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KMK-Berater Prof. Köller warnt vor kleineren Klassen: “Dann bekommen wir noch mehr unqualifiziertes Personal in die Schulen”

Der Bildungsforscher Prof. Olaf Köller sieht die Forderung der GEW nach kleineren Klassen angesichts des Lehrkräftemangels kritisch. «Jede Verkleinerung einer Klasse bedeutet natürlich, dass man noch mehr Lehrkräfte einstellen muss, die aber im Moment überhaupt nicht verfügbar sind», sagte Köller, der Vorsitzender der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz ist, am Mittwoch im RBB-Inforadio. In Berlin streiken Lehrkräfte derzeit, um die GEW-Forderungen nach kleineren Klassen und einem Gesundheitstarifvertrag zu unterstützen.

Wie groß dürfen Klassen maximal sein, um guten Unterricht zu gewährleisten? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

«Ich kann die Lehrkräfte verstehen, die häufig in größeren Klassen mehr Korrekturaufwand haben, aber zum jetzigen Zeitpunkt halte ich das genau für die falsche Forderung», so der Wissenschaftliche Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel, der als einer der renommiertesten Bildungsforscher in Deutschland gilt. «Denn wir wollen ja alle qualifiziertes Personal für unsere Schülerinnen und Schüler haben.»

«Wenn wir die Klassen verkleinern, bekommen wir noch mehr unqualifiziertes Personal in die Schulen», warnte Köller. «Was wir wissen, ist, dass Schülerinnen und Schüler oft gar nicht so sehr von der Reduzierung der Klassengröße profitieren, es sei denn, wir reduzieren die Klassengröße auf zehn Schülerinnen und Schüler, das steht aber nicht im Raum», sagte er.

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«Alles, was wir zwischen 20 und 30 reduzieren, das zeigt jedenfalls die Forschung, führt aufseiten der Schülerinnen und Schüler eigentlich nicht zu großen Vorteilen», so der Wissenschaftler. «Ganz im Gegenteil, wenn wir unqualifiziertes Personal in kleinen Klassen einsetzen, wird es noch viel schlimmer als wenn wir qualifiziertes Personal in großen Klassen einsetzen.»

«Häufig ist es sogar so, dass besonders auffällige Schülerinnen und Schüler in kleinen Klassen mehr stören als in großen»

Es sei auch ein Irrglaube, dass die Disziplin in großen Klassen schlechter sei als in kleinen. «Auch dort werden die Lehrkräfte nicht unbedingt durch kleine Klassen entlastet. Häufig ist es sogar so, dass besonders auffällige Schülerinnen und Schüler in kleinen Klassen mehr stören als in großen», sagte der Experte.

Köller verantwortet als Vorsitzender der SWK der Kultusministerkonferenz ein Gutachten, in dem Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel vorgeschlagen werden, der – so wie Forscherinnen und Forscher – «aller Voraussicht nach in den kommenden 20 Jahren bestehen bleiben» werde. Das Papier wurde im Januar veröffentlicht und sorgte für großen Wirbel. Kein Wunder. Vorgeschlagen wird darin eine ganze Liste von Maßnahmen, von denen jede einzelne höchst umstritten ist: von der Mehrarbeit für Lehrkräfte über Hybridunterricht bis hin zu größeren Klassen (News4teachers berichtete).

So heißt es in der Empfehlung: «Die Erhöhung von Klassengrößen ist in Deutschland umstritten. Lehrkräfte nehmen große Klassen als Belastung wahr. Gleichzeitig zeigt die Forschung, dass Effekte der Klassengröße auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler eher gering sind. Zudem variieren die Klassengrößen innerhalb von Schulen und Ländern. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die SWK, zunächst die definierten Obergrenzen auszuschöpfen. Wenn andere Maßnahmen ausgereizt sind, darf in der Sekundarstufe I auch eine befristete Erhöhung der maximalen Klassenfrequenz nicht ausgeschlossen werden. Grundschulen und Schulen in besonderen Lagen sollten davon ausgenommen sein.»

In Berlin hatte am Dienstag ein dreitägiger Warnstreik begonnen, mit dem die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) ihrer Forderung nach einer tarifvertraglichen Festlegung auf kleinere Klassen Nachdruck verleihen will (News4teachers berichtete auch darüber). News4teachers / mit Material der dpa

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