgendwann allein vor einer Klasse stehen.»

Duale Studiengänge zögen leistungsstarke Bewerber aus der unteren Mittelschicht an, weil sie so Geld verdienen und sich ihr Studium finanzieren könnten, sagte Sliwka, Professorin am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Heidelberg, weiter. Außerdem bekämen sie schneller Praxiserfahrung als im normalen Studium und merkten nicht erst nach fünf oder sechs Jahren im Referendariat, ob der Beruf richtig für sie ist. Ihrer Ansicht nach könnten Modellversuche für so ein System schon zum nächsten Schuljahr starten, so Sliwka.
«Man muss den ganzen Beruf attraktiver machen, grundlegend neu denken und nicht versuchen, aus einer ausgepressten Zitrone noch mehr Saft rauszuquetschen»
Der Vorschlag der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz, den Lehrermangel vor allem durch Mehrarbeit der Lehrkräfte zu beheben, sei nicht der richtige Weg, sagte Sliwka. «Man muss den ganzen Beruf attraktiver machen, grundlegend neu denken und nicht versuchen, aus einer ausgepressten Zitrone noch mehr Saft rauszuquetschen.» Das Problem lasse sich auch nicht mit Quereinsteigern überbrücken.
Zuspruch erhielt sie vom bildungspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Stefan Fulst-Blei: «Die Erfahrungen aus anderen Bereichen zeigen, dass das duale Studium in der Tat eine hohe Attraktivität ausstrahlt.» Er schränkte aber ein: Es dürfe zu keinen Qualitätseinbußen kommen und die dual Studierenden dürften keine billigen Ersatzlehrkräfte sein. «Es ist zudem an der Zeit, über eine deutlich erhöhte Vergütung der Referendarinnen und Referendare nachzudenken.»
«Das Problem des Lehrkräftemangels wird aller Voraussicht nach in den kommenden 20 Jahren bestehen bleiben», so heißt es in dem SWK-Gutachten. Der Mangel bedrohe die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung und beeinträchtige auch die Qualität des Unterrichts. Vorgeschlagen wird eine ganze Liste von Maßnahmen, von denen jede einzelne höchst umstritten sein dürfte: von der Mehrarbeit für Lehrkräfte über Hybridunterricht bis hin zu größeren Klassen (News4teachers berichtete). News4teachers / mit Material der dpa