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Kinder als Täter – und Opfer: Vermehrt Messerangriffe (auch an Schulen)

DÜSSELDORF. Es gibt mehr Straftaten mit Messern, wie aus aktuellen Daten des Landes Nordrhein-Westfalen hevorgeht – fast die Hälfte der Tatverdächtigen sind Kinder, Jugendliche und Heranwachsende. Auch Schulen sind Tatorte.

„Was ein Messer im Schulranzen zu suchen hat, ist mir ein Rätsel“, so hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bereits im Mai erklärt. Foto: IM NRW/Ralph Sondermann

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) will die Messergewalt in Nordrhein-Westfalen mit einem Zehn-Punkte-Sofortprogramm eindämmen. Es sieht unter anderem Waffentrageverbote für Intensivtäter und eine weitere Waffenverbotszone in Hamm vor. Außerdem soll nach Messertaten künftig auch der Verlust des Führerscheins drohen. Die Straßenverkehrsbehörden würden künftig informiert und könnten dann die charakterliche Eignung der Führerscheinbesitzer nach einer Gewalttat mit einem Messer überprüfen.

Zudem sind Prävention in Unterbringungseinrichtungen, Aktionstage und verstärkter Einsatz mobiler Videoüberwachung geplant. Nach Messerstraftaten soll künftig immer eine Vernehmung stattfinden und nicht mehr nur ein Anhörungsbogen verschickt werden.

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Anstieg um fast 43 Prozent – auf ein Niveau, das aber nur leicht über dem vor der Pandemie liegt

Einem neuen Lagebild zufolge ist die Messergewalt im vergangenen Jahr im öffentlichen Raum in NRW um fast 43 Prozent auf 3.540 Fälle gestiegen. Nur neun dieser Fälle könnten als Anschlag bezeichnet werden. Die Gesamtzahl überstieg damit leicht das Niveau von 2019, als Messerstraftaten erstmals in der Kriminalstatistik gesondert erfasst wurden. Während der Corona-Pandemie waren die Zahlen deutlich gesunken.

Der Anteil der Messerdelikte an allen Gewaltdelikten bleibt weitgehend konstant, so berichtet der „Spiegel“. Er liegt im gesamten Zeitraum zwischen 2,0 Prozent im Jahr 2021 und maximal 3,1 Prozent im Jahr 2019. Im Jahr 2023 betrug der Anteil 2,7 Prozent. Dass sich Messertaten weitgehend im Gleichklang mit der Gewaltkriminalität insgesamt entwickeln, zeigen laut Bericht auch Analysen auf Bundesebene und aus Berlin.

NRW habe in der Statistik einen weiten Gewaltbegriff gewählt, der auch verbale Gewalt umfasst. Allein das Mitführen und „Ziehen“ eines Messers könne Todesängste auslösen, so begründete dies der Innenminister. Der Auswertung zufolge waren rund 35 Prozent der Messertaten solche Bedrohungen, weitere 35 Prozent entfielen auf gefährliche Körperverletzung und rund 18 Prozent auf schweren Raub. Etwas mehr als zwei Prozent waren versuchte und vollendete Tötungsdelikte.

Etwa zwei Drittel der Opfer blieben unverletzt, 29 Prozent wurden leicht und sechs Prozent schwer verletzt. 0,3 Prozent der Opfer starben – das waren 2023 in Nordrhein-Westfalen 15 Menschen. Die meisten Opfer von Messergewalt sind männlich (82,4 Prozent). Knapp ein Drittel (29,7 Prozent) sind Jugendliche und Heranwachsende (14 bis 20 Jahre). Kinder machten 8,4 Prozent der Opfer aus.

Fast 94 Prozent der Tatverdächtigen seien männlich gewesen, 55 Prozent waren Deutsche und 45 Prozent Nichtdeutsche. Von den nichtdeutschen Verdächtigen führten Syrer die Statistik an, gefolgt von Türken, Irakern und Rumänen. Zuwanderer wie Asylbewerber machten unter den Messer-Tatverdächtigen 18 Prozent aus.

Der durchschnittliche Messertäter ist jung und männlich – und Intensivtäter

Fast die Hälfte (47,9 Prozent) seien Kinder, Jugendliche und Heranwachsende gewesen. Straftaten mit Messern ereigneten sich im öffentlichen Raum überproportional häufig am Wochenende und in den späten Abendstunden. „Im Ergebnis: Der Durchschnitts-Messertäter ist jung, männlich und am Wochenende am späten Abend unterwegs“, sagte Reul. Gerade in diesem Bereich spielen Intensivtäter eine große Rolle, denn sie machen laut „Spiegel“ einen Großteil der verübten Taten aus. Solche Täter würden von Polizei und Sozialarbeitern seit Jahren intensiver betreut; das soll laut Konzept nun auch „verstärkt“ bei Messergewalt passieren.

„Es muss aber auch noch einen kulturellen Faktor geben, denn bei den Verdächtigen ohne deutschen Pass sind Menschen aus dem arabischen Raum öfter vertreten als Menschen aus anderen Kulturkreisen“, sagte Reul. „Das können wir faktenbasiert sagen.“ Sich zu bewaffnen habe sicherlich auch etwas mit Männlichkeitsgehabe zu tun. „Diese Art von Männlichkeit hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen.“

Er habe durchaus Verständnis, wenn Menschen in Regionen der Welt ohne funktionierenden Rechtsstaat sich bewaffnen, aber: „Es muss ihnen klargemacht werden, dass dies in diesem Land nicht notwendig ist.“ Es sei in Deutschland weder notwendig noch gewollt, mit einem Messer herumzulaufen.

Die NRW-Polizeistatistik hält fest, dass in 6,3 Prozent der Fälle Schulen die Tatorte gewesen sind

Auch an Schulen hatte es zuletzt immer wieder Angriffe mit Messern gegeben – die NRW-Polizeistatistik hält fest, dass in 6,3 Prozent der Fälle Schulen die Tatorte gewesen sind. Beispiele aus ganz Deutschland:

Bereits im Mai hatte Reul eine Statistik vorgelegt, der zufolge die Polizei im vergangenen Jahr 193 Attacken mit Messern oder anderen Stichwaffen an den NRW-Schulen registrierte – ein Anstieg von 47 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (News4teachers berichtete auch darüber).

„Seit Monaten weise ich darauf hin, dass sich was auf den Schulhöfen verändert hat“, sagte Innenminister Reul seinerzeit. „Kinder sind heute viel zu oft Täter.“ Das liege auch an den Corona-Lockdowns. “Sowas wie gesunde Streitkultur und Kräftemessen mit Gleichaltrigen ist im Lockdown zwangsläufig auf der Strecke geblieben.“ Die Polizei allein könne diese Probleme jedenfalls nicht in den Griff bekommen. News4teachers / mit Material der dpa

Gleich zwei Messerangriffe an Schulen binnen 24 Stunden! Schon jeder fünfte Jugendliche trägt ein Messer mit sich

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