GÜTERSLOH. Wie geht es nach der Schule weiter? Vor allem junge Menschen mit hoher Schulbildung fühlen sich bei dieser Frage von der Schule allein gelassen. Darauf weist eine aktuelle Erhebung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hin. Clemens Wieland, Ausbildungsexperte bei der Bertelsmann Stiftung, sieht daher Nachbesserungsbedarf und nimmt vor allem die Gymnasien in die Pflicht, denn: „Viele Gymnasiast:innen fühlen sich von der Schule nicht gut genug über Ausbildung und Studium informiert. Sie brauchen insgesamt mehr Beratung und Unterstützung.“
Junge Menschen mit hoher Schulbildung vermissen bei der Berufsorientierung und der Suche nach einem Ausbildungsplatz häufiger Unterstützung als Gleichaltrige mit niedriger oder mittlerer Schulbildung. Darauf verweist eine Befragung von Menschen im Alter von 14 bis 25 Jahren des Instituts iconkids & youth im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Demnach gaben 43 Prozent der befragten jungen Menschen mit hoher Schulbildung an, sich über Ausbildungsberufe von der Schule nicht gut informiert zu fühlen. Bei den Befragten mit mittlerer Schulbildung liegt dieser Anteil bei 32 Prozent, bei denen mit niedriger Schulbildung nur bei 19 Prozent. Zudem äußerten 41 Prozent der Befragten mit Abitur, die auf Ausbildungssuche sind oder waren, dass sie sich dabei mehr Unterstützung wünschen oder gewünscht hätten. Bei denen mit mittlerem Schulabschluss sind es nur 36 Prozent, bei denjenigen mit Hauptschulabschluss lediglich 24 Prozent. Generell ist eine Ausbildung bei Schüler:innen nach wie vor beliebt: 45 Prozent streben sie an, ein weiteres Drittel kann sie sich zumindest vorstellen.
Clemens Wieland, Ausbildungsexperte bei der Bertelsmann Stiftung, erkennt daher Nachbesserungsbedarf, vor allem bei den Gymnasien. Denn 44 Prozent der befragten Schüler:innen dieser Schulform zeigen sich noch unentschlossen, welchen Weg – Ausbildung oder Studium – sie nach dem Abitur einschlagen wollen. Er fordert daher „insgesamt mehr Beratung und Unterstützung“: Gymnasiast:innen „sollten nicht nur besser über Studienwege, sondern auch über Ausbildungsberufe informiert werden, um für sich eine passende Entscheidung treffen zu können“.
Großer Pessimismus unter Hauptschüler:innen
Derweil fühlen sich Hauptschüler:innen zwar besser über Ausbildungsmöglichkeiten informiert, bewerten allerdings ihre Chancen am Ausbildungsmarkt deutlich pessimistischer als diejenigen mit höherer Schulbildung. Mehr als jeder fünfte Befragte mit niedriger Schulbildung (22 Prozent) schätzt die Aussichten am Ausbildungsmarkt als schlecht oder eher schlecht ein. Bei den jungen Befragten mit hoher Schulbildung sind es nur zwölf Prozent. „Ein wesentlicher Teil gerade derjenigen Gruppe, für die eine Ausbildung den zentralen oder sogar einzigen Weg ins Berufsleben darstellt, sieht trotz der zahlreichen unbesetzten Ausbildungsplätze kaum Chancen am Ausbildungsmarkt“, ordnet Ausbildungsexperte Wieland ein.
Dass der Pessimismus der Hauptschüler:innen berechtigt ist, zeigen die Daten aus dem neuen Berufsbildungsbericht des Bundesbildungsministeriums. Demnach war 2022 der Anteil an Menschen zwischen 20 und 34 Jahren, die keinen Berufsabschluss hatten, in der Gruppe derjenigen mit Hauptschulabschluss mit 42 Prozent überdurchschnittlich hoch. Insgesamt lag die Zahl der jungen Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung bei 2,86 Millionen, was einer Quote von rund 19 Prozent entspricht. Am stärksten betroffen waren junge Menschen ohne Schulabschluss: Drei Viertel von ihnen hatten keine abgeschlossene Berufsausbildung.
Wunsch nach mehr Unterstützung auch aus der Politik
Verbesserungspotenzial sehen die jungen Menschen laut Bertelsmann-Umfrage jedoch nicht nur bei der Berufsorientierung: So ist etwa jeder zweite von ihnen der Ansicht, dass sich die Politik für Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz bislang eher wenig oder gar nicht engagiert habe. Konkret erhoffen sie sich vom Staat am meisten günstigen Wohnraum während der Ausbildung sowie finanzielle Hilfen bei einem Umzug. Auch bei Fahrtkosten-Zuschüssen sowie individuellen Unterstützungsangeboten bei Problemen in der Ausbildung könnte die Politik ihrer Meinung nach mehr tun. News4teachers