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Nach dem Lehramtsstudium ins Referendariat? Jeder fünfte Absolvent entscheidet sich dagegen

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BAMBERG. Auf das Lehramtsstudium folgt in Deutschland das Referendariat – zumindest in der Theorie. Doch 20 Prozent der Absolventinnen und Absolventen entscheiden sich gegen diesen Weg. Insbesondere Männer und Personen mit guten Abschlussnoten wenden sich nach dem erfolgreich abgeschlossenen Studium einer anderen Tätigkeit zu. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi) – und liefert gleichzeitig mögliche Gründe für die Abgänge.

Nach Abschluss des Lehramtsstudiums hinterfragen 20 Prozent der Absolventinnen und Absolventen ihre Entscheidung, als Lehrkraft arbeiten zu wollen. Foto: Shutterstock

Die Analyse des LIfBi basiert auf dem Lehramtsstudierenden-Panel, einem Teilbereich des Nationalen Bildungspanels. Insgesamt untersuchte das Forschungsteam die Daten von 2.302 Personen, die zwischen 2010 und 2019 ein Lehramtsstudium abgeschlossen hatten. Demnach entschieden sich 80 Prozent der Absolventinnen und Absolventen im ersten Jahr nach dem Studienabschluss ein Referendariat aufzunehmen (66 Prozent) oder direkt als Lehrkraft zu arbeiten (14 Prozent). Die übrigen 20 Prozent wählten einen anderen Weg: Sie studierten beispielsweise weiter, begannen eine Promotion oder eine Tätigkeit außerhalb des Schuldienstes. Andere meldeten sich arbeitssuchend oder befanden sich in Elternzeit.

Frauen wechseln eher in den Schuldienst

Welche Faktoren die Wahrscheinlichkeit erhöhen, nach dem Studium in den Schuldienst einzutreten oder sich von diesem abzuwenden, ermittelte das Forschungsteam mithilfe einer multivariaten Analyse. Dabei untersuchten die Wissenschaftler*innen, inwiefern soziodemografische Merkmale und Leistungsmerkmale mit dem Karriereverlauf zwölf Monate nach Lehramtsstudienabschluss in Zusammenhang stehen. Ein Ergebnis: das Geschlecht ist ausschlaggebend. Im Vergleich zwischen Männer und Frauen haben Frauen eine um neun Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an eine Schule zu wechseln. „Der Befund deutet darauf hin, dass nicht nur das Lehramtsstudium, sondern auch die Aussicht auf das Referendariat und eine Anstellung als Lehrkraft insbesondere für Männer unattraktiver ist“, heißt es im Studienbericht. Dies müsse vor allem vor dem Hintergrund gesehen werden, dass sich Männer bereits deutlich seltener überhaupt für das Lehramtsstudium entscheiden.

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Ein weiterer Hinderungsgrund sind der Auswertung zufolge gute Abschlussnoten. Leistungsmäßig besonders herausragende Absolventinnen oder Absolventen nehmen häufiger eine Tätigkeit ohne Schulbezug auf. „Möglicherweise haben sie mehr Optionen auf dem Arbeitsmarkt oder verbleiben an der Universität, um zu promovieren“, mutmaßen die Forschenden.

Ebenfalls entscheidend ist die persönliche Motivation: Personen, die sich für den Lehrkraftberuf wegen der guten Vereinbarkeit von Beruf und Familie entschieden haben, wechseln auch sehr häufig direkt ins Referendariat. Dagegen wenden sich Absolventinnen und Absolventen, die bei der Wahl des Studiums vor allem auf die Wünsche von Angehörigen gehört oder ein Fach aus großem Fachinteresse heraus gewählt haben, eher von der Schullaufbahn ab.

Von Bedeutung: Studienfach und Abschlussart

Wer mindestens ein Fach aus der MINT-Fächergruppe, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik, studiert hat, beginnt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Referendariat im Anschluss an das Studium. Zudem führt der in einigen Bundesländern angebotene Abschluss des „Master of Education“ dazu, dass Absolventinnen oder Absolventen direkt damit beginnen, als Lehrkraft zu arbeiten. Eine mögliche Erklärung für diesen Trend sieht das Forschungsteam im starken Fachkräftemangel, der den Weg in den Lehrkraftberuf auch ohne zweites Staatsexamen ermögliche.

„Insgesamt lässt sich sagen, dass es nicht den einen Faktor gibt, der Menschen vom Schuldienst abhält“, fasst Sebastian Franz die Ergebnisse der Analyse zusammen, Mitautor der Studie. Nicht auszuschließen sei zudem, so merkt das Forschungsteam im Studienbericht an, dass sich Personen später noch – das heißt, nach den untersuchten zwölf Monaten – für ein Referendariat oder den Einstieg in den Schuldienst entscheiden. Nichtsdestotrotz fordert Franz mit Blick auf den Fachkräftemangel, das Lehramt zukünftig so attraktiv zu gestalten, „dass insbesondere Männer und leistungsstarke Personen keine alternativen Karrierewege einschlagen“.

Schon im Studium Angst vor dem Referendariat

In Bayern hatte zuletzt eine Umfrage unter rund 3.000 Lehramtsstudierenden für Aufsehen gesorgt, wonach 75 Prozent der Befragten bereits im Studium Angst vor dem Referendariat haben, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Als Ursache nannten die Befragten allerdings nicht die Anforderungen des Vorbereitungsdienstes an sich, sondern „die unverständliche, familienunfreundliche und nicht mehr zeitgemäße Versetzungspolitik“ des bayerischen Kultusministeriums. Diese führe dazu, dass mehr als die Hälfte der Befragten über einen Berufs- oder zumindest Bundeslandwechsel nachdenke. News4teachrs (ach)

Hier geht es zum vollständigen Studienbericht des LIfBi.

Wie lassen sich Lehrkräfte gewinnen? SWK: Neuer Zugang – verkürztes Referndariat

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