
Nach dem Hilferuf einer Berliner Schule wegen aggressiver Schüler und chaotischer Zustände hat der ehemalige Schulleiter das Durchsetzen klarer Regeln und viele Gespräche empfohlen. So habe es früher gegen die ständigen Verspätungen zahlreicher Schüler konkrete Maßnahme gegeben, sagte Michael Rudolph, der die Friedrich-Bergius-Schule in Berlin-Friedenau bis vor einigen Jahren lange leitete, im RBB-Inforadio. Die verspäteten Schüler hätten in der ersten Stunde eine gemeinnützige Arbeit machen müssen, also etwa im Herbst die Blätter auf dem Schulhof zusammenfegen.
«Es kamen damals 40, 50 Schüler von diesen 350 Schülern zu spät, ganz ohne Schuldbewusstsein, einfach so. Das hat natürlich unheimlich den Unterrichtsbetrieb gestört», sagte Rudolph. Verspätete Schüler seien nur nach Klingeln eingelassen und registriert worden. Dann habe zunächst die gemeinnützige Arbeit statt des Unterrichts angestanden. Die Verspätungen seien schnell zurückgegangen. Jeder Schüler habe gemerkt: «Da passiert jetzt irgendwas, da werden Grenzen gesetzt. Und dann wurde es leichter, auch andere Grenzen zu setzen.»
Lange Gespräche mit Problemschülern
Außerdem habe er lange Gespräche mit Schülern geführt und sie sprechen lassen. «Was ist los, was hast Du gemacht, was ist das Problem? (…) Dann hat der hinterher was darüber aufgeschrieben: Ich habe heute das und das falsch gemacht, ich will aber später Fußballer werden und dann geht das nicht», sagte Rudolph. «Die Schüler wussten, dass sie etwas falsch gemacht haben und sie haben sich auch durchaus bemüht, das wieder richtig zu machen. Das ist ja nicht so, dass Schüler alle die Regeln brechen wollen.» Ob eine Schule funktioniere, entscheide sich vor Ort. Die Verantwortlichen müssten einen Weg finden, die Schulaufsicht könne das nur begleiten.
Rudolph selbst, der in Medien als «Berlins strengster Rektor» dargestellt wurde, war zu Dienstzeiten trotz guter Ergebnisse allerdings selbst mit der Schulaufsicht aneinander geraten. Zu wenig Teamarbeit, keine erweiterte Schulleitung und zu viel Frontalunterricht, hieß es. Rudolph wurde dann mit 65 Jahren zunächst in den Ruhestand verabschiedet – unfreiwillig, wie News4teachers seinerzeit berichtete. Rudolph hatte bekundet, gerne noch ein weiteres Schuljahr auf seinem Posten bleiben zu wollen und hatte deshalb ausdrücklich einen Antrag auf Verlängerung der Dienstzeit gestellt. Erst nachdem kritische Medienberichte erschienen waren, wurde dem Antrag dann doch entsprochen. Drei Jahre später ging Rudolph dann in Pension.
Das Kollegium der Schule schlug in dieser Woche in einem Brandbrief an die Schulaufsicht Alarm und forderte personelle Unterstützung (News4teachers berichtete auch darüber). Aggressive und bildungsferne Schüler bedrohten Lehrerinnen und Lehrer und mobbten sich gegenseitig, hieß es. Schüler und manche Lehrkräfte hätten Angst. Es vergehe kein Tag ohne Beleidigungen und Bedrohungen von Lehrern durch Schüler sowie ernsthafte Mobbing-Fälle unter den Schülern. Es gebe eine «bedrohliche Gewaltbereitschaft und verbale Übergriffe». Verstärkt müsse die Schule die Polizei rufen, um bei eskalierenden Situationen etwa nach Schulschluss vor dem Schulgebäude einzugreifen.
Die Berliner Senatsschulverwaltung teilte dann am Mittwoch lapidar mit: «Die Schulaufsicht ist mit der Schulleitung im Austausch und wird in Kürze bei einem klärenden Gespräch weitere Unterstützung anbieten, aber auch die Vorgänge an der Schule prüfen.»
Heute dann die Reaktion von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch: Sie kündigte einen Besuch der Friedrich-Bergius-Schule für Montag an. Die Bildungsverwaltung und sie selbst habe erst dadurch von der Situation an der Schule erfahren, sagte die CDU-Politikerin (und ehemalige Lehrerin) im Berliner Abgeordnetenhaus. «Grundsätzlich gilt an allen unseren Schulen zunächst immer das Prinzip der Prävention», betonte sie. «Das heißt, wir haben unterschiedliche Mechanismen und Strukturen etabliert, um genau solchen Situationen vorzubeugen.»
«Regeln müssen durchgesetzt werden»
Jede eigene Schulgemeinschaft sei in der Pflicht, sich Regeln zu geben und natürlich auch, diese Regeln durchzusetzen. Auch um bewerten zu können, welche weiteren Maßnahmen gegebenenfalls nötig seien, wolle sie sich am Montagmorgen in der Schule einen Überblick verschaffen. Günther-Wünsch sagte, sie wisse, dass die Situation an der Schule in der Vergangenheit eine ganz andere gewesen sei. «Ich werde gemeinsam mit der Schulleitung schauen, wie wir an diese Verhältnisse anknüpfen können.» News4teachers / mit Material der dpa