Der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner hat ein Rundschreiben aus der Bildungsverwaltung zur Rechtslage beim Tragen von Kopftüchern in allgemeinbildenden Schulen kritisiert. «Wir haben keinen Hehl daraus gemacht, dass wir den Zeitpunkt des Briefes unglücklich finden», sagte Wegner im Anschluss an die Koalitionsverhandlungen mit der SPD. «Es ist alles andere als hilfreich in der jetzigen Zeit, aber wir gucken nach vorne», so der CDU-Politiker. «Das wird Aufgabe der neuen Landesregierung sein, dass die Schulen hier Kriterien an die Hand bekommen, mit diesem Thema umzugehen.»
In dem Schreiben an alle Berliner Schulleitungen hat die Bildungsverwaltung mitgeteilt, sie rücke von ihrer bisherigen wortgetreuen Anwendung des Neutralitätsgesetzes ab. «Nur in den Fällen, in denen sich konkret die Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität abzeichnet, ist das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke und Symbole zu untersagen», heißt es in dem Brief vom Montag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
«Das Wichtige ist, dass wir deutlich machen, dass wir die Schulen, die Eltern, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer nicht alleine lassen mit diesem Thema»
Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte Januar eine Beschwerde des Landes Berlin gegen ein entsprechendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Damit war klar, dass Berlin nicht auf seiner bisherigen Position beharren konnte. Das Bundesarbeitsgericht hatte 2020 klargestellt, dass muslimischen Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern nicht generell verboten werden kann.
«Wir haben ein Gerichtsurteil, und das ist umzusetzen», sagte Wegner zur Rechtslage. «Das Wichtige ist, dass wir deutlich machen, dass wir die Schulen, die Eltern, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer nicht alleine lassen mit diesem Thema.» Es müssten nun klare Kriterien formuliert werden, um den Schulfrieden sicherzustellen. «Wir werden uns das Neutralitätsgesetz natürlich auch nochmal anschauen», kündigte der CDU-Landeschef an. «Aber das Urteil ist, wie es ist.»
Ein Sprecher der Bildungsverwaltung erklärte zum Zeitpunkt für das Verschicken des Rundschreibens, es sei jetzt an die Schulen rausgegangen, um rechtzeitig vor den anstehenden Einstellungsrunden für das kommende Schuljahr Klarheit zu schaffen.
Die SPD-geführte Berliner Bildungsverwaltung hatte sich jahrelang dagegen ausgesprochen, dass sichtbare religiöse Symbole in den Schulen gezeigt werden dürfen. Diese Leitidee wird auch im Neutralitätsgesetz formuliert. Allerdings verlor die Verwaltung sämtliche Prozesse von muslimischen Lehrerinnen, die mit Kopftuch in die Schule wollten und gegen die Beschränkungen geklagt hatten.
«Das ist doch eine absurde Debatte. Wo fangen denn die negativen Namen an und wo hören sie auf?»
Wegner selbst hat sich als Politiker immer wieder mit migrations- und islamkritischen Positionen profiliert. Zuletzt machte seine Fraktion mit der Abfrage von Vornamen der deutschen Verdächtigen nach den Silvesterkrawallen Schlagzeilen. Damit wollte die Partei den Migrationshintergrund der Personen klären, wie Wegner erklärte. «Nur wenn ich Probleme benenne, kann ich sie auch richtig lösen», befand er. An dem Vorgehen gab es bundesweite Kritik – auch von Noch-Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), mit der Wegner aktuell über eine Koalition verhandelt. «Das ist doch eine absurde Debatte. Wo fangen denn die negativen Namen an und wo hören sie auf? Ist der Polizist jetzt mitgemeint, weil er Ali heißt, oder was?», fragte sie.
Wegner hatte sich auch für eine Neufassung des Berliner Neutralitätsgesetzes, das bislang muslimischen Lehrerinnen im Unterricht das Kopftuch verbot, ausgesprochen. So wollte er Beschäftigte des Staates auch künftig möglichst weitgehend dazu verpflichten, im Dienst auf religiöse Kleidung und Symbole zu verzichten. Wie dies im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts möglich sein sollte? Das ließ er offen. News4teachers / mit Material der dpa
Kopftuchverbot für Lehrerinnen vor dem Aus: „Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung“
